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Kunstgewerbemuseum Brandenburgische Gläser

Brandenburgische Gläser

Koppchen aus Rubinglas

Henkellose Tasse aus dickwandigem Rubinglas, vermutlich Goldrubinglas, mit vergleichsweise breiter Standfläche, Abrissnarbe am etwas eingedrückten Boden. Die konvex ansteigende und zum Rand hin leicht ausschwingende Wandung ist in Tiefschnitt mit einer umlaufenden Landschaftsszene dekoriert, darauf erkennbar ist ein Wanderer mit Stock und Hut, ein Schlagbaum sowie eine Burg auf einem Felsen, Mündungsrand verwärmt. Die fortgeschrittene Glaskrankheit macht die Oberfläche spröde und die Schlieren in der Glasmasse sichtbar. Repräsentatives Service kam mit der Mode des Teetrinkens in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf. Jedoch sind nur wenige Koppchen und Unterschalen aus Rubinglas mit Schnittdekor überliefert, davon einige mit Blütenmarke am Boden oder einer Montierung (Kerssenbrock-Krosigk, Rubinglas, 2001, Kat. 378–391; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Abb. 25, S. 78). Häufiger sind Exemplare ohne Dekor. Die Potsdamer Glasmanufaktur stellte derartige Stücke in der Zeit um 1700 her, wie auch eine süddeutsche Hütte (vgl. Poser, Koppchen, 2006; Kerssenbrock-Krosigk, Rubinglas, 2001, S. 117f. und 242f.; Klesse/Saldern, 500 Jahre Glaskunst, 1978, Kat. 103, S. 165). Zugehörig ist ein Pendant (Inv.-Nr. O-1957,23). [Verena Wasmuth]

Fußschale mit eingeschmolzenen Glaskröseln

Flache Schale aus Glas, das zwischen zwei farblosen Schichten eine Schicht opakblauer, opakroter und milchblauer Glaskrösel einschließt, der angeschmolzene Hohlfuß aus farblosem Glas, dessen Fußrand ist breit nach unten umgeschlagen, kräftiger Abriss, die Schalenfahne ist abgeflacht und der Mündungsrand verwärmt. Lediglich am Rand sind noch vereinzelt Reste einer ehemals vorhandenen Vergoldung erkennbar. Die Fußschale ist ein seltenes Beispiel der frühen Luxusglasproduktion in Brandenburg. Das Grüne Gewölbe in Dresden verwahrt einen Pokal aus der gleichen Glasmasse mit einer eingeschmolzenen Schicht aus farbigen Kröseln (Inv. Nr. IV 206; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, S. 7, 8; Taf. 1.1+3). Er ist mit der Jahreszahl 1602 versehen und ermöglicht so eine präzise Datierung auch der Schale. Robert Schmidt erwähnt in seinem Standardwerk "Brandenburgische Gläser" von 1914: "Solche marmorierte Schalen haben sich nun in mehreren Exemplaren erhalten, und zwar ein unbemaltes im Berliner Kunstgewerbemuseum, und zwei bemalte, ebenda (Tafel 1 Mitte) und im Fürstlich Hohenzollernschen Museum zu Sigmaringen." Letztere gelangte später in die Sammlung des Museums für Kunsthandwerk in Frankfurt a. M. (Ohm, Europäisches und außereuropäisches Glas, 1989, Kat. 342, S. 152). Ein weiteres Pendant soll sich – so Schmidt – in der Sammlung Minutoli befunden haben und aus der Berliner Schlosskellerei stammen (ebenda, S. 8). Tatsächlich ist diese identisch mit der hier beschriebenen Schale. Das Kunstgewerbemuseum bekam sie 1873 überwiesen, nachdem sie das Königliche Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten 1869 erworben hatte. Schmidt bildete die bemalte Berliner Schale ab (Inv.-Nr. 1893,65; Kriegsverlust; ebenda 1914, S. 7, 8; Taf. 1.2). Im Zentrum trug sie das brandenburgische Wappen mit preußischem Herzschild "in Gold und kalten Lackfarben", so der Begleittext. Gut erkennbar auf der Schwarz-Weiß-Abbildung ist der Randfries aus "Ovalfeldern mit goldenen Blüten auf abwechselnd rotem und grünem Grund". Da die hier beschriebene Schale eine abweichende Anordnung der Krösel aufweist, muss sie die von Schmidt als "unbemaltes" Exemplar bezeichnete sein. Da die zarten Spuren der Vergoldung am Schalenrand lediglich bei genauem Hinsehen erkennbar sind, hat er sie übersehen. Bereits der Inventareintrag der Minutoli-Schale erwähnt keine Veredelung – deren Verlust datiert demnach bereits vor 1869. Das Verfahren der eingeschmolzenen Krösel, das zu der attraktiven Marmorierung führt, wurde von Muraneser Glashütten entwickelt. Ebenfalls die Schalenform ist mit und ohne Kaltbemalung und Vergoldung seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts für venezianische Gläser dokumentiert (Theuerkauff-Liederwald, Venezianisches Glas, 1994, Kat. 42–45, 52, 62). Verantwortlich für diese raffinierten Techniken in Grimnitz waren Glasmacher aus dem böhmischen Kreibitz unter der Leitung von Martin Friedrich (Mock, Glashütten Grimnitz, 2021; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, S. 1–8). Ein Verzeichnis der Glashütte vom 5. Juni 1602 listet unter zahlreichen anderen exklusiven Waren "27 gemarmoliertte schalenn" (Schmidt, S. 5). [Manuela Krüger/Verena Wasmuth]

Becher mit Adler und Greif

Niedriger, leicht gebauchter Becher aus dickwandigem, graustichigem Glas, Boden hochgestochen, Mündungsrand verwärmt. Die Wandung ist umlaufend mit einem Landschaftssockel mit Blumen in feinem Tiefschnitt sowie Häusern und Bäumen in zartem Diamantriss dekoriert, darauf – gegenübergestellt – ein großformatiger Adler sowie Greif. Während der Adler ganz naturalistisch abgebildet ist, auf einem Ast sitzend und dabei den Kopf wendend, schreitet der Greif nach heraldischen Grundsätzen voran. Der Adler personifiziert als brandenburgisch-preußisches Wappentier, der Greif sehr wahrscheinlich Hinterpommern, das mit dem Westfälischen Frieden 1648 an Brandenburg-Preußen gefallen war. Die Form dieses schweren Glases spricht für eine Datierung noch ins 17. Jahrhundert. Sie lässt im Grunde keine regionale Einordnung zu, allerdings verweist das Sujet auf Brandenburg. Als Hersteller infrage kommen die Potsdamer Glashütten in Drewitz, die von 1674 bis 1688 aktiv war, und jene auf dem Hakendamm, ab 1679 unter der Leitung von Johann Kunckel (um 1635–1703). Beide Hütten lieferten Hohlgläser mit Schnittdekor. Mit dem Diamanten gerissene Dekore hingegen sind gänzlich untypisch für brandenburgische Gläser. Diese Veredelungsmethode war in den Niederlanden verbreitet und ist ebenfalls aus Nürnberg, in den Arbeiten Schwanhardt-Schwinger-Schule aus der Zeit um 1680 überliefert. Allerdings sind diese Beispiele ausnahmslos auf dünnwandigen Hohlgläsern zu finden und selten in Kombination mit Tiefschnitt, wie hier. Möglicherweise besteht hier ein Ansatz für die Zuschreibung an Dessauer Glasschneider, die in Drewitz arbeiteten. [Verena Wasmuth]

Becher mit Adler und Jahreszahl 1708

Sich konisch weitender Becher aus dickwandigem, farblosem Glas mit Manganstich, der Abriss am Boden ist ausgekugelt, der Mündungsrand verwärmt. Die Schauseite der Wandung ist mit einem geschnittenen Oval dekoriert, in dem der brandenburgische Adler mit ausgebreiteten Schwingen, in der rechten Klaue ein Zepter, in der linken ein Palmzweig, über einem Landschaftssockel mit Häusern und Blumen dargestellt ist; darüber der Spruch "SUB UMBRA ALARUM TVARUM" (unter dem Schatten deiner [Schwingen]), darunter die Jahreszahl "1708". Die Gegenseite trägt ebenfalls ein Oval, efeuumrankt, darin die Inschrift "Unter Ho / hem Adlers Schat / ten höflich wieder / umb die Waffen". Dieses Vivatglas auf das preußische Königtum könnte anlässlich mehrerer Anlässe im Jahr 1708 entstanden sein. Infrage kommt die dritte Eheschließung König Friedrichs I. (1657–1713) mit Herzogin Sophie Luise von Mecklenburg-Schwerin (1685–1735). Der militärische Bezug könnte auf das siegreiche Gefecht der preußischen Armee bei der Festung Orsoy gegen die Franzosen am 28. August 1708 verweisen. Die Darstellung Preußens als Schutzmacht mag als Hinweis auf ein weiteres historisches Ereignis gedeutet werden: Am 25. April 1708 brannte nahezu die gesamte Stadt Crossen a. d. Oder (heute Krosno Odrzańskie) nieder. Auf Vermittlung von Kronprinz Friedrich Wilhelm (1688–1740) zahlte die Feuerkasse schließlich die schuldige Summe für den Wiederaufbau aus. Als Hersteller des Bechers infrage kommen neben der Potsdamer Hofglasmanufaktur zwei neumärkische Glashütten, die ihre Waren 1708 mit Schnitt veredelten: Marienwalde und Tornow. Die eher einfache Qualität macht letztere wahrscheinlicher. [Verena Wasmuth]

Flötenglas mit dem Monogramm FWR und der Jahreszahl 1728

Flötenfragment aus farblosem Glas, breiter Scheibenfuß mit mattgeschnittener Weinranke, angesetzt ein wabenfacettierter Balusterschaft mit eingestochener Luftblase zwischen Ringscheiben und eine sich konisch weitende, sehr hohe Kuppa. Deren Ansatz ist ebenfalls wabenfacettiert, die Wandung zeigt das mattgeschnittene von König Friedrich Wilhelm I. in einem Medaillon, das seitlich von je einem Adler gehalten wird, flankiert von zwei sich überkreuzenden Palmwedeln. Den Mündungsrand ziert derselbe Weinrankendekor vom Fuß, darunter rechts vom Monogramm die Inschrift: Redintegrata. Das Glas ist zerscherbt und geklebt, ein großer Teil der Kuppa ist Verlust. Robert Schmidt bildete diese Flöte 1914 in dem Band "Brandenburgische Gläser" in noch intaktem Zustand ab und schrieb sie der Hofglashütte in Potsdam zu. Zwar wies er auf die Verwandtschaft zu sächsischen Flöten hin, folgerte jedoch fälschlich, sie seien in der preußischen Residenzstadt als Geschenk an Kurfürst Friedrich August I. (1670–1733), genannt August der Starke, entstanden. Das Weinlaub-Ornament ist für Potsdam allerdings ebenso ungewöhnlich wie die Facettierung des Kuppaansatzes und Deckelknaufs. Ein Vergleich mit Flöten, die sich ehemals in Schloss Moritzburg befunden haben und bei Gisela Haase publiziert sind beweist, dass es sich bei der Gruppe um Produkte aus Dresden handelt (Haase, Sächsisches Glas, 1988, Kat. 182–201, S. 340–343). Sie weisen die charakteristischen Merkmale Dresdner Flötengläser auf, den ornamentalen Schnittdekor an Fuß und Mündungsrand sowie die „Muscheln“ am Ansatz der Kuppa. Schmidt zitiert die Inschrift mit "Amicitia Redintegrata" (Wiederherstellen der Freundschaft). Friedrich Wilhelm I. besuchte August den Starken in der sächsischen Residenzstadt für einen ganzen Monat im Winter 1728, vom 13. Januar bis 12. Februar. Friedrich Wilhelm I. brachte von dieser Reise 77 Gläser der Dresdner Hütte als Geschenk Augusts des Starken mit, darunter einige Flöten (Maureen Cassidy-Geiger: Meissen Porcelain for Sophie Dorothea of Prussia and the Exchange of Visits between the Kings of Poland and Prussia in 1728, Metropolitan Museum Journal, Bd. 37, 2002, S. 133–166, hier S. 150). Sehr wahrscheinlich gehörte dieses Glas zu dem Konvolut. [Verena Wasmuth]

Flöte mit dem Bildnis König Friedrich Wilhelms I.

Zarte Flöte aus farblosem Glas, kleiner Abriss, breiter. leicht ansteigender Fuß, angesetzt ein massiver Balusterschaft zwischen Ringscheiben und eine sich konisch weitende, sehr hohe Kuppa. Deren Wandung ist mit dem geschnittenen Profilbildnis von König Friedrich Wilhelm I. in einem bekrönten Medaillon dekoriert, gerahmt von reichem Rollwerk mit Netzwerkdekor, dahinter Kriegstrophäen, der Mündungsrand ist verwärmt. Die Darstellung des sogenannten "Soldatenkönigs" geht auf eine Münze des Berliner Medailleurs Friedrich Marl von 1715 zurück (vgl. Götzmann/Kaiser, Gläserne Welten, 2017, Kat. 55, S. 121f.; Baumgärtner, Porträtgläser, 1981, S. 17, 23). Stereotypische Merkmale seiner frühen Regierungsjahre wie der lange Perückenzopf, das eingedrehte Schulterstück der Rüstung und Ansätze eines Doppelkinns sind deutlich erkennbar. Bei diesem Flötenglas handelt es sich um jenes, welches Robert Schmidt 1914 in seinem Standardwerk "Brandenburgische Gläser" abbildet und das sich damals im Besitz von Prinz Friedrich Heinrich von Preußen (1874–1940) befand. Einige was größere Exemplare mit sehr ähnlichem Dekor – zudem vergoldet – verwahren die Kunstsammlungen Weimar und die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (Wasmuth, Flötengläser 2022, Abb. 4, S. 502; Hörning, Gläser, 1978, Kat. 100). Die Gruppe dürfte in der Werkstatt ein und desselben Glasschneiders zwischen 1730 und 1735 nach sächsischen Vorbildern entstanden sein. Sicherlich wurde aus ihnen stiller (Rot-)Wein und kein Champagner getrunken, der erst in den 1750er Jahren in größeren Mengen nach Preußen importiert wurde. Für moussierenden Wein verwendete man in Preußen noch bis ins Ende des 18. Jahrhunderts Pokale oder Kelche mit einer ausgestellten Kuppa. [Verena Wasmuth]

Großer Becher mit dem mecklenburgischen Wappen

Becher aus dickwandigem, farblosem Glas, graustichig, Bodenkugel, der Standrand trägt Vertiefungen im Schälschliff, darüber am Ansatz der Wandung ein Fries aus großen, geblänkten Kugelungen. Die Schauseite der Wandung ist mit einem bekrönten Medaillon in Mattschnitt geschmückt, umlaufend mit der Inschrift: HERTZOG ZU MECKLENBURG V. G. G. ADOLPH FRIDERICH; darin das siebenfeldrige Wappen Mecklenburgs, beidseitig gehalten von einem stehenden Stier und einem stehenden Greifen, darunter die Jahreszahl "1715". Die Gegenseite trägt einen großen mattierten Kreis mit zahlreichen großen, polierten Kugelungen, die in der Durchsicht interessante optische Reflexe erlauben, den beiden dazwischen liegenden Seiten sind einfache Ranken eingeschnitten. Der verwärmte Mündungsrand ist mit liegenden Oliven dekoriert. Der geblänkte Kugelschliff ist charakteristisch für die Potsdamer Glashütte. Der stilistische Vergleich macht eine Verortung nach Böhmen ebenso wahrscheinlich, doch spricht die Abbildung des mecklenburgischen Wappens eher für eine norddeutsche Herkunft dieses Vivatglases auf Adolf Friedrich III. Mecklenburg [-Strelitz] (1686–1752). Weder die Provenienz noch das anlassstiftende Ereignis im Jahr 1715 lassen sich vorbehaltslos ausmachen. [Verena Wasmuth]

Pokal mit der Allegorie der Fruchtbarkeit

Kelch aus farblosem Glas, Bodenkugel, ansteigender Fuß mit versenktem und mattiertem Spitzblattfries, angesetzt ein massiver Balusterschaft mit eingestochener Luftblase zwischen Trommelscheiben und eine sich konisch weitende Kuppa. Den Schaftbaluster und den Kuppaansatz zieren ebenfalls Spitzblattfriese. Die Wandung ist mit einem umlaufendem Landschaftssockel dekoriert, den eine flache Architektur vor einer Kirche und Pflanzen auflockern. Auf der Schauseite in feinem Mattschnitt dargestellt ist eine Nackte mit Füllhorn voller Früchte sowie einem Kranz aus Weinreben auf dem Kopf. Der verwärmte Mündungsrand trägt einen geblänkten Kugelfries. Das Glas trägt die beiden charakteristischsten Merkmale eines Produktes der Potsdamer Hofglasmanufaktur der Jahre 1720 bis 1735: Spitzblatt- und Kugelfries. Beliebt war damals die bildliche Darstellung von etwas Abstraktem: Allegorische Darstellungen auf Potsdamer Gläsern umfassen Themen wie Fruchtbarkeit – so hier – Trunksucht, unerfüllte Liebe, Vergänglichkeit des Glücks und der Zeit. Diese Sujets werden meist in Menschengestalt personifiziert, die über Attribute, Mimik oder Kleidung kenntlich gemacht sind. [Verena Wasmuth]

Pokal mit Chronos und Fortuna

Trichterförmiger Pokal bzw. Spitzkelch aus dickwandigem, farblosem Glas. Flache Fußscheibe, Fuß- und Schaftteil mit einem vertieften und polierten Rundbogenfries dekoriert, der im Wechsel mit stehenden Bogenfacetten einen schuppenähnlichen Effekt am Schaft bildet ("Muscheln"). Auf der Kuppawandung die tiefgeschnittene Darstellung des an einem Baum lagernden Chronos, die Personifikation der Zeit, als geflügelter, alter Mann mit Sichel, in der ausgestreckten Rechten eine Kugel, auf der Fortuna, die Personifikation des Schicksals bzw. Glücks, zu tanzen scheint und eine lange Fahne trägt. Darüber die Inschrift: Zeit und glück hat seine Tück. Den verwärmten Mündungsrand ziert ein geblänkter Kugelfries. Das Glas ist fortgeschritten krank. Der Form nach datiert der Pokal in die Zeit 1730 bis 1745, könnte demnach entweder noch aus der Potsdamer Glashütte stammen, die bis 1736 aktiv war, oder aber bereits aus der Nachfolgerin als brandenburgisch-preußische Hofglashütte in Zechlin, die 1737 die Arbeit aufnahm. Beide Hütten beschäftigten nacheinander dieselben Glasmachermeister und -veredler. Ein nahezu identisches Glas mit demselben Sujet und mit der Signatur von Elias Rosbach (tätig 1727–1765) und um 1735 datiert befand sich in der Sammlung Ernesto Wolf (Klesse/Mayr, Veredelte Gläser, 1987, Kat. 137). Dessen Schnittdekor weist eine noch detailreichere und feinere Qualität auf. Die allegorische Verbindung der Vergänglichkeit und des Glücks fand in der Kunst des Barockzeitalters europaweit Verbreitung. [Verena Wasmuth]

Bauchiger Deckelpokal mit Fruchtgirlanden

Pokal mit zugehörigem Deckel aus farblosem, schlierigem Glas, Abriss am Boden, ansteigender, getreppter Fuß mit einem Kranz aus Strahlenfacetten über vertieften Rundfacetten. Der angesetzte Schaft, schlank-konvex geformt und mit gestaffelten, stehenden Bogenfacetten versehen, geht nahtlos in die rund gebauchte Kuppa mit Eisboden über, dieser mit einem Kranz aus zwölf Luftblasen konzentrisch um eine zentrale eingestochene Luftblase dekoriert. Die Kuppawandung ist mit einer umlaufenden, detailreich geschnittenen Girlande aus Früchten verziert, die an Ringen hängt. Auf jedem Feston sitzt ein Tier: ein Bär, zwei Eichhörnchen und ein Adler. Die Pokal- sowie die Deckelmündung ziert ein blanker Perlfries, der hoch aufgebaute Deckelknauf orientiert sich am Schaftdekor. Am Fuß sind Merkmale der Glaskrankheit erkennbar. Robert Schmidt bildet den Kelch 1914 in seinem Standardwerk "Brandenburgische Gläser" von 1914 ab und beschreibt die Glasmasse bereits als "hell" mit "Haarrissen". Eine Reihe bauchiger Pokale gleicher Größe aus brandenburgischer Produktion - mit und ohne Vergoldung - ist überliefert (vgl. Klesse, Glassammlung Helfried Krug, 1965, Kat. 273; Berckenhagen, Berliner und Märkische Gläser, 1956, Kat. 23; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 34.1; 37.2). Sie werden übereinstimmend der Zechliner Glashütte zugeschrieben in die Zeit um 1740 und tragen meist jagdliche oder mythologische Szenen. Als Glasschneider wird Elias Rosbach oder jemand aus seinem Umkreis vermutet. [Verena Wasmuth]

Pokal mit Satyrfamilie

Pokal aus sehr reinem, farblosem Glas, Abriss am Boden, ansteigender Fuß dekoriert mit einem versenkten und mattierten Spitzblattfries. Angesetzt ein Schaft aus Baluster und Nodus, beide mit mattiertem Spitzblattfries zwischen Trommelscheiben und beide mit eingestochener Luftblase. Am Ansatz der becherförmigen Kuppa wiederholt sich der Dekor vom Fuß, auf der Wandung befindet sich umlaufend in feinem Mattschnitt eine szenische Darstellung: In einer baumbestandenen Landschaft beugt sich ein bärtiger Satyr über eine lagernde Nymphe, die mit der Linken in einen Dornbusch greift, davor streiten ihre beiden Kinder um einen Korb voller Blumen. Den verwärmten Mündungsrand schmückt ein Fries aus geblänkten Kugeln. Der Pokal fügt sich formal und stilistisch nahtlos in das Produktionssortiment der Potsdamer Glashütte in den Jahren 1720 bis 1736 (Götzmann/Kaiser, Gläserne Welten 2017, Kat. 81 und 93, S. 154–156; Rückert, Die Glassammlung, Bd. 2, 1982, Kat. 819, S. 279, Taf. 257). Um wen es sich bei den Abgebildeten handelt, erschließt sich dem Betrachter erst auf den zweiten Blick: Die kleine Gruppe steht für ein wildes Leben in der Natur, verweist mit ihrer Nacktheit und der Suche nach Schmerz sowie Konflikt zugleich auch auf unkontrollierte Sinnlichkeit und animalisches Treiben. [Verena Wasmuth]

Pokal mit Doppelmonogramm und Wappen

Pokal aus sehr reinem, farblosem Glas, Abriss am Boden, mit einem breiten Scheibenfuß, dessen Rand nach unten umgelegt ist. Der angesetzte Massivbalusterschaft mit Nodus zwischen flachen Ringscheiben hat zwei übereinander eingestochene, tropfenförmige Luftblasen und ist mit tief versenkten Rundfacetten im Schälschliff dekoriert. Auch der Ansatz der becherförmigen Kuppa trägt Rundfacetten, die Schauseite der Wandung zeigt zwei mattgeschnittene Medaillons unter einer großen Grafenkrone, die von zwei Engeln getragen wird. Ein weiterer Engelskopf ist unter den Medaillons eingeschnitten, rechts und links werden sie flankiert von langgezogenen Blattranken. Das linke Medaillon trägt das Spiegelmonogramm "JvB", das rechte "B". Die Gegenseite ist mit einem Familienwappen mit reichem Rollwerk verziert, es zeigt einen Querbalken mit drei Pfeileisen, als Helmzier den Kopf einer Löwin oder eines Leoparden. Den verwärmten Mündungsrand ziert ein polierter Kugelfries unter einem mattierten Kordelstrang. Sehr wahrscheinlich entstand dieses Glas anlässlich einer Eheschließung. Das Wappen konnte nicht aufgelöst werden (Dank für weiterführende Hinweise), daher können auch die Monogramme nicht ohne Vorbehalt zugeordnet werden. Elemente des Dekors, wie die sehr tiefen Rundfacetten und der Kordelstrang datierten diesen Potsdamer Pokal in die Jahre 1715 bis 1730, vgl. ein Glas im Potsdam Museum (Inv. Nr. 80-564-GL) sowie zwei im Bestand der Stiftung Stadtmuseum Berlin (Inv. Nrn. II 71/130 A; KH 2001/131 GA), alle publiziert im Themenportal Brandenburgisches Glas auf museum-digital.de. [Verena Wasmuth]

Pokal mit Phaeton als Lenker des Sonnenwagens

Pokal aus dickwandigem, farblosem Glas, verwärmter Abriss am Boden, glockenförmiger Fuß mit einem hochgeschnittenen Kranz aus Akanthusblättern, der mit Ringscheibe und Stufenbaluster plastisch gegliederte Schaft ist massiv, der Ansatz der sich konisch weitenden Kuppa wiederholt den Akanthusdekor vom Fuß, ihm wurden acht Luftblasen konzentrisch um eine zentrale Blase eingestochen. Die Wandung ist umlaufend mit einer Darstellung Phaetons als Lenker des von vier durchgehenden Pferden gezogenen Sonnenwagens in Tiefschnitt geschmückt, in den Wolken darüber greift Zeus mit seinem Blitzbündel ein, begleitet von seinem Attribut, dem Adler. Den plan- und schräg beschliffenen Mündungsrand ziert ein feiner Perlfries. Das Glas weist Symptome der Glaskrankheit auf, fortgeschritten am Fuß. Der stilistische Abgleich legt nahe, dass es sich hierbei um ein Erzeugnis der Potsdamer Glashütte aus der Zeit nach 1730 handelt (vgl. Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 28.5). Der Akanthusfries ist zwar bereits von früheren Gläsern aus dieser Manufaktur bekannt, allerdings sprechen Glockenfuß, Schaftform und Kuppaansatz für diese Datierung. Der Phaethonmythos geht auf eine Erzählung aus den Metamorphosen des Ovid zurück, in der es um die Selbstüberschätzung des Menschen geht. Das Sujet war – wie andere mythologische Bildthemen – im Zeitalter des Barock aufgrund des narrativen und personellen Reichtums nicht nur für bildende Künstler, sondern auch für Glasschneider hochinteressant. [Verena Wasmuth]

Pokal mit virtuos geschnittenen Ranken und Tieren

Zarter Pokal aus farblosem Glas, manganstichig, Abriss am Boden breiter Tellerfuß mit nach unten umgelegtem Rand, dekoriert mit einem feingeschnittenen Rankendekor mit unterschiedlichen, großen Blüten, der schlanke Massivbalusterschaft ist wabenfacettiert, darüber zwischen zwei Ringscheiben eine Trommelscheibe mit Schälschliff. Der Ansatz der becherförmigen Kuppa ist ebenfalls wabenfacettiert. Deren Wandung ist umlaufend mit einem verschlungenen Netzwerk aus exquisit geschnittenen Blumenranken dekoriert, aus deren unterschiedlichen Blüten Hirsche und Jagdhunde erwachsen, in den Ranken sitzen Vögel, der Mündungsrand ist verwärmt. Das Glas zeigt fortgeschrittene Merkmale der Glaskrankheit, so dass sich der Dekor nur noch im Streiflicht erkennen lässt. Nach Angaben im Inventarbuch soll es sich bei diesem Pokal um ein Potsdamer Erzeugnis handeln. Tatsächlich trägt er keine der charakteristischen Merkmale von Gläsern aus dieser Manufaktur. Es ist jedoch trotzdem denkbar, dass er tatsächlich aus Potsdam stammt, denn dort waren eingewanderte Glasschneider tätig, beispielsweise aus Böhmen, Schlesien und Dessau, die verschiedene Handschriften mitbrachten. Die Qualität dieses Pokals als auch seine ungewöhnliche Stilistik machen eine zweifelsfreie Zuschreibung und Datierung unmöglich. Sowohl fortgeschrittene Glaskrankheit als auch der Manganstich sind jedenfalls Hinweise auf eine brandenburgische Provenienz. [Verena Wasmuth]

Vergoldeter Deckelpokal mit Wappen derer von Rochow

Pokal mit zugehörigem Deckel aus dickwandigem, farblosem, sehr reinem Glas, ansteigender Fuß mit tiefgeschliffenem Rundbogenfries in drei Stufen, der beschliffene Fußrand sowie die Rundbögen vergoldet. Angesetzt ein massiver Schaft aus einem Rundbaluster über facettierter Kehlung mit dreimal acht konzentrisch um eine zentrale Blase eingestochenen Luftblasen, sowie einer zellenfacettierten Trommelscheibe, diese ebenfalls vergoldet. Die leicht konkave Kuppa wiederholt am Ansatz den Rundbogendekor vom Fuß. Die Wandung trägt ein fein geschnittenes und vergoldetes Medaillon mit drei geblänkten Schachrochen und reichem Rollwerk, ein Ziegenbock als Helmzier. Auf die Gegenseite ist ein Spruch in Gold staffiert: Der vergangenen Zeiten süße Erinnerung; / Der Jetzigen Sensiblen Empfindung; / A. E. v. R. / Der zukünfftigen bessere Hoffnung. Der kräftig vergoldete Mündungs- sowie der Deckelrand sind mit geblänkten Kugelborte dekoriert. Der Deckel, innen mit Abrissnarbe, trägt ebenfalls den Rundbogendekor und ist mit einem hohen Knauf versehen, der die Zierart des Schaftbalusters aufgreift, Abschlussnodus mit vergoldeter Halbkugel. Anhand des markanten Rundbogen-, des Luftblasendekors sowie seiner vorzüglichen Vergoldung ist der Deckelpokal nach Zechlin zu verorten (vgl. Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 36.3, 38.2+3). Das Wappen lässt sich auflösen als das Wappen derer von Rochow, einer kurmärkischen Adelsfamilie mit Sitz in der Nähe von Stendal. Das Monogramm dürfte Adam Ernst II. von Rochow (1705–1759) meinen, Gutsbesitzer Gutsherr auf Stülpe sowie Landrat des Kreises Luckenwalde. Die Inschrift legt nahe, dass das Glas möglicherweise anlässlich dessen zweiter Eheschließung mit Christiane Luise von Thümen (1721–1745) entstand. Seine erste Frau und Cousine Johanna Catharina von Rochow (1717–1740) gibt mit ihrem Tod den terminus post quem seiner Produktion vor. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg verwahrt ebenfalls einen Deckelpokal auf ein Mitglied der Familie von Rochow (Inv.-Nr. XIII 1023), die in der Frühen Neuzeit zu den einflussreichsten Familien in der brandenburgischen Landschaft Zauche gehörte. Dieser stammt noch aus der Potsdamer Hofglasmanufaktur. [Verena Wasmuth]

Deckelpokal mit dem großen brandenburgischen Wappen und Radmonogramm Friedrichs...

Großer Pokal mit zugehörigem Deckel aus dickwandigem, farblosem Glas, Boden ohne Abriss, kräftiger, leicht ansteigender Fuß mit beschliffenem Rand und einem Kranz aus schälgeschliffenen Rundbögen, der massive Doppelbalusterschaft zwischen Trommelscheiben trägt denselben Dekor. Die becherförmige Kuppa ist auf der Schauseite mit einem Medaillon mit dem großen brandenburgischen Wappen unter der Bügelkrone dekoriert, gerahmt von Hosenbandorden – mit fehlerhaft wiedergegebener Devise "HONI SOIT QVI MALV Y PENSE" – Orangenranken, gekreuzten Lorbeerzweigen und beidseitig einem Adler mit ausgebreiteten Schwingen. Die Gegenseite zeigt ebenfalls ein Medaillon mit dem gleichen Schmuck, darin das bekrönte Radmonogramm "FIII" für Kurfürst Friedrich III., den späteren König Friedrich I. in Preußen, im Zentrum das Kurzepter. Sowohl der Ansatz der Kuppa, ihr Mündungsrand, der Deckelrand als auch der Deckelknauf wiederholen die geschälten Rundbögen von Fuß und Knauf. Die Schulter des Deckels ist mit einem aufwendigen Rankendekor aus gekreuzten Lorbeer- und Orangenzweigen sowie Arabesken verziert. Der Deckel hat innen eine Abrissnarbe und ist – anders als der Pokal – krank. Bereits Adrian Dreier als auch Susanne Netzer wiesen auf die ungewöhnliche Darstellung der Bügelkronen über den Medaillons hin, die Kurfürstenhut und Königskrone vereint. Von gleicher Hand geschnitten dürften zwei glockenförmige Pokale im Bestand der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg sowie im schwedischen Skokloster sein, zudem ein Becher, 1914 Sammlung Mühsam in Berlin, die alle ebenfalls das Radmonogramm Friedrichs III. (1657–1713), die falsche Ordensdevise und dieselbe Krone zeigen (Evers, Luxusglas, 2010, Abb. 92, S. 108; Netzer, Was großes Aufsehn macht, 2001, Abb. 14, S. 73; Keisch/Netzer, Herrliche Künste und Manufakturen, 2001, Kat. 156, S. 247; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 11.1). Die Präsenz der Orangenzweige spielt auf Friedrichs Ansprüche auf die "oranische Erbschaft" an. Das Glas befand sich zuvor in der Sammlung Krug und wurde im Kunsthandel erworben. [Verena Wasmuth]

Pokal mit Darstellung der Vier Jahreszeiten

Großer Pokal aus farblosem Glas, Abriss matt ausgeschliffen, breiter Tellerfuß mit hochgeschnittenem, mattiertem Akanthusblattfries, der niedrige Massivschaft ist aus einem gestauchten Baluster und Nodus sowie drei Trommelscheiben komponiert, der Baluster mit versenktem Spitzblattdekor und Linsen, der Nodus mit Akanthusblattdekor und die Scheiben mit einem spitz zulaufenden Ornament, das sie wie geflochten anmuten lässt. Der Akanthusblattfries wiederholt sich am Ansatz und Mündungsrand der becherförmigen Kuppa. Das mittlere Register der Wandung ist von einem umlaufenden Ornamentband mit vier Medaillons verziert, dessen Zwischenräume von Arabesken, Feldern mit Netzwerkdekor, Blumenvasen und Jakobsmuscheln gefüllt werden, auf denen Adler mit ausgebreiteten Schwingen sitzen und an denen kleine Medaillons mit Dreiviertel- und Profilbildnissen von Damen hängen. Die Medaillons sind mit allegorischen Darstellungen der Vier Jahreszeiten dekoriert, jeweils auf einem würfelförmigen Hocker sitzend: ein Amorknabe mit Füllhorn voller Blumen steht für den Frühling, ein Krieger mit Ährenbündeln für den Sommer, ein Bacchant mit Rebenkrone und Füllhorn für den Herbst und ein alter Mann für den Winter. Das Glas ist krank. Dieser Pokal gelangte gemeinsam mit einem Deckel in den Bestand, dessen Glasmasse viel reiner und schwerer ist und dessen Akanthusblattdekor in zahlreichen Details abweicht. Der Deckel ist nicht zugehörig und dürfte ins 20. Jahrhundert datieren. Bei dem Pokal hingegen handelt es sich um ein Glas vom Anfang des 18. Jahrhunderts. Ein stilistisch eng verwandtes Beispiel von gleicher Hand im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe wurde vermutlich anlässlich der Hochzeit König Friedrichs I. (1657–1713) mit seiner dritten Gemahlin Sophie Luise (1685–1735) im Jahr 1708 angefertigt (Götzmann/Kaiser, Gläserne Welten, 2017, Kat. 48, S. 115, 116; Keisch/Netzer, Herrliche Künste und Manufacturen, 2001, Abb. 46, S. 94; Saldern, Glas, 1995, Kat 83 mit weiterführender Literatur; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 27.2). Die Vier Jahreszeiten sind wie viele von der Glaskunst aufgegriffene Sujets ein Thema, das sich durch die gesamte abendländische Kunstgeschichte zieht. Die Qualität des Schnitts auf diesem Pokal spricht für einen namhaften Meister. [Verena Wasmuth]

Walzenkrug mit silbervergoldeter Montierung

Humpen aus dickwandigem, farblosem, etwas graustichigem Glas, die Bodenkugel ist von einer tiefgeschnittenen Blütenrosette gerahmt, auf eine runde Platte mit Standring gesetzt, nicht gestaucht, der Standring mit feiner Montierung aus vergoldetem Silber, die Kantenverzierung aus erhabenen Jakobsmuscheln, angesetzter Ohrenhenkel, der an einer Manschette die Deckelmontierung hält, die aus Spangen und einem naturalistisch geformten Adler als Bekrönung gebildet wird. Der Ansatz des walzenförmigen Humpens ist mit einem versenkten und mattierten Spitzblattdekor verziert. Die Wandung zeigt umlaufend große Blüten- und Früchtefestons mit vereinzelten fliegenden Vögeln und Insekten, den verwärmten Mündungsrand schmückt ein Bogenfries in Schälfschliff. Der Deckel ist ebenfalls aus Glas geformt, gerahmt von einer getreppten Montierung in Anlehnung an den Fuß. Auf dem Deckel findet sich das bekrönte, großformatige Monogramm FR für Fridericus Rex zwischen gekreuzten Palmzweigen. Die Wandung hat einen durchgehenden Sprung gegenüber des Henkels. Da außer einem Tremolierstrich keine Punzen vorhanden sind, lässt sich kein Goldschmied zuordnen. Sehr wahrscheinlich datiert dieser repräsentative Walzenkrug in die Regierungszeit König Friedrichs I., in die Jahre 1701 bis 1713. Die hängenden Frucht- und Blumenbündel waren ein wiederkehrendes Motiv der Werkstatt von Martin Winter (um 1640–1702), die nach seinem Tod von seinem Neffen Gottfried Spiller (um 1663–1728) weitergeführt wurde. Dieses Glas glorifiziert mit seinem Bildprogramm die neugewonnene Königswürde des Hauses Hohenzollern: das bekrönte Monogramm dominiert das Gefäß, wird flankiert von Palmzweigen, Symbol für Sieg, Triumph, Frieden und ewiges Leben; Früchte und Blumen stehen für Wohlstand und Fruchtbarkeit, der imposante Adler des königlichen Hausordens wirkt, als ob er jeden Moment in die Lüfte steigt. [Verena Wasmuth]

Kleiner Deckelpokal auf Königin Elisabeth Christine

Pokal mit zugehörigem Deckel aus farblosem Glas, Abriss am Boden und im Deckel, der Scheibenfuß steigt leicht an und trägt einen Schmuck aus versenkten Spitzbögen, die an ihren Enden eine kleine Kugelung haben. Der einfache Balusterschaft mit einer langgezogenen, eingestochenen Luftblase wiederholt diesen Dekor, ebenso der Ansatz der becherförmigen Kuppa, zudem ist er hier vergoldet. Die Kuppawandung trägt ein geschnittenes, teilvergoldetes sowie goldstaffiertes bekröntes Medaillon umringt von Kriegstrophäen mit der Inschrift: Es lebe die Königin. Den vergoldeten Mündungs- sowie Deckelrand ziert ein geblänkter Kugelfries. Der gebauchte Deckel weist denselben vergoldeten Spitzbogendekor auf wie der Kuppaansatz, ebenso sein massiver Knauf mit eingestochener Luftblase. Der stilistische und formale Vergleich verortet das Glas nach Zechlinerhütte (vgl. einen Deckelpokal mit Wappen der Familie von Wilmersdorff im Glasmuseum Hentrich, Düsseldorf, Inv.-Nr. P 1989-21, publiziert im Themenportal "Brandenburgisches Glas"; Götzmann/Kaiser, Gläserne Welten, 2017, Kat. 108, S. 170). Es dürfte anlässlich der Krönung Friedrichs II. und seiner Gemahlin Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern 1740 entstanden sein. Gläser auf Elisabeth Christine, die in doppelter Hofhaltung entfernt von ihrem Gemahl lebte und für ihn zeremoniell-repräsentative, immer wiederkehrende Routineverpflichtungen übernahm, sind sehr selten. Seltsam ist die Präsenz der Kriegsarmaturen, sind diese auf brandenburgischen Gläsern in der Regel nur den Kartuschen männlicher Adressaten beigegeben, weiblichen typischerweise Füllhörner. Sehr wahrscheinlich gehörte dieser Pokal einem Mitglied des preußischen Militärs. [Verena Wasmuth]

Deckelpokal mit Wappen derer von Brunn

Pokal aus farblosem Glas mit zugehörigem Deckel, breit ausgestellte Hohlfuß mit Bodenkugel, dekoriert mit drei versetzten Reihe Facettenschliff, teilvergoldet, darauf geschnittene t-förmige Ornamente, diese ebenfalls vergoldet sowie goldene Tupfen. Der massive Schaft aus Nodus und Rundbaluster mit acht eingestochenen Luftblasen um eine zentrale ist facettiert, die Zwischenglieder gekehlt und ebenfalls facettiert. Der Eisboden der angesetzten, sich konisch öffnenden Kuppa hat innen einen Kranz aus acht eingestochenen Luftblasen um eine zentrale und ist außen wabenfacettiert. Darüber wiederholt sich der vergoldete Dekor aus t-förmigen Ornamenten und Tupfen. Die Kuppawandung ist auf der Schauseite mit einem Wappen dekoriert, das drei halbe Bären mit Halsband auf einem Schrägrechtsbalken im Schild zeigt sowie einen Bären als Helmzier. Auf der Gegenseite die Inschrift: Wer freundschafft bricht / nehms wohl in acht, / bey uns wird er zum / Schelm gemacht. Den gut vergoldeten Mündungsrand ziert ein geblänkter Perlfries, ebenso den des ebensolchen Deckels, an dessen Übergang zum hohen Knauf sich der Dekor des Fußes wiederholt. Das Glas ist krank. Das Wappen lässt sich mit dem dargestellten Wappen dem mittelmärkischen Adelsgeschlecht derer von Brunn mit Stammhaus im Havelland zuordnen, das 1237 urkundlich zuerst erwähnt wurde und im ausgehenden 18. Jahrhundert nur noch zwei lebende männliche Mitglieder verzeichnete. Formal und stilistisch datiert der Pokal in die Zeit um 1740, demnach ist er ein Produkt der Zechliner Hofglasmanufaktur (vgl. Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 34.1, 36.2). Als Freundschaftspokal könnte er für Georg Daniel von Brunn ( geb. 1695) angefertigt worden sein, dem zu dieser Zeit die Güter Brunn und Trieplatz bei Wusterhausen (Dosse) anteilig gehörten, nur rund 45 km entfernt von Zechlinerhütte. [Verena Wasmuth]

Pokal mit erotischer Szene

Pokal aus farblosem Glas mit flachem, leicht ansteigendem Fuß dekoriert mit einem Kranz aus Rundfacetten im Schälfschliff, Abriss am Boden, Fußrand verwärmt. Dem schlanken Balusterschaft mit Wabenfacettierung zwischen zwei vergoldeten Trommelscheiben wurde eine langgezogene Luftblase eingestochen. Auch der Ansatz der becherförmigen Kuppa ist facettiert. Auf der Wandung ist eine fein geschnittene Szene auf einem baumbestandenen Landschaftssockel dargestellt: links hebt eine Frau ihren Rock und wendet sich dabei einem Mann zu ihrer Linken zu, dieser hält einen Fuchsschwanz bzw. eine Rute vor sich; darüber die Inschrift: Vor einem guten Freundt, der bin ich. Der beidseitig vergoldete Mündungsrand ist mit einem geblänkten Kugelfries verziert. Das Paar weist mit seinen offenherzigen Attributen recht derb auf das frivole Moment der Szene hin, der beigefügte Spruch bleibt hingegen mehrdeutig und spielt auf die sexuelle Dimension lediglich an. Erotische und allegorische Darstellungen auf Gläsern waren bei höfischen Kreisen im Zeitalter des Barock äußerst beliebt, äußerten sich in Brandenburg jedoch vorrangig und weniger explizit in mythologischen Bildthemen. Der formale und stilistische Vergleich datiert diesen Pokal in die Spätjahre der Potsdamer Glashütte oder die Anfangsjahre deren Nachfolgerin in Zechlin, wo dieselben Glasmacher und Veredler weiterbeschäftigt wurden, also um 1735. Unter anderen ist ein signiertes Glas von Elias Rosbach (tätig 1727–1765) stilistisch eng verwandt (vgl. Berckenhagen, Berliner und märkische Gläser, 1956, Abb. 22; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 32.1). [Verena Wasmuth]

Großer Pokal mit Habsburgischem Doppeladler

Schwerer Pokal aus dickwandigem, stark manganstichigem Glas, kein Abriss am Boden, der breite Fuß steigt sanft an und ist innen mit einem Kranz aus Oliven in Schälfschliff sowie außen mit einem tiefgeschnittenen Fries aus Lorbeerzweigen verziert. Angesetzt zwischen zwei Trommelscheiben mit einem Kranz aus geblänkten Oliven ist ein massiver Balusterschaft. Der Baluster wie auch der Ansatz der becherförmigen Kuppa wiederholt den Dekor aus geschälten Oliven vom Fuß. Die Schauseite der Kuppawandung ist mit einem bekrönten, doppelköpfigen Adler in feinem Tiefschnitt dekoriert, das Monogramm "L" auf der Brust, in den Fängen ein Schwert sowie ein Zepter, flankiert von Palmenzweigen. Den plan- und innen eingeschliffenen Mündungsrand ziert ein Fries aus großen, geblänkten Kugelungen. Ein ehemals zugehöriger Deckel fehlt. Das Glas ist krank. Die violette Färbung des Glases wurde von UV-Licht verursacht. Es handelt sich um ein repräsentatives Potsdamer Vivatglas auf Kaiser Leopold I. aus dem Hause Habsburg (reg. 1658–1705). Susanne Netzer hat bereits vermutet, dass es im Zuge der diplomatischen Vorbereitungen Kurfürst Friedrichs III. (1657–1713) entstand, außerhalb des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation die Königswürde zu erhalten. Leopold unterstützte dieses Ansinnen nach längeren Verhandlungen schließlich im November 1700 mit dem "Krontraktat", so dass sich Friedrich am 18. Januar 1701 zum ersten König in Preußen krönte. Der Pokal könnte ebenfalls zum Dank danach entstanden sein, sicherlich aber vor dem Tod Leopolds am 5. Mai 1705. [Verena Wasmuth]

Pokal mit Grenadieren

Pokal aus farblosem, leicht gelbstichigem Glas, Abriss am Boden, breiter, leicht ansteigender Fuß mit einem versenkten Spitzblattfries, der Balusterschaft über einem kleinen Nodus hat eine eingestochene Luftblase, darüber eine Trommelscheibe, diese sowie der Nodus sind mit einem Kranz aus mattierten Kugeln verziert. Der Baluster, wie auch der Ansatz der becherförmigen Kuppa wiederholt den Spitzblattfries vom Fuß. Die Kuppa ist dreiseitig mit je einer tiefgeschnittenen Grenadierfigur auf einem umlaufenden Landschaftssockel dekoriert, auf dem Kopf eine Grenadiermütze mit dem Monogramm "FR" (Fridericus Rex): Einer macht sich bereit, das geschulterte Gewehr zu laden, einer präsentiert das Gewehr und einer legt es zum Schuß an. Den verwärmten Mündungsrand ziert ein polierter Fries aus eng gesetzten, großen Kugelungen. Das Glas ist fortgeschritten krank. Mit dem Regierungsantritt König Friedrich Wilhelms I. (1688–1740) mehrten sich ab 1713 militärische Motive auf Potsdamer Gläsern. Die Darstellung ganzfiguriger Grenadiere in ähnlich freistehender Manier sind auf weiteren Beispielen dokumentiert, mitunter mit Ornamenten oder einer Inschrift (Götzmann/Kaiser, Gläserne Welten, 2017, Kat. 67–69, S. 134–136; Berckenhagen, Berliner und märkische Gläser, 1957, Abb. 12; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 20.2+3, 29.2). Aus derartigen Gläsern wurde sicherlich auf das Wohl des auch als "Soldatenkönig" bezeichneten brandenburgisch-preußischen Regenten getrunken. [Verena Wasmuth]

Pokal mit grünem Schaft

Pokal mit Tellerfuß und ausgestellter Kuppa aus farblosem, sowie einem Schaftbaluster aus smaragdgrünem Glas. Der Rand des breiten Fußes ist nach unten umgelegt, seine Oberseite bedeckt ein mattgeschnittener Dekor aus Weinranken und geblänkten Reben, Boden mit Abriss. Der massive Schaft ist an die ihn unten und oben rahmenden doppelten Ringscheiben angesetzt, ihn zieren mattierte Rundbögen und Kugelfacetten. Die Kuppa ist umlaufend mit dem Dekor aus Weinranken- und -reben verziert, Mündungsrand verwärmt. Die farblosen Elemente des Pokals sind fortgeschritten krank. Barockgläser mit doppelter Farbigkeit sind überaus selten. Dieses Potsdamer Glas hat lediglich ein Pendant aus farblosem und blauem Glas, welches das Museum des Kreises Plön mit norddeutscher Glassammlung verwahrt (Inv.-Nr. 2002/042, Götzmann/Kaiser, Gläserne Welten, 2017, Kat. 104, S. 167). Robert Schmidt (1878–1952) bildet überdies einen Pokal mit goldstaffiertem kaiserlichen Wappen aus farblosem Glas ab, dessen Deckelknauf ein aus grünem Glas gebildeter Adler formt (Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Abb. 38, S. 93). Formal datiert dieses Glas in die Regierungszeit Kurfürst Wilhelms III. (vgl. ebenda, Taf. 4.4 und 4.6). Der dichte, geschnittene Dekor charakterisiert den Pokal als Weinglas und ist auf zwei weiteren Potsdamer Erzeugnissen der Zeit um 1690 überliefert (Keisch/Netzer, Herrliche Künste und Manufacturen, 2001, Kat. 149, S. 244; Rückert, Die Glassammlung, Bd. 2, 1982, Kat. 804, S. 271, Taf. 246). [Verena Wasmuth]

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