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Städtische Museen Zittau Zittauer Epitaphienschatz [23392]
Emporentafel Bartholomäus Kühnel (Städtische Museen Zittau RR-R)
Herkunft/Rechte: Städtische Museen Zittau / Jürgen Matschie (RR-R)
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Emporentafel Bartholomäus Kühnel

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Beschreibung

Darstellung/Ikonographie: Das Epitaph für Bartholomäus und Barbara Kühnel setzt die Reihe ähnlicher Emporenbilder fort, die nach 1655 in der Zittauer Frauenkirche angebracht wurden. Da Aufbau und Gestaltung den anderen Emporenbildern gleichen, ist eine Datierung auf 1696, wie die Inschrift mit den Todesdatum nahelegen könnte, unwahrscheinlich. Laut der verlorenen Memorialinschrift, die offenbar später durch die heute noch vorhandene ersetzt wurde und die nur durch Dörings Abschrift überliefert ist, ist bekannt, dass das Epitaph am 4. Juni 1661 aufgerichtet wurde. Wortlaut nach Döring 1, S. 230: Das Mittelbild ist von einer geschnitzten Rahmung mit eingezogenen Ecken umgeben. Das breite, rechteckige Hauptbild zeigt einen Sünder auf dem Sterbebett, umgeben von Allegorien. Die symbolische Darstellung gliedert sich in eine ältere, vorreformatorische Bildtradition ein. Die Einzelszenen und die beigefügten Inschriften verdeutlichen, dass die Erlösung auch Menschen zuteil werden kann, die gesündigt haben. Tod („Todt“) und Teufel („Satan“) versuchen den Sünder in den Höllenrachen zu entführen. Doch an einer Waage wird gezeigt, dass das Kreuz Christi („Leiden Christi“) schwerer wiegt als alle Sünden der Welt (als Weltkugel bzw. Reichsapfel gezeigt). Dem Sterbenden stehen die Allegorien Glaube, Liebe, Hoffnung und Geduld bei, ferner der König David und einer der Schächer, mit denen Jesus gekreuzigt wurde. Alle diese Bilddetails sind beschriftet. Vor dem Höllenschlund steht ein Teufelswesen, das dem Sterbenden einen Spiegel mit der Aufschrift „Gewissen“ entgegenhält. Es weist ein aufgeschlagenes Buch mit den Worten „Sünde, Zorn, Ewige Verdamnis“ vor. In den Wolken erscheint Christus, umgeben von Engeln mit Arma Christi und den Evangelistensymbolen. Über dem Bild steht ein Spruch aus dem Matthäusevangelium (Mt 11,27). Die Inschrift wird durch einen Kranz geteilt, in dem sich eine Wappendarstellung befindet. Hier handelt es sich um das Wappen der Zittauer Kürschnerzunft, denn Bartholomäus Kühnel war Kürschner. Eine weitere Kommentierung des Hauptbilds nehmen die beiden Inschriften vor, die sich in den Schrifttafeln des oben angefügten Konsolbretts befinden. Links wird der Psalm 37 zitiert (Ps 37,25), rechts ist der bekannte Spruch aus dem Buch Hiob zu lesen, der die leibliche Auferstehung der Toten bezeugt (Hiob 19,25–27). Er wurde wiederholt auf Epitaphen und Grabdenkmälern zitiert. Am äußeren Rand der Mitteltafel sind in gesonderten Rahmen Bartholomäus und Barbara Kühnel abgebildet. Sie knien in perspektivisch gestalteten Räumen mit fluchtenden Fliesenfußböden. Wie bei den anderen Emporenbildern dieser Serie wird der Raum nach oben durch einen gemalten Vorhang begrenzt. Da die Ehe kinderlos geblieben war, sind keine Söhne und Töchter abgebildet. Unten ist dem Emporenbild ein zweites Konsolbrett angefügt. Die Inschrift erinnert an Bartholomäus Kühnel und verweist darauf, dass er 1696 starb. Demzufolge wurde das Konsolbrett erst 1696 angefügt. Nur in der verlorenen Inschrift war zu lesen, dass die Ehefrau Barbara, geborene Kern, 1682 gestorben war. Danach heiratete Bartholomäus Kühnel Anna Dorothea Wagner. Aus der Ehe gingen ein Sohn und zwei Töchter hervor. Die zweite Ehefrau heiratete nach dem Tod ihres Mannes den Zittauer Bürger Georg Christopher. Die erhaltene Memorialinschrift verweist auf den „Leychenstein“. Dieser Grabstein befand sich auf dem Friedhof der Frauenkirche „an der Mauer des Pfeffergrabenß hinter der großen Linde“. Der nicht mehr erhaltene Grabstein war nach dem Tod der ersten Ehefrau, aber vor Kühnels Tod aufgestellt worden, da die Todesdaten des Ehemannes und der zweiten Ehefrau fehlen und offenbar nie nachgetragen wurden. Döring (S. 277) überliefert die Inschrift auf dem Grabstein wie folgt: „Allhier ruht Tit(ulus) Mei?t(er) Barthol(omäus) Kühnel, Bürger und Kir?chner, auch der löbl(ichen) Zunft Elte?ter, welcher gebohren A(nn)o 1621 den 21 Aug(usti). Heyrathete 1. J(ung)fr(au) Barbara Kernin A(nno) 1653. den 9. Jun(ii). Lebte mit Ihr in der Ehe 29 Jahr. Jedoch ohne Leibes Erben. Fr(au) Barbara geb(orene) Kernin, welche A(nn)o 1612 den 11. No(embris) gebohren, Heyrathete A(nno) 1653 den 9. Jul(ii) Mei?t(er) Barth(olomäus) Kühneln, Bürgern und Kir?chnern, Lebte mit Ihm in der Ehe 29 Jahr, doch ohne Leibes Erben. Starb ?elig A(nn)o 1682. den 11 Mart(ii) Ihres Alterß 69 Jahr 17 Wochen 3 Tage. Deren Seelen Gott gnade.“ Döring übermittelt ferner die Bibelstellen der Leichenpredigten für den Ehemann und seine erste Ehefrau (Phil 1, Ps 27), die offenbar auf dem Grabstein verzeichnet waren, sowie folgende gereimte Dichtung: „Ade Zu gutter Nacht: Mein Schatz ich muß nun ?cheiden, Und Dich Geliebte?ter mit Wiederwillen meiden, Jedoch was kräncket dich das süße?te Denckmahl. Ist über?tandener Harm. Ade! du Thränentahl. P?(alm) 116. Sei nun wieder zufrieden etc.“
Zur Person/Familie: Auch Bartholomäus Kühnel war Kürschner und besaß den Bierhof in der Fleischergasse (Reichenbergerstraße 11). Der am 21. August 1621 geborene Bartholomäus Kühnel ist zugezogen und stammte gemäß Inschrift aus Gablenz im Meißnischen. In Sachsen gibt es allerdings mehrere Orte mit dem Namen Gablenz. Sein Vater unterrichtete eventuell am Zittauer Gymnasium. Kühnel starb am 15. Januar 1696.
Kommentar: Das Epitaph gibt sich durch die Formen des Dekors im Ohrmuschel- bzw. Knorpelstil und der schwarzgoldenen Fassung als Werk des George Bahns zu erkennen. Die Malerei schuf, wie auch die der anderen zugehörigen Epitaphien, vermutlich Friedrich Kremsier. Hinsichtlich seiner mit zahlreichen Allegorien und Details angereicherten Ikonographie steht das Werk isoliert im Zittauer Bestand. Die akkurate Beschriftung der zahlreichen Einzelheiten, die geradezu eine didaktische Bestimmung suggeriert, erinnert an das etwas ältere Epitaph für Matthes Lange, wo besonders die Laster in der Höllendarstellung bezeichnet sind. Die Malerei ist von beachtlicher Qualität, besonders hervorzuheben sind die malerischen Lichteffekte mit der fast gleißenden Erscheinung Jesu und apokalyptischen Symbolen im Himmel und der feurig-düsteren Höllenszenerie mit den vom Höllenfeuer verschlungenen Verdammten. Dynamisch und räumlich gekonnt sind auch die Personendarstellungen, hervorzuheben ist dabei der energisch ausschreitende Erzengel Micheal. Eine Vorlage für die vielfältige Komposition konnte bisher nicht festgestellt werden.

Material/Technik

Holz mit farbiger Fassung / Blattmetallziertechniken: Vergoldung Ziertechniken Malerei: schwarze monochrome Fläche

Maße

Länge
74 cm
Breite
113 cm
Höhe
7 cm

Literatur

  • Knüvener, Peter (Hrsg.) (2018): Epitaphien, Netzwerke, Reformation : Zittau und die Oberlausitz im konfessionellen Zeitalter. Görlitz, Seite 477ff
Städtische Museen Zittau

Objekt aus: Städtische Museen Zittau

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