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Kunstgewerbemuseum Brandenburgische Gläser

Brandenburgische Gläser

Vergoldeter Spitzpokal auf Königin Sophie Dorothea von Preußen

Pokal aus dickwandigem, farblosem Glas, Boden mit Abrissnarbe, die gesamte Oberfläche ist akzentuiert mit Gold staffiert, auf dem Fuß ein Kranz aus Oliven mit Ovalaugen, der massive Schaft ist mit Längsfacetten beschliffen, die sich bis an den Ansatz der bündig anschließenden Kuppa als vertiefte Zungen fortsetzen. Die Kuppawandung ziert in Tiefschnitt unter der Bügelkrone das von einem Adler gehaltene Rundmedaillon mit dem Profilbildnis Königin Sophie Dorotheas (1687–1757), flankiert von Adlern und Lorbeerzweigen, darunter fein goldgemaltes Rollwerk und sich überkreuzende Füllhörner. Der verwärmte Mündungsrand ist beidseitig vergoldet. Der Pokal datiert entweder in die letzten Betriebsjahre der Potsdamer oder in die ersten der Zechliner Glashütte und dürfte höchst wahrscheinlich als Paar mit einem Glas konzipiert gewesen sein, das ein Porträt Friedrich Wilhelms I. (1688–1740) trug (möglicherweise Inv. Nr. O-1982,78, a,b). Eine Reihe sehr ähnlicher bis nahezu identischer Pokalgläser mit Potsdamer Provenienz sind überliefert, die einen zugehörigen Deckel besitzen (vgl. Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 35.5; Baumgärtner, Porträtgläser, 1981, Abb. 9, S. 21; für das Bildnis vgl. Abb. 5, S. 18; Klesse/Mayr, Veredelte Gläser aus Renaissance und Barock, 1987, Nr. 134; Strasser/Spiegl, Dekoriertes Glas, 1989, Kat. 145, S. 280; Kunsthistorisches Museum Wien, Inv. Nr. Kunstkammer, 10382; Stiftung Stadtmuseum Berlin, Inv. Nr. II 74/185 A, ebenfalls ohne Deckel). Ursprünglich war wohl ein zugehöriger Deckel vorhanden, der zugeordnete Deckel passt nicht, er gehört zu einem kleineren Pokal. [Verena Wasmuth]

Deckelpokal mit Flusslandschaft

Trichterpokal mit zugehörigem Deckel aus farblosem, sehr reinem Glas, Abriss am Boden, auf der Oberseite des flach ansteigenden Tellerfußes mit verwärmtem Rand ein feingeschnittener Kranz aus Blattranken um einen versenkten Rundbogenfries. Der horizontal stark profilierte Schaft ist aus einem massiven Baluster mit stehenden Oliven zwischen zwei Ringscheiben aufgebaut. Am Ansatz der trichterförmigen Kuppa wiederholt sich der geschälte Olivendekor, die Wandung zeigt umlaufend eine mattgeschnittene sowie diamantgerissene Darstellung einer sonnenbeschienenen Flusslandschaft mit Bäumen, Häusern, Anglern und einem Boot. Den Rand der Mündung sowie des Deckels ziert die für den Potsdamer Glasschnitt charakteristische geblänkte Kugelborte. Der gewölbte Deckel ist mit einem auskragenden Auflagerand versehen, seine Wandung mit einer weiteren friesartigen Szene dekoriert, Wanderer in einer hügeligen Landschaft mit Wegkreuz. Der massive Deckelknauf über einer Trommelscheibe greift erneut den sechsfachen Olivenschliff von Schaft und Kuppaansatz auf. Zahlreiche Trichterpokale des ausgehenden 17. Jahrhunderts aus Potsdamer Produktion sind überliefert, jedoch besitzen sie in der Regel keinen Deckel und die Qualität ihrer Veredelung ist deutlich einfacher. Zudem weist dieser Deckelpokal eine weitere Besonderheit auf: Sowohl der diamantgerissene Dekor als auch der auskragende Deckelrand sind ungewöhnlich für Gläser aus Potsdam. In der brandenburgisch-preußischen Hofmanufaktur waren zahlreiche Immigranten tätig und auch unter den Glasschneidern gab es viele Zugezogene, deren Herkunftsort nicht immer dokumentiert ist. Unterschiedlichste Einflüsse aus anderen Glasmacherregionen haben sich dort vereint. Die Flusslandschaft auf diesem Deckelpokal erinnert beispielsweise an überlieferte Beispiele aus Nürnberg, wie auch die zarte Ranke am Fuß. Der geschälte Olivenschliff war in Böhmen verbreitet, der Diamantriss typisch für niederländische Gläser der Barockzeit. Robert Schmidt bildete diesen Pokal 1914 in seinem Standardwerk zur gleichnamigen Ausstellung "Brandenburgische Gläser" ab. [Verena Wasmuth]

Becher mit dem brandenburgischen Kurzepter

Sich konisch weitender, schwerer Becher aus dickwandigem, farblosem Glas mit einzelnen Luftblaseneinschlüssen, Boden mit ausgekugeltem Abriss, die Wandung ist mit zwölf Längsfacetten beschliffen. Über einer umlaufenden Fiederblattbordüre ist die Schauseite der Wandung mit einem Wappenschild in Mattschnitt dekoriert, die das Kurzepter zeigt, darüber die Umschrift: VIVAT CHUR BRANDENBURG. Zu den Seiten wurden einfache Blumenstauden platziert, alle anderen Facetten sind mit je vier übereinandergesetzten großen, polierten Kugelungen geschmückt. Den verwärmten Mündungsrand ziert ein dünnes Band aus nebeneinandergesetzten, mattierten Halbkügelchen. Die Facettierung der Wandung, die Blumenstauden sowie die großen Kugelungen sind typisch für böhmische Gläser, allerdings auch auf brandenburgischen überliefert (vgl. Keisch/Netzer, Herrliche Künste und Manufacturen, Kat. 136, 137, 139, 142, 161). Dekor und Umschrift sprechen für letzte Provenienz. Infrage als Hersteller aus kurfürstlicher Zeit kommen die Potsdamer Glashütten in Drewitz bzw. auf dem Hakendamm sowie die neumärkische Hütte in Marienwalde (heute Bierzwnik). [Verena Wasmuth]

Deckelpokal mit dem großen brandenburgischen Wappen und Adlerorden

Pokal mit zugehörigem Deckel aus dickwandigem, farblosem Glas mit einzelnen Luftblaseneinschlüssen, Abriss am Boden und im Deckel, leicht ansteigender Fuß mit einem umlaufenden Rankendekor in Tiefschnitt sowie versenktem und mattiertem Spitzblattfries, angesetzt ein wabenfacettierter Balusterschaft zwischen zwei ebenfalls wabenfacettierten Nodi, der Baluster ist mit drei übereinanderliegenden Kränzen aus eingestochenen Luftblasen verziert. Die becherförmige Kuppa wiederholt am Ansatz den Spitzblattdekor vom Fuß und trägt auf der Wandung das fein geschnittene große brandenburgisch-preußische Wappen, beidseitig gehalten von Wilden Männern und unter einem mit Adlern und der Bügelkrone bekrönten Baldachin, über dem ein Banner weht mit des Devise "SUUM CUIQUE" (Jedem das Seine), unten fünf, oben zwei Glieder der Ordenskette (Collane) vom Schwarzen Adlerorden. Die Gegenseite zeigt den preußischen Adler umrahmt von der Collane des Schwarzen Adlerordens. Den verwärmten Mündungsrand ziert ein geblänkter Kugelfries, ebenso korrespondierend den Rand des Deckels. Dessen Schulter wiederholt den Ranken- und Spitzblattdekor vom Fuß, der Knauf ist aus Hohlnodus und Hohlbaluster zwischen Trommelscheiben komponiert. Der Nodus ist mit einem mattierten Zierband dekoriert, der Baluster zeigt zweimal den Spitzblattkranz. Das Glas ist krank, insbesondere im Bereich der Kuppa. Bei dem Glas handelt es sich um ein Erzeugnis der Potsdamer Glasmanufaktur, in die Regierungszeit Friedrichs I. (1713–1740) datierend, auf den es mit Wappen, Devise und Orden mit den Monogrammen "FR" für Fridericus Rex gleich mehrfach Bezug nimmt. Ähnliche Deckelpokale mit dem gleichen Sujet sind überliefert (Keisch/Netzer, Herrliche Künste und Manufacturen, 2001, Kat. 180, 181, 191, 192, 194; Rückert, Die Glassammlung des Bayerischen Nationalmuseums, Bd. 2, 1982, Kat. 812, S. 275, Taf. 251; Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Inv. Nrn. XIII 7 und Dln E.St. 01/26; Stiftung Stadtmuseum Berlin Inv. Nr. KH 99/1270 A; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 19.2 und 20.1). Vermutlich entstand dieser Pokal in königlichem Auftrag für einen Ritter des Ordens vom Schwarzen Adler. [Verena Wasmuth]

Deckel für einen Potsdamer Pokal

Gebauchter Deckel mit eingezogenem Rand aus farblosem Glas, Abriss innen, der Mündungsrand ist mit einem geblänkten Perlfries geschmückt, der Übergang zum hohen Knauf mit einem versenkten und mattierten Spitzblattfries, ebenso die beiden Baluster des Knaufs, die zwischen zwei kräftigen Trommelscheibe sitzen. Der zugeordnete Pokal mit der Inv. Nr. O-1982,92 a ist zu klein und nicht zugehörig, zumal auch der Dekor nicht wie es sein sollte miteinander korrespondiert. Der formale und stilistische Vergleich mit überlieferten Deckelpokalen bestätigt eine Verortung nach Potsdam und datiert den Deckel ins zweite Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts (vgl. Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Inv.-Nr. XIII 8; Götzmann/Kaiser, Gläserne Welten, 2017, Kat. 65, S. 131f.; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 28.6). [Verena Wasmuth]

Vivatglas auf Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg

Kleiner Pokal mit zugehörigem Deckel aus farblosem Glas, kein Abriss am Boden, der Rand des leicht ansteigenden Fuß mit einem Dekor aus versenkten Spitzbögen ist zwölffach facettiert. Der Massivbalusterschaft über einem glatten Nodus ist ebenfalls mit versenkten Spitzbögen verziert, zudem der Ansatz der hohen, becherförmigen Kuppa. Deren Wandung ist zwölffach facettiert und trägt auf der Schauseite in feinem Tiefschnitt den kurbrandenburgischen Adler mit ausgebreiteten Schwingen, Zepter und Schwert in den Klauen, bekrönte von dem Kurhut, umschrieben mit: Vivat Elector: Brandenbg. Die Gegenseite zeigt das Spiegelmonogramm "CF3" für Kurfürst Friedrich III. (1657–1714) zwischen zwei gekreuzten Palmzweigen und gleichfalls bekrönt von dem Kurhut. An Mündungs- und Deckelrand wurden korrespondierend zu den Wandungsfacetten breite Bögen im Schälschliff aufgebracht, die abgerundete Deckelschulter wiederholt den versenkten Spitzbogenkranz, ebenso der massive, getreppte und polierte Knauf über einer Trommelscheibe. Das Glas ist fortgeschritten krank, insbesondere im Bereich des Fußes sowie des Deckels. Dieser Potsdamer Deckelpokal aus kurfürstlicher Zeit vor 1701 wurde mehrfach publiziert. Dabei erörterte Fragen, etwa zur nachträglichen Beschleifung des Fußrandes zwecks Kaschierung älterer Beschädigungen oder zur ausgemachten Seltenheit der Wandungsfacettierung bei brandenburgischen Produkten, sind obsolet (Keisch/Netzer, Herrliche Künste und Manufacturen, 2001, S. 250; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, S. 68). Überlieferte Vergleichsstücke bestätigen den Originalzustand seiner Form (Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Inv. Nr. XIII 854 und XIII 890; Glasmuseum Hentrich, Düsseldorf Inv. Nr. P 1940-131 a,b; Stiftung Stadtmuseum Berlin, Inv.-Nr. SM 2017-00863; alle publiziert im Themenportal "Brandenburgisches Glas" auf museum-digital.de, sowie Götzmann/Kaiser, Gläserne Welten, 2017, Kat. 94, S. 157 und Rückert, Die Glassammlung des Bayerischen Nationalmuseums, Bd. 2, 1982, Kat. 811, S. 274, Taf. 250). Diese Gruppe datiert etwas später, in die Jahre 1701 bis 1713. [Verena Wasmuth]

Pokal mit dem großen brandenburgisch-preußischen Wappen

Pokal aus farblosem Glas, Abriss am Boden, leicht ansteigender Fuß mit versenktem und mattiertem Spitzblattfries, angesetzt ein wabenfacettierter Balusterschaft zwischen zwei ebenfalls wabenfacettierten Nodi, der Baluster ist mit drei übereinanderliegenden Kränzen aus eingestochenen Luftblasen verziert. Die becherförmige Kuppa wiederholt am Ansatz den Spitzblattdekor vom Fuß und trägt auf der Wandung das fein geschnittene große brandenburgisch-preußische Wappen, beidseitig gehalten von Wilden Männern und unter einem mit Adlern und der Bügelkrone bekrönten Baldachin, hinter dem rechts die Sonne strahlt, unten: Gott mit uns. Die Gegenseite zeigt den preußischen Adler im Flug gegen die Sonne, darunter: Nec soli cedit (Nicht [einmal] der Sonne weicht er), die Devise des sogenannten Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. (reg. 1713–1740). Den verwärmten Mündungsrand ziert ein geblänkter Perlfries unter einer Linie. Bei dem Glas handelt es sich um ein Erzeugnis der Potsdamer Glasmanufaktur, in die Regierungszeit Friedrichs I. datierend, auf den es mit Wappen und Devise gleich zweifach Bezug nimmt. Vermutlich gehörte ein Deckel dazu (der zugeordnete Deckel mit der Inv.-Nr. O-1982,92 b ist zu groß). Ähnliche Deckelpokale mit dem gleichen Sujet sind überliefert (Keisch/Netzer, Herrliche Künste und Manufacturen, 2001, Kat. 180, 181, 191, 192, 194; Rückert, Die Glassammlung des Bayerischen Nationalmuseums, Bd. 2, 1982, Kat. 812, S. 275, Taf. 251; Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Inv. Nrn. XIII 7 und Dln E.St. 01/26; Stiftung Stadtmuseum Berlin Inv. Nr. KH 99/1270 A; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 19.2 und 20.1). Pokale von dieser Größe und mit königlichen Symbolen waren sicherlich für den Hof bestimmt. [Verena Wasmuth]

Deckel eines Potsdamer Pokals

Deckel aus farblosem, manganstichigem Glas, breiter Auflegerand, darüber ein Fries aus geblänkten Kugeln, auf der Schulter ein Kranz aus Rundbögen mit polierten Kugelungen, sehr hoher Knauf, der aus einer Trommelscheibe mit polierten Oliven, einem geschnürten Baluster mit eingestochener, länglicher Luftblase, Wabenfacettierung und Olivenkranz sowie einem Abschlussnodus mit Rundbogenfacetten komponiert ist. Die eingestochene Luftblase ruft reizvolle optische Reflexe hervor. Ein ehemals zugeordneter Pokal (Inv.-Nr. O-1982,88 a) ist nicht zugehörig, er weist einen nicht korrespondierenden Dekor auf. Der stilistische Vergleich empfiehlt eine Zuschreibung an die Potsdamer Glashütte in die Zeit um 1715 (Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 21.2). [Verena Wasmuth]

Vivatglas auf Königin Sophie Dorothea von Preußen

Pokal aus farblosem Glas, breiter Fuß mit ausgekugeltem Abriss am Boden, dekoriert mit einem versenkten und mattierten Spitzblattfries, der massive Schaft ist komponiert aus einem Baluster ebenfalls mit Spitzblättern sowie einem Nodus mit Kugelfries zwischen Trommelscheiben. Am Ansatz der becherförmigen Kuppa wiederholt sich der Spitzblattdekor. Die Schauseite der Wandung ist mit einem mattgeschnittenen Medaillon mit Profilbildnis der Königin Sophie Dorothea von Preußen (1687–1757) geschmückt, bekrönt von der Bügelkrone, gerahmt von Füllhörnern. Die Gegenseite zeigt ihr ebenfalls von der Bügelkrone bekröntes Ligaturmonogramm SDR (Sophie Dorothea Regina). Der verwärmte Mündungsrand ist mit einem polierten Kugelfries dekoriert. Ein ehemals zugeordneter Deckel (Inv.-Nr. O-1982,88 b) ist nicht zugehörig, er weist einen nicht korrespondierenden Dekor auf. Potsdamer Gläser mit der stereotypen Darstellung Sophie Dorotheas, Gemahlin des als "Soldatenkönig" bezeichneten Friedrich Wilhelm I., sind in vergleichsweise großer Anzahl überliefert und bezeugen den schlagartigen Anstieg des Genres nach deren Thronbesteigung im Jahr 1713. Individuelle Merkmale der Abgebildeten waren für die Glasschneider nebensächlich. Zur Wiedererkennung griffen sie auf markante Details von Vorlagen zurück, meist Münzen. So helfen die übernommene Eigenart der Frisur oder Bekleidung bei einer zeitlichen Einordnung dieser Exemplare. Die für dieses Glas zugrundeliegende Münze konnte nicht ermittelt werden. Ein vergleichbarer Becher mit dem Profilporträt Sophie Dorotheas, ebenfalls mit Hermelinmantel um die Schultern und Perlen im Haar, verwahrt die Stiftung Stadtmuseum Berlin (Inv.-Nr. II 94/114 A, publiziert im Themenportal "Brandenburgisches Glas" auf museum-digital.de). Es datiert in die Zeit 1735 bis 1740. [Verena Wasmuth]

Becher mit Kriegstrophäen und Sprüchen

Sehr schwerer Becher aus bernsteinfarbigem bzw. gelbem Glas, leicht grünlich, Bodenkugel mit spiegelbildlicher Umschrift, die beim Blick in den Becher gelesen werden kann: Ich liebe dich gleich wie nach. Die Schauseite der Wandung ist mit einem von einem Helm mit Federn bekrönten Medaillon geschmückt, in dem ein Soldat mit Degen an der Seite und Flinte über der Schulter dargestellt ist. Gerahmt wird das Medaillon von reichen Kriegsarmaturen. Die Gegenseite trägt die Inschrift: VIVANT AMICI FIDELES / VICTORIA / VICTORIA / VICTORIA (Es leben die treuen Freunde, Sieg, Sieg, Sieg), Mündungsrand verwärmt. Das Glas war zerbrochen und wurde geklebt. Der berühmte Alchemist Johann Kunckel (um 1635–1702) beschrieb in seinem Standardwerk zur Glasmacherkunst gleich mehrere Verfahren, um gelbes Glas herzustellen, beispielsweise durch die Zugabe von Blei (Kunckel, Ars vitraria experimentalis, 1679, S. 58–60). Die besondere Schwere dieses Bechers lässt die Vermutung zu, dass er nach dieser Rezeptur in der Potsdamer Glashütte entstand, möglicherweise noch zu Kunckels Anwesenheit in Potsdam, also vor 1792. Der Spruch am Becherboden zeigt sich erst nach dessen Leeren und mag gelesen werden als Freundschaftsversprechen. [Verena Wasmuth]

Deckelpokal mit Grenadier

Leichter Pokal mit zugehörigem Deckel, Abriss am Boden, der Fuß ist in großen Teilen abgebrochen und zeigt eine alte, vergilbte Klebung, gut erkennbar ist noch der versenkte und mattierte Spitzblattfries als Dekor. Der angesetzte Schaftbaluster ist pseudofacettiert und hohl bzw. ihm wurde eine längliche Luftblase eingestochen, zwischen je zwei Ringscheiben ein kräftiger Nodus, ebenfalls mit eingestochener Luftblase. Der Ansatz der becherförmigen Kuppa wiederholt den Spitzblattdekor vom Fuß. Auf der Wandung ist in Mattschnitt ein Grenadier – erkennbar an seinem spitz zulaufenden Hut – mit zur Seite ausgebreiteten Armen auf einem baumbestandenen Landschaftssockel dargestellt, darüber die Inschrift: Vivat aller Braven Grenadier:. In der rechten Hand hält er eine Granate, in der linken vielleicht ein Feuerzeug. Den Mündungsrand ziert ein Fries aus kleinen, geblänkten Oliven, ebenso den Rand des Deckels. Die recht flache Deckelschulter ist mit dem Spitzblattdekor geschmückt, der angesetzte pseudofacettierte Knauf ist zum Abschluss zweifach gekniffen. Das Glas ist fortgeschritten krank. Dieser Deckelpokal dürfte in die Regierungszeit König Friedrich Wilhelms I. von 1713 bis 1740 datieren, als militärische Motive äußerst beliebt waren. Insbesondere Grenadiere dienten Vivatgläsern dieser Epoche mehrfach überliefert als Motiv (vgl. Götzmann/Kaiser, Gläserne Welten, 2017, Kat. 67–69, S. 130, 134, 135). Es handelt sich dabei um ein Produkt der Potsdamer Glashütte. Ob der Verlust des Fußes der Glaskrankheit geschuldet ist, ist nicht dokumentiert. [Verena Wasmuth]

Deckelpokal mit Blumen und Insekten

Trichterförmiger Pokal mit zugehörigem Deckel aus dickwandigem, sehr reinem, farblosem Glas, Abriss auf dem Fuß ein Kranz aus Rundbogenfacetten, die sich auf dem massiven Schaft bis an den Ansatz der bündig anschließenden Kuppa als vertiefte Zungen fortsetzen. Die Kuppawandung in feinem Tiefschnitt mit großformatigen, naturalistischen Blumen dekoriert, darunter Tulpe, Nelke und Sonnenblume, zudem Fluginsekten wie Mücke und Fliege sowie eine Raupe. Den plangeschliffenen Mündungsrand ziert ein polierter Perlfries, ebenso korrespondierend den Deckelrand. Auf der ansteigenden Schulter des Deckels sind dieselben Blumen abgebildet, der Übergang zum gekehlten, mit polierten Kugelungen und Facetten versehenen Massivbalusterknauf ist mit einem geschliffenen Rundbogenfacettenkranz geschmückt. Der stilistische Vergleich mit zwei vergoldeten Flötengläsern bestätigt eine Zuschreibung dieses qualitätsvollen Glases an die Potsdamer Hütte in die Jahre 1730 bis 1735 (Schade, Das deutsche Glas, 1958, Kat. 70; Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Inv. Nr. XIII 862). Die Darstellung von Blumen hat symbolischen Charakter: Die Tulpe sowie die Nelke stehen für Liebe, die Sonnenblume für Lebensfreude. Die Insekten hingegen verweisen auf deren Vergänglichkeit. [Verena Wasmuth]

Deckelpokal mit Monogramm FR und Posthorn von 1746

Pokal mit zugehörigem Deckel aus farblosem Glas, Abriss am Boden, breiter Tellerfuß, angesetzt ein Schaft aus Baluster und Nodus zwischen Ringscheiben mit je einer eingestochenen Luftblase. Die hohe, becherförmige Kuppa zeigt auf der Schauseite das geschnittene Ligaturmonogramm "FR" (Fridericus Rex) unter der Bügelkrone und zwischen gekreuzten Palmzweigen. Auf der gegenüberliegenden Seite ist ein Posthorn über der Jahreszahl 1746 abgebildet, zwischen gekreuzten Lorbeerzweigen. Den verwärmten Mündungsrand ziert ein mattiertes, breites Band mit polierten Perlen, unten mit kleinen Halbkreisen. Der Deckel ist auf der Schulter mit einem Kranz aus einer Lorbeerranke verziert, der Knauf aus Nodus und Baluster jeweils mit eingestochener Luftblase und zwischengesetzter Ringscheibe komponiert. Dieser Deckelpokal von 1746 könnte anlässlich des Dienstjubiläums eines Postmeisters entstanden sein, Gläser zu ähnlichen Ereignissen – wenn auch aus dem 19. Jahrhundert – sind überliefert (vgl. Potsdam Museum, Inv.-Nr. 80-347-GL, publiziert im Themenportal "Brandenburgisches Glas"). Damals war das Reichspost-Lehen noch im Besitz der Familie von Thurn und Taxis. Als Hersteller kommen die Glashütten in Zechlin, Tornow und Marienwalde infrage, in denen 1746 farblose Hohlgläser mit Schnitt veredelt wurden. [Verena Wasmuth]

Kleiner Deckel mit Spitzblattdekor

Deckel für einen Becher oder Pokal aus sehr reinem, etwas gelbstichigem, farblosem Glas, Abriss innen, Rand gekehlt, darüber ein Fries aus geblänkten Kugelungen, die gewölbte Schulterwandung ist zum Knaufansatz mit einem versenkten und mattierten Spitzblattfries verziert. Angesetzt ist ein kleiner Massivbaluster als Knauf, ebenfalls mit Spitzblattdekor. Formal ist dieser Deckel der Potsdamer Glashütte zuzuschreiben. Er weist die charakteristischsten Dekorelemente dieser Manufaktur auf, den Kugel- sowie den Spitzblattfries. Zeitlich lässt er sich in die Jahre 1710 bis 1730 einordnen (vgl. verwaister Deckel im Potsdam Museum, Inv.-Nr. AK-2018-18, publiziert im Themenportal "Brandenburgisches Glas" auf museum-digital.de; Keisch/Netzer, Herrliche Künste und Manufacturen, 2001, Kat. 171). [Verena Wasmuth]

Deckel für einen monumentalen Pokal

Deckel eines Pokals aus dickwandigem, farblosem Glas, geblänkte Perlborte am Rand, die ansteigende Schulter ist mit einem versenkten und mattierten Spitzblattfries dekoriert. Der angesetzte massive Balusterknauf ist sehr hoch und mit Wabenfacettierung sowie drei übereinanderliegenden Kränzen aus eingestochenen Luftblasen verziert. Formal datiert der qualitative Deckel in die Zeit um 1730 und ist der Potsdamer Manufaktur zuzuschreiben (Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 30.2+3, 31.1). Aufgrund seiner Maße ist davon auszugehen, dass er zu einem monumentalen Pokal mit einer Gesamthöhe von mindestens 45 cm gehört hat (vgl. Götzmann/Kaiser, Gläserne Welten, 2017, Kat. 61, S. 60, 126, 127). Das zugehörige Gefäß ist nicht dokumentiert. Seine Schaftgestaltung wird den Knauf des Deckels gespiegelt haben, der Spitzblattdekor dürfte am Fuß sowie am Kuppansatz zu finden sein. [Verena Wasmuth]

Großer Trichterpokal mit Kugel- und Olivenschliff

Kelch aus farblosem, etwas gelbstichigem Glas, schlierig, Abrissnarbe am Boden, angesetzter Massivbalusterschaft mit kleiner Luftblase, über einer Ringscheibe ist die trichterförmige Kuppa mit einem Kranz aus zwei versetzten, polierten Oliven verziert, der untere mit einem Rahmen aus mattierten Perlen, darüber ein Fries aus Vögeln und Blumen zwischen geblänkten Kugelungen, Mündungsrand verwärmt. Der Trichterpokal gehört zu einer Gruppe von formähnlichen Gläsern mit böhmisch anmutendem Dekor aus der Zeit vor 1700, die in der Literatur nach Brandenburg verortet wird (vgl. Poser, Berliner Becher, 2017; Fischer, Gläserne Pracht, 2011, Kat. 98, S. 83, Keisch/Netzer, Herrliche Künste und Manufacturen, 2001, Kat. 131, 133–136, 166–168; Rückert, Die Glassammlung, 1982, Bd. 2, Kat. 800–802, Taf. 245; Schmidt, Brandenburgischer Gläser, 1914, Taf. 4.2). Allein sechzehn Exemplare sind im Bestand der Stiftung Stadtmuseum Berlin vorhanden (publiziert im Themenportal "Brandenburgisches Glas" auf museum-digital.de). Nahezu identische Gläser wurden zeitgleich auch im Riesengebirge hergestellt (vgl. Wierzchucka/Kügler, Barockes Glas, 2016, Kat. 20, S. 46; Jentsch, Licht und Rausch, 2004, Abb. 27, S. 49; Brožová, Sklo v Praze, Ars Vitraria 9, 1989, S. 17). Eine zweifelsfreie Zuschreibung ist unmöglich. Karl-Heinz Poser hat für ihn den Begriff "Potsdamer Kelch" geprägt (Poser, Berliner Becher, 2017). Trifft die Potsdamer Herkunft zu, hat diese charakteristischen Trichterpokale wohl ein in Berlin ansässiger, böhmischer Glasschneider veredelt. Dass hingegen auch andere zeitgenössische Kreideglashütten in Brandenburg Glasschneider beschäftigten, ist dokumentiert. Ab 1654 bis in die 1670er Jahre waren in Marienwalde und Grimnitz drei Brüder Gampe aus Böhmen tätig. Die Standorte Pinnow bei Oranienburg und Zerpenschleuse bei Wandlitz haben der Potsdamer Hütte um 1690 Konkurrenz gemacht und könnten ebenso gut die Rohlinge zur Weiterveredlung beispielsweise nach Berlin geliefert haben (Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, S. 21, 35, 112). [Verena Wasmuth]

Großer schwerer Deckel

Deckel für einen großen Pokal oder Becher aus dickwandigem, farblosem Glas, am Rand gekehlt und eingezogen, innen mit Abrissnarbe. Der Rand ist mit einem Fries aus gekehlten Rundbogenfacetten dekoriert, die Schulter ziert ein Kranz aus Lorbeerzweigen. Der massive, übergroße Knauf ist komponiert aus einer starken Trommelscheibe und einem Baluster mit Schälschliff, oben eingezogen und als Abschlusskugel poliert. Die Knaufgestaltung ist für Arbeiten des Hofglasschneiders Gottfried Spiller (um 1663–1728) für die Zeit um 1700 dokumentiert und auch der Fries aus Rundbögen ist für Arbeiten der Potsdamer Glashütte aus dieser Zeit typisch (Keisch/Netzer, Herrliche Künste und Manufacturen, 2001, Kat. 136, 140, 149, 162; Berckenhagen, Berliner und märkische Gläser, 1956, Abb. 7, 10; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 6.2, 7.1+3, Taf. 13.1). Das zugehörige Gefäß ist nicht überliefert, es dürfte die Dekorelemente gespiegelt haben, also das des Knaufs am Schaft, das der Schulter am Fuß und den Schälfschliff am Rand an seiner Mündung. [Verena Wasmuth]

Mit Blütenranke dekorierter Deckel eines Pokals

Deckel eines Pokals oder Bechers aus farblosem Glas, kein Abriss, gebauchte Schulter, den Mündungsrand ziert eine mattierte Bordüre mit geblänkten Kugeln und Perlen, deren Ränder mit einem Kordelornament geschmückt sind. Die Schulter ist mit einem umlaufenden Kranz aus fein geschnittenem Rankwerk mit Blüten dekoriert. Angesetzt ist ein massiver Baluster als Knauf mit eingestochener Luftblase, der oben mit einem versenkten und mattierten Spitzblattdekor versehen ist. Der formale und stilistische Vergleich datiert diesen Deckel ins ausgehende 17. Jahrhundert, daher dürfte es sich um eine Arbeit aus der Werkstatt von Martin Winter (um 1640–1702) handeln (vgl. Franze, Der Hofglasschneider, 2017, Abb. 18a+b, 20a, 21, 22, 23c; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 5). Das zugehörige Gefäß ist Verlust. Es dürfte die Dekorelemente korrespondierend gespiegelt haben. [Verena Wasmuth]

Gläserner Deckel für einen großen Pokal

Deckel mit flacher Schulter und hohem Knauf aus farblosem Glas, innen mit Abrissnarbe und Resten eines Etiketts, die Deckelwandung ist umlaufend mit einem mattgeschnittenen Dekor aus Blumenstauden und großen Bügelkronen verziert, dazwischen Blattwerk und Palmzweige. Der Knauf ist aus zwei Hohlbalustern zwischen Trommelscheiben komponiert, den unteren schmückt ein geblänkter Kugelfries, den oberen ein Kranz aus Palmzweigen. Der Knaufabschluss ist mit einer mattgeschnittenen Blüte dekoriert. Der zugehörige Pokal ist Kriegsverlust (Gesamthöhe 43 cm). Er war dekoriert mit den Brustbildern König Friedrichs I. (1657–1713), Königin Sophie Charlottes (1668–1705), des Kronprinzen Friedrich Wilhelm (1688–1740) und dessen Gemahlin Sophie Dorothea (1687–1757). Das Sujet datiert diesen Potsdamer Deckelpokal in die Zeit nach der Hochzeit des Kronprinzenpaares am 28. November 1706, nach den Tod der Königin aber noch vor den Tod des regierenden Königs Friedrich I. am 25. Februar 1713. [Verena Wasmuth]

Sechskantige Schraubflasche aus Rubinglas

Flasche mit sechs plangeschliffenen Seiten mit beschliffenen Ecken aus Rubinglas, der Boden ebenfalls plangeschliffen. Der silbervergoldete Schraubdeckel mit godroniertem Rand läßt sich nicht mehr öffnen. Weil man sich vom Goldrubinglas eine schützende oder heilende Wirkung erhoffte, wurden verschließbare Vier-, Acht- und Sechskantflaschen dieser Art in diversen Größen für medizinische Flüssigkeiten und Pulver verwendet. Mehrere Vergleichsstücke sind überliefert (vgl. Kerssenbrock-Krosigk, Rubinglas, 2001, Kat. 336–343, S. 234f.; Klesse/Mayr, Veredelte Gläser, 1987, Kat. 140). Die Potsdamer Glashütte stellte Kantflaschen ab 1679 bereits unter der Leitung von Johann Kunckel (um 1635–1703) her, sicherlich wurde der Typ aber auch nach seinem Weggang, 1693, weiterhin produziert. Diese Flasche stammt aus der Königlichen Kunstkammer, Berlin. [Verena Wasmuth]

Henkelbecher mit Wappen aus Rubinglas

Becher mit angesetzter Fußplatte und angesetztem Henkel aus dickwandigem Rubinglas, Boden mit Abriss, leicht hochgewölbt. Gegenüber dem Henkel ist die Wandung mit einem fein geschnittenen Wappen mit drei nach rechts steigenden Löwen vor überkreuzten Palmzweigen und unter einer Grafenkrone mit Lilie dekoriert, darunter ein mattiertes Spruchband: "in magnis voluisse sat est" (Es reicht, groß sein zu wollen). Oben auf dem Henkel befindet sich eine Bohrung für die Manschette einer Montierung. Der Mündungsrand ist verwärmt. Das Wappen erinnert an jenes des schottischen Clan Ross, doch eine Verbindung zum brandenburgisch-preußischen Hof ließ sich nicht rekonstruieren (Dank für weiterführende Hinweise). Die lateinische Devise stammt von Sextus Aurelius Propertius, genannt Properz (ca. 50 v. Chr. – vor 2 n. Chr.), Elegien II 10, 6. Der Becher stammt aus der Königlichen Kunstkammer, Berlin. Er datiert sehr wahrscheinlich in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts, als man Rubinglas, insbesondere dem Goldrubinglas, mythische Eigenschaften und heilende Kräfte zusprach. Diese gingen auf den Inhalt von Hohlgefäßen aus Rubinglas über, so dass der Trunk daraus Krankheiten und Feinde abwehren, vor Unglück schützen und Kraft, Mut und Tapferkeit verleihen sollte. Die für diesen Becher vorgesehene Montierung wurde wohl nie an den Henkel angepasst, da jeglicher Abrieb fehlt. [Verena Wasmuth]

Fußbecher aus Goldrubinglas

Pokal auf Hohlfuß aus dickwandigem, lebrig-schlierigem Goldrubinglas, Abriss am Boden, die hohe Wandung ist am Ansatz gebaucht, eingezogen und öffnet sich dann konkav, Mündungsrand verwärmt. Dieses Glas aus der Königlichen Kunstkammer bildete bereits Robert Schmidt 1914 in dem Band "Brandenburgische Gläser" mit dem Hinweis ab: "Farbe tiefrot, in der Aufsicht fast schwarz". Die für manches Goldrubinglas charakteristische "Lebrigkeit" ist ursächlich für diesen Effekt, der während des Herstellungsverfahrens bei zu starkem oder langem Erwärmen (Tempern) der Glasmasse auftreten kann. Die nahezu modern anmutende Formgebung dieses Glases mit seiner strengen Silhouette ist dem Umstand geschuldet, dass auf eine Veredlung des Rohlings durch Schliff und Schnitt verzichtet wurde. Vermutlich trat die lebrige Färbung bereits kurz nach seiner Herstellung auf und führte zu dieser Entscheidung. Pokale und Fußbecher mit ganz ähnlich geformter Kuppa aus farblosem Glas und mit einem solchen Dekor sind aus schlesischen Glashütten dokumentiert, teils noch aus den 1730er Jahren (Wierzchucka/Kügler, Barockes Glas, 2016; Zoedler, Schlesisches Glas, 1996; Hein, Kongelige Glas, 1995, Kat. 129, S. 316, 317). Nachdem Schmidt den Fußbecher publizierte, wurde er mehrfach kopiert: Eine Kleinserie ist beispielsweise am Boden mit dem Ätzstempel "Nachbildung 89" gekennzeichnet. Das Potsdam Museum hingegen besitzt ein Pendant aus der Zeit, ebenfalls lebrig (Inv. Nr. AK-2018-6), das in der Ständigen Ausstellung präsentiert wird. [Verena Wasmuth]

Deckelpokal aus Kupferrubinglas mit brandenburgisch-preußischem Wappen

Pokal aus Kupferrubinglas mit dazugehörigem Deckel. Auf dem ansteigenden Tellerfuß mit verwärmtem Saum ein vertiefter Rundbogenfries mit Goldstaffage, ebenso am Ansatz der becherförmigen Kuppa sowie auf der flachen Schulter des Deckels. Angesetzter massiver Schaft mit zwei zellenfacettierten Nodi unter und einer zellenfacettierten Ringscheibe über einem mit Akanthusfries geschnittenen Baluster. Auf der Kuppawandung in vergoldetem Tiefschnitt das brandenburgisch-preußische Wappen, wie es seit 1709 geführt wurde, in 36 Felder und drei Schilde geteilt sowie eingerahmt von einem Wappenmantel. Zwei „wilde Männer“ fungieren halbnackt und bärtig rechts und links als Schildhalter und Fahnenträger. Auf der Rückseite ein gegen die Sonne fliegender Adler mit der Devise „non soli cedit“ (Nicht [einmal] der Sonne weicht er), das Emblem Friedrich Wilhelms I. in goldkonturiertem Schnitt. Der Deckel mit hochaufgebautem Knauf aus facettierten Nodi und Baluster mit Vergoldung. Dieser Potsdamer Deckelpokal datiert in die Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. (1688–1740), vermutlich in die Zeit um 1730 (vgl. Deckelflöten im Bestand der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Inv.-Nrn. XIII 859–XIII 861; Pokal im Bestand der Stiftung Stadtmuseum Berlin, Inv.-Nr. II 94/113 A). Als Glasmaler in der Hütte am Hakendamm sind Johann Caspar Greinert, Johann Andreas Lauch, Martin Unger und ein gewisser "Kelling" deokumentiert, wobei Greinert als einziger dezidiert als "Goldmaler" bezeichnet wird (s. Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, S. 147f.). Die Glasmasse erscheint nahezu schwarz, charakteristisches Merkmals des Kupferrubinglases. Für diese Problematik fand der Alechmist und zwischen 1679 und 1692 Leiter der Potsdamer Glashütte Johann Kunckel eine Lösung: „Man muß auch in acht nehmen daß des Pulvers nicht zu viel genommen wird denn sonst würde das Glas schwartz werden; da es doch nicht dick sondern durchsichtig oder dunckelgelb an der Farb sein solle. Wenn nun diese Farb erscheinet so ist es recht und nimbt man alsdenn ungefehr 1½. Loth des rothen Kupffers welches nach Inhalt des 24. Capitels gecalciniret und wohl zerrieben sey werden; solches setzet man zu dem obigen Glas und vermischets zum öfftern: wenn nun solches zum 3.ten oder 4.ten mahl geschehen ist/ so wird eine Blutrothe-Farb erscheinen. … dergleichen ich öffters gemachet habe" (Kunckel, Ars vitraria, 1679, 58. Kap., S. 95 und 17. Kap., S. 28; Spiegl, Johann Kunckel, 1988, S. 2819). Der Veredler des Glases verstand die Materialbeschaffenheit als Vorteil: Durch das Zusammenspiel von glänzender Goldauflage und dem sehr dunklen Kupferrubinglas treten die Machtinsignien effektvoll hervor. [Verena Wasmuth]

Koppchen aus Rubinglas mit Schnittdekor

Henkellose Tasse aus dickwandigem, blaustichigem Rubinglas, vermutlich Goldrubinglas, Abrissnarbe am etwas eingedrückten Boden. Die konvex ansteigende und zum Rand hin leicht ausschwingende Wandung ist in Tiefschnitt mit einer umlaufenden Flusslandschaft dekoriert, darin eine Burg auf einem Felsen, eine Siedlung sowie ein Boot mit einem Mann, Mündungsrand verwärmt. Die fortgeschrittene Glaskrankheit macht die Oberfläche spröde und die Schlieren in der Glasmasse sichtbar. Derartige Koppchen sind Vorgänger der erst ab Mitte des 18. Jahrhunderts aufkommenden Tassen mit angefügten Henkeln. Aus Rubinglas sind nur wenige Koppchen und dazugehörige Unterschalen mit Schnittdekor überliefert, häufiger sind Exemplare ohne Dekor, allein im Bestand der Stiftung Stadtmuseum Berlin insgesamt fünf Stück (Inv. Nr. II 62/528 a,b A sowie Inv. Nrn. SM 2017-00841 a,b und SM 2017-00848 a,b; vgl. auch Poser, Koppchen, 2006; Kerssenbrock-Krosigk, Rubinglas, 2001, S. 219f. und 242f.; Klesse/Saldern, 500 Jahre Glaskunst, 1978, Kat. 103, S. 165). Zugehörig ist ein Pendant im Museumsbestand (Inv.-Nr. O-1957,22). [Verena Wasmuth]

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