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Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir Biedermeier – zwischen Restauration, Hambacher Fest und Vormärz [2013/0068/06]
https://rlp.museum-digital.de/data/rlp/resources/documents/202111/17141934408.pdf (Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir CC BY-NC-SA)
Provenance/Rights: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir (CC BY-NC-SA)
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"Tags-Neuigkeiten No. 10; 3. August 1833

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Description

Bröschüre / Zeitung: "Tags-Neuigkeiten No. 10 während den Verhandlungen in der politischen Untersuchung vor dem Assisengerichte in Landau." Landau 3. August 1833, 4 Seiten.

In den "Tags-Neuigkeiten" wurde beinahe "tagesaktuell" über die Schwurgerichtsverhandlungen gegen die Hauptakteure des Hambacher Festes 1832 am Assisenhof in Landau 1833 berichtet.

Schluss der Assisensitzung vom 1. August. Befragung des Gefängniswärters Wener aus Zweibrücken, der aussagt, dass alle Gefangenen bis auf Eifler "ruhig gewesen" seien. Daraufhin beklagen Eifler, Siebenpfeiffer u.a. die schlechten Haftbedingungen in Zweibrücken.
Zeuge Rink (Polizeikommissär in Worms), der auf Unruhen in Worms vom 26. bis zum 28. Mai 1832 angesprochen, aussagt, dass diese wegen hoher "Fruchtpreise" (haupts. die Brotpreise!) ausgebrochen waren und nicht aufgrund einer Aufwiegelung durch die Reden des Hambacher Festes.
Prokurator/Staatsanwalt rechtfertigt diese Befragungen als Möglichkeit den Geschworenen die "Wirkung der Hambacher Grundsätze" aufzuzeigen.
Aber in den Aussagen von Rink u.a. aus Worms kommt klar zum Ausdruck, dass der "dortige Hunger" Schuld an den Ereignissen war.

Sitzung 2. August
Fortsetzung der Zeugenvernehmung. Polizeikommissär Wille aus Frankenthal wird über Ausschreitungen bzw. "Magazinplünderungen" am 29. Mai 1832 befragt. Auch er kann einen Zusammenhang mit dem Hambacher Fest nicht bestätigen.
Zeuge Bürgermeister Gieß aus Freinsheim sieht dortige Unruhen in Verbindung mit "Hambach".
Der Ex-Bürgermeister von Eschbach Günther berichte über Unruhen vorort, die allerdings damit zusammenhingen, dass die Bürger den Bürgermeister und den Feldschützen aufgrund von Korruptionsvorwürfen etc. absetzen wollten. Dabei wurde ein Bürger, der als "Siebenpfeiffer second" bezeichnet wurde vom Schwager des Bürgermeisters getötet!
Ex-Bürgermeister Hoffmann aus Wollmesheim sieht das Aufstellen eines Freiheitsbaums als direkte Folge des Hambacher Festes. Anwalt Golsen legt Papiere vor, die belegen, dass sogar ein "Special-Kommissär" wegen der Misswirtschaft dieses Bürgermeisters nach Wollmesheim gesandt wurde.
Der Ex-Bürgermeister Hund aus Kirrweiler bemerkt, dass er Rückkehrern von Hambach eine Fahne abgenommen habe, aber von den Farben derselben wisse er nichts! Es werden Belege angeführt, dass Hund einer Amtsenthebung mit einem Rücktritt zuvorkam. Siebenpfeiifer und Hochdörfer kommentieren, dass sie es sich zur Ehre anrechnen, die "kleine Kirrweilerer Revolution" bewirkt zu haben.
Weitere Zeugen berichten vom Aufstellen von Freiheitsbäumen ohne direkten Zusammenhang mit dem Hambacher Fest.

Material/Technique

Papier, weiß; schwarz * bedruckt

Measurements

Breite/Länge: 23,5 cm; Höhe: 21 cm; Tiefe: 0,5 cm

Transcript

Original: Deutsch

Tags - Neuigkeiten, während den Verhandlungen in der politischen Untersuchung vor dem Assisengerichte in Landau. Nro 10. Landau, den 3. August 1833. (Beschluß der Assisensitzung vom 1. August.) Gefängniswärter Werner zu Zweibrücken. Die Angeklagten seyen bei ihm immer ruhig gewesen, aber namentlich Eisler habe mehrmal Streit mit der Wache gehabt. Hr. Eisler. Ungerne rede ich von der Zeit die in meiner und meiner Freunde Brust noch bei dem bloßen Gedanken Schauder erregt. — Er schildert nun den schlechten Zustand des Gefängnisses in Zweibrücken selbst, und geht sodann auf die von den Soldaten vielfach erlittenen Mißhandlungen über; daß ihm und seinen Freunden zu wiederholtenmalen gedroht worden sey sie niederzuschießen, wenn sie sich nicht vom Fenster zurückzögen, daß aber alle darüber geführten Klagen unbeachtet geblieben seyen. Hr. Dr. Siebenpfeiffer: Ich habe mich im Gefängnisse zahm benommen, wie eine Taube — die sich in den Krallen des Habichts befindet. — Es folgen nun die Beschwerden der übrigen Angeklagten über das Gefängniß zu Zweibrücken. Unter andern sagte Hr. Dr. Siebenpfeiffer, indem er über sein äusserst schlechtes Zimmer im Zweibrücker Arresthause klagte, daß er einmal 20 Mäuse darin gefangen, und sie dem Gefängniswärter gebracht habe, welches der als Zeuge eben abgehörte Gefängnißwärter bestätigte. (Diese Beschwerden der Angeklagten erregten die größte Sensation ) Polizeikommissär Rink zu Worms. Erzählt die Vorfälle zu Worms am 26, 27. und 28 Mai v. J., bemerkt aber, nicht die Ueberzeugung zu haben, daß selbige eine Folge der zu Hambach gehaltenen Reden seyen, und glaubt vielmehr die Ursache in den damals sehr hohen Frachtpreisen zu finden. Hr. Anwalt Golsen. Da die Anklage blos auf Provokation zum Umsturze der Staatsregierung, die jedoch ohne Erfolg geblieben ist, geht, so erhellt nicht warum man so viele hieher nicht gehörte Thatsachen ausführe. Hr. General-Prokurator. Blos zur weitern Erklärung und Erläuterung für die Herrn Geschwornen, habe man diese Zeugen vorladen lassen, um die Wirkung der Hambacher Grundsätze darzuthun. Hr. Culmann sen. Der Zeuge sagt nicht, daß die Hambacher Grundsätze an den Wormser Unruhen Schuld waren, sondern der dortige Hunger. Hr. Ansbach, Polizeiwachtmeister, und Hr. Kaiser Handelsmann zu Worms, sind in ihrer Deposition dem vorigen Zeugen ziemlich gleich. Hr. Anwalt Mahla: bittet den Zeugen zu fragen an welchem Tage die Unruhen in Worms statt gehabt, und ob die Leute, die von dort nach Hambach gegangen, wieder zur Zeit der Unruhen zurück gewesen seyen. Zeuge: er wisse das nicht. Hr. Mahla. Es scheine ihm unmöglich, daß in so kurzer Zeit die Besucher des Hambacher Festes nach Worms zurückgekommen seyen. Hr. Peter Binder, Gutsbesitzer und vormaliger Adjunkt zu Worms. Der Lärm sey in Folge der allzuhohen Brodpreise entstanden ; er scheine aber keineswegs mit Hambach im Zusammenhange zu seyn. Sitzung vom 2. August 1833. (Fortsetzung des Zeugenverhörs.) Hr. Wille, Polizeikommissär zu Frankenthal. Zeuge, auf den Antrag Hrn. Beckers gefragt, ob nicht schon vor dem Hambacher Fest Taglöhner sich zusammengerottet, um den fremden Taglöhnern den Eintritt in die Stadt zu erwehren; bejaht dieses. Zeuge deponirt nun über die Vorfälle in Frankenthal am 29. Mai 1832, bemerkt aber, daß er von der allgemeinen Stimmung nach dem Hambacher Feste nichts zu sagen wisse, daß die Volksmenge das Magazin stürmen wollte, aber daran verhindert worden. Hr. Becker bemerkt dabei, es sey gut, daß das Jahr 1817 vor dem Jahr 1831 war, sonst hätten sie es vielleicht auch verantworten müssen. Hr. Anwalt Culmann, jun., geht in das Detail der Sache ein, und schließt damit, indem er sagt: man habe nur die Exportation der Frucht verhindern, aber nicht plündern wollen. Hr. Anwalt Golsen. Gerade die, welche in Hambach waren, hielten die Ordnung aufrecht, und besonders die Mitglieder des Preßvereins. Hr. Dr. Siebenpfeiffer bemerkt dabei: Die Frankenthaler wollten auch einmal eine Mauth auf die Frucht anlegen. Hr. Bürgermeister Gieß zu Freinsheim. Erzählt die Unruhen, welche daselbst statt gefunden, und schreibt solche dem Hambacher Feste zu. Die übrigen Zeugen von Freinsheim beinahe dasselbe. Hr. Gensdarmerie-Brigadier Ziehl von Landau. Erzählt die bekannten Vorfälle zu Haardt, bei der Arrestation des Hrn. Dr. Siebenpfeiffer, daß er, Zeuge, so wie die Gensdarmen, Beleidigungen aller Art erfahren hätte, und daß man sogar die Sturmglocke angezogen habe. Dagegen bemerkt Hr. Anw. Culmann jun., daß es keine Sturmglocke gewesen, und daß, wenn auf der Haardt Wein gefüllt wird, man jedesmal die Weinglocke läute. Und dieses sey gerade der Fall gewesen. Ein anderer Zeuge, Joh. Werner, früher Gensdarme, jetzt Ackersmann, zu Freinsheim, macht beinahe dieselbe Aussage, und setzt noch hinzu, daß Bürger aus Neustadt die Ruhe wieder hergestellt haben, daß aber zur Zeit als geläutet wurde, kein Wein gefüllt worden sey. Hr. Günther, gewesener Bürgermeister zu Eschbach. Am 29. Mai v. J. in Folge des Hambacher Festes seyen die Bewohner zusammengetreten und haben erklärt: sie müßten einen andern Bürgermeister und Feldschützen haben, und sie suchten Gerechtigkeit, es sey auch ein Mann in der Gemeinde dabei erschlagen worden. Pfr. Hochdörfer bemerkt, daß der Schwager des Deponenten jenen Mann erschlagen habe, und daß der Erschlagene in der Gemeinde den Spitznamen Siebenpfeiffers second gehabt habe. Hr. Hoffmann, gewesener Bürgermeister zu Wollmesheim Erzählt die Scenen bei der Auspflanzung des Freiheitsbaums daselbst, und daß vor dem Hambacher Feste alles ruhig in der Gemeinde gewesen sey. Diese Unruhen seyen also eine unmittelbare Folge dieses Festes gewesen. Hr. Anwalt Golsen: Zeuge ist einer von jenen Ortsvorständen, welche sich durch Bedrückung der Bürger, durch Verwahrlosung des Gemeinde-Interesses, Mißbrauch amtlicher Gewalt und Angriffe auf persönliche Freiheit ihre Absetzung zuzogen. Er habe immer sein Amt zum Vortheile seiner Weinwirthschaft mißbraucht. Schlägereien u. dgl. die in seiner Wirthschaft vorgefallen, stets zu verheimlichen gesucht; aber jede Zuwiderhandlung, die in andern Wirthshäusern geschehen, treu und pflichtgemäß constatirt. Derselbe ließt hierauf das auf den Bericht des v. k. Regierung nach Wolmesheim beordneten Specialcommissairs gegründete Absetzungs-Dekret vor, aus welchem Dekrete auch hervorgeht, daß die Klagen der Bewohner Wolmesheim, gegen den dortigen Feldschützen, ebenfalls gegründet waren. Hierauf deponirt Herr Hund, gewesener Bürgermeister zu Kirrweiler: Die Leute seien am 27. Mai von Hambach Abends zurückgekommen, hätten gesungen, und er habe ihnen ihre Fahne weggenommen. Er wisse aber nicht welche Farben selbe gehabt. Hr. Anwalt Mahla ließt mehrere Beschwerdepunkte gegen den Zeugen vor, die, wenn er nicht seine Entlassung als Bürgermeister gegeben, ihm selbe zugezogen hätten. Hr. Pfr. Hochdörfer: Hieraus erhellt, daß gerade durch die Unordnungen auf dem Hambacher Feste, in aller Unordnung alles zur besten Ordnung gekommen sey. Dieses beweisen die neuen Wahlen zu Wolmesheim und Kirrweiler. Hr. Dr. Siebenpfeiffer: Wenn die kleine Kirrweiler Revolution durch uns veranlaßt worden ist, so rechnen wir es uns zur Ehre. Mehrere Zeugen von Ludwigswinkel erklären, daß auch sie, ohne in Hambach gewesen zu seyn, einen Freiheitsbaum gesetzt, daß ausser zwei Ortsbürgern, alle, selbst Bürgermeister und Adjunkte Theil daran genommen haben. Ein Zeuge Linn, Leinweber aus Bechthofen, kann sich nicht mehr entsinnen, mit einem gewissen Boßlet, seit dieser ihn einen Stokrat genannt, eine Schlägerei gehabt zu haben, während ein anderer Zeuge zwar etwas von einer solchen Schlägerei sagt, die Linn gehabt, aber keine Veranlassung zu wissen vorgiebt. Um halb zwei Uhr wurde die Sitzung geschlossen. Vom 1. auf den 2. August waren über Nacht 120 Personen. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Carl Georges.

Literature

  • Dr. Britta Hallmann-Preuß, Georg Karl Rings, Dr. Fritz Schumann (2009): Johannes Fitz - genannt der Rote. Bad Dürkheim
  • Herausgeber Kulturministerium Rheinland-Pfalz (1982): Hambacher Fest 1832-1982. Neustadt an der Weinstraße
  • Hrsg. Kultusministerium Rheinland-Pfalz (1990): Hambacher Fest 1832 Freiheit und Einheit - Deutschland und Europa (Katalog zur Dauerausstellung). Neustadt an der Weinstraße
  • Kurt Baumann Hrsg. (1982): Das Hambacher Fest - 27. Mai - Männer und Ideen. Speyer
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1833
Landau in der Pfalz
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Landau in der Pfalz
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