museum-digitaldeutschland
STRG + Y
de
Potsdam Museum - Forum für Kunst und Geschichte Palast Barberini

Palast Barberini

Für NS-Oberbürgermeister Hans Friedrichs (1875-1962), durchdrungenen von epigonalen Ideen einer „Stadtpersönlichkeit“ Potsdams, bildete das pittoreske Nordufer der Alten Fahrt, auch „Klein Venedig“ genannt, ein Ärgernis – vor allem die verbaute Rückseite des Palastes Barberini störte ihn. Er beauftragte den Stadtarchitekten Mohr mit einer Neufassung. Auf seinen bis zur Olympiade 1936 verwirklichten Entwurf mit Pergolen und Wassertreppe bezieht sich auch die heutige Gestaltung an dieser Stelle.

[ 5 Objekte ]

Entwurf zum Umbau der Hofseite des Palastes Barberini

Der nach Vorbild des Palazzo Barberini in Rom entworfene und 1771/72 erbaute Palast, eigentlich ein bürgerliches Doppelwohnhaus, wurde bis 1849 nach Plänen von Ludwig Persius (1803-1945) rückwärtig durch zwei Seitenflügel erweitert. Zum Wasser hin entstanden vor den Stirnseiten zwei Nebengebäude für Stallungen und Aborte. 1912 erwarb die Stadt den Palast und noch während des 1. Weltkriegs verlagerte sie dorthin einen Teil ihrer Verwaltungs- und Kultureinrichtungen, darunter das Standesamt, das Lebensmittelamt sowie die Stadt- und Volksbücherei. Reinhold Mohr war seit 1915 trotz Militärdienst mit der Planung für einen Umbau des Palastes befasst; dazu gehörte auch die teilweise Überbauung des Hofes mit einem Saaltrakt. Kriegsbedingt kam dieses Projekt jedoch zum Erliegen. Unter dem seit 1934 amtierenden NS-Oberbürgermeister Hans Friedrichs (1875-1962) und dessen persönlichen Vorstellungen von einer „Bereinigung“ des Stadtbildes, rückte dann vor allem die Wasserseite des Palastes in den Fokus der architektonischen Gestaltung. [Thomas Sander] Blattangaben: u.l.: Variante zur Umgestaltung der Hinterfront Palast Barberini.; u.r.: M. 4./6. 35 / ges. Fr. 4/6.

Entwurf zum Umbau der Hofseite des Palastes Barberini

Die zur Alten Fahrt gerichtete Hofseite vom Palast Barberini bot Anfang der 1930er Jahre einen unerfreulichen Anblick. Vor die Schmalseiten der Flügelbauten schoben sich zwei etwas heruntergekommene Nebengebäude, von denen das südliche einen Eiskeller und das nördliche eine Waschküche aufnahm. Am nördlichen Nebenbau hatten die Betreiber des Hotels „Königstadt“ zudem eine Loggia mit massiven Stützpfeilern und einem Glasdach direkt über der Alten Fahrt errichtet. Das alles gedachte Oberbürgermeister Friedrichs abreißen und durch eine monumentale Freitreppe ersetzen zu lassen. Bereits im Dezember 1934 verfasste Stadtarchitekt Mohr einen Angebotstext und zwei Monate später präsentierte er eine erste Kalkulation in Höhe von 55.000 RM. Während über die Freitreppe nie Zweifel bestanden, galt dies nicht für den Abschluss des Hofes zum Wasser: Sollte derselbe durch eine Pergola geschlossen werden (vgl. AT-2016-296) oder war die ungehinderte Sicht auf die Freundschaftsinsel doch wichtiger? [Thomas Sander] Blattangaben: u.: Umgestaltung vom Palast Barberini hinten am Wasser. links Moldenhauer, rechts Hotel. Ausgeführt, einschließlich Haus Moldenhauer; u.r.: Mohr 11/35.

Gesamtansicht des Palastes Barberini von der Wasserseite aus

Im August 1935 berichtete die „Potsdamer Tageszeitung“ über Projekte der Städtischen Hochbauverwaltung, darunter die hofseitige Umgestaltung des Palastes Barberini: „Hier stand ein häßlicher Anbau, der den freien Durchblick zur Freundschaftsinsel sperrte und von der Langen Brücke her die Wirkung der mächtigen Flügelbauten (…) beeinträchtigte. Dieser Anbau ist beseitigt und eine große Sandsteintreppenanlage im Entstehen. Unser Potsdamer Stadtbild verschönt sich mehr und mehr, so daß im Olympischen Jahr 1936 ein Schmuckkästchen der Fremden aus aller Welt harrt.“ Die Wasserfront des Palastes entstand letztlich in der Version, die Mohr auf seinem Entwurf vom November 1935 (vgl. AT-1916-295) zeigt. Von Januar bis Oktober 1935 wurden sämtliche Maurer- und Werksteinarbeiten ausgeführt; und nachdem im Oktober auch die Form der Pergola endlich feststand, erfolgte ihre Ausführung im Frühjahr 1936. Bei den Terrakottaschalen im Albanischen Gitter handelte es sich um eine teure Sonderanfertigung. [Thomas Sander]

Nordflügel des Palastes Barberini

Das Foto bezeugt nicht nur ein interessantes Detail beim Umbau des Palastes Barberini, sondern zugleich auch die Machtfülle von General Friedrichs, die er in seiner Lieblingsrolle als unumschränkter (Bau)Herr der Stadt besaß. Wie Hitler in Berlin ließ er sich in Potsdam 1:1-Teilmodelle von Bauten errichten, um deren Wirkung in natura zu überprüfen. Bekannt ist dies u.a. für den 1938 vollendeten Neubau des Tiergesundheitsamtes in der Templiner Straße. In diesem Fall handelte es sich um das von der Stuckateurfirma Moldenhauer im April 1936 gelieferte 1:1-Modell eines Altans vor dem Kopfbau des Nordflügels. Das größtenteils aus Holz und Gips bestehende Modell war über zehn Meter breit und fast neun Meter hoch. Nachdem es ein halbes Jahr stand und Friedrichs nach eigener Aussage „Wochen und Monate“ mit sich gerungen habe, kam er endlich „in einem langsamen inneren Prozess von dem durch den Modellbau (…) sichtbar gemacht Plan“ wieder ab. Kosten dieses Ringens: 1.400 RM aus der Stadtkasse. [Thomas Sander]

Palast Barberini, Modell

Laut eigener Aussage habe er, General Friedrichs, lange mit sich „um die zukünftige Gestaltung der Wasserfront des Palastes Barberini gerungen“. Die 1936 fertiggestellte Version mit den von Mohr entworfenen Pergolen beiderseits der Treppe stellte ihn aber offensichtlich noch nicht zufrieden. Nachdem das 1:1-Modell der Fa. Moldenhauer (vgl. FS 9404) ihm klargemacht habe, dass Altane an den Enden der Seitenflügel keinen „überzeugenden Abschluß“ ergeben, glaubte er, „dass die Entscheidung nur beruhen kann auf einem Entweder – Oder“. Das „Entweder“ stand für eine die Flügel verbindende Kolonnade, deren Motiv der Hauptfront zu entnehmen sei, mithin so, wie es das Modell auf dem Foto zeigt. Die Ausführung konnte sich Friedrichs sowohl ein- als auch zweigeschossig vorstellen. „Oder“ bedeutete dagegen: „Weder die Versuchslösung (mit den Altanen, T.S.) noch die Kolonnade.“ Stattdessen schwebte ihm eine Absenkung des gesamten Hofes und der Ersatz der Freitreppe durch eine „Gartenterrasse“ vor. [Thomas Sander] Blattangaben: rs.: Modell vom Wasser aus gesehen / ausgeführt 1937, außer der Säulenreihe

[Stand der Information: ]