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Kulturhistorisches Museum Magdeburg Sammlung Alwine Arnold

Sammlung Alwine Arnold

Die Industriellengattin Alwine Arnold (1848 - 1907), Tochter des erfolgreichen Gründers und Fabrikanten Christian Friedrich Budenberg (1815 - 1883), schenkte 1905 der Stadt Magdeburg eine umfangreiche Sammlung von Kostüm- und Trachtenpuppen sowie Trachten in Originalgröße für das neu zu eröffnende Kaiser Friedrich Museum, heute Kulturhistorisches Museum Magdeburg. Die Textilsammlung des Museums verwahrt rund 120 Puppen, von denen 83 sicher oder mit großer Wahrscheinlichkeit der Schenkung Alwine Arnolds zugeordnet werden können. In der Menge der überlieferten Modellpuppen aus ihrer Entstehungszeit, verbunden mit der hohen kunsthandwerklichen Qualität der geschnitzten und gefassten Köpfe ist die Sammlung einzigartig.
Die Kostüm- und Trachtenpuppen bilden eine heute nicht mehr gültige Vorstellung des 19. Jahrhunderts von Kostümen und Trachten in ihrer jeweiligen Region und Zeit ab.
Während Alwine Arnold ihre Sammlung der Kostüm- und Trachtenpuppen und Trachtenkleider zusammenstellte, erlebten Trachten eine Renaissance und fanden sich erstmals als Ausstellungsstücke in Museen wieder. Insofern entsprach ihr Interesse an Trachten dem Zeitgeist und ist ihre Sammlung typisch für das Ausstellungswesen der Museen um 1900.

[ 10 Objekte ]

Trachtenpuppe in bäuerlicher Sonntags- und Kirchgangtracht

Die Modellpuppe zeigt eine Tracht wie sie um 1840 im Kreis Wolmirstedt getragen wurde. Merkmale der Bördetracht sind die Schnabelhaube mit besticktem Haubenboden, der "Tausendfaltenrock", den mehrere Unterröcke übereinander aufpolstern. Das Prunkstück der Tracht ist das bunt bestickte Schultertuch mit floralen Motiven. Die Trachtenpuppe bildet mit der männlichen Künstlerpuppe unter der Signatur Pu 8 ein Paar.

Männliche bäuerliche Sonntags- und Kirchgangtracht aus dem Kreis Wolmirstedt

Typisch für den Bördebauern ist laut Literatur um 1900 die rote Weste, die eine Handbreit über dem Hosenbund endet, um die Qualität des Leinenhemdes zu zeigen. Dazu wurden kalbs- oder wildlederne Hosen bis zu den Knien getragen und ein schwarzes Halstuch getragen. Der Kastorhut, ein Vorläufer des Zylinders, ist in seiner Form in Friedrich Hottenroth´s Deutsche Volkstrachten überliefert. Die Tracht wurde um 1840 getragen.

Rübenbauer oder Leinweber, Magdeburg

Ein Sack mit Rübchen an der Hand der Puppe verweist auf den wohlhabenden Rübenbauer der Magdeburger Börde. Doch die Tracht erinnert auch an Leineweber, die in Magdeburg-Buckau über Jahrhunderte ansässig waren. Sie zogen über Land und verkauften ihre Tuche. Dabei schützte der Leineweberhut – ein flach gewölbter, breitkrempiger Filzhut – vor Wind und Wetter. Typisch sind zudem der lange Leinenmantel und die rote Leinenweste. Hose und Gamaschen der Puppe sind ebenfalls aus Leinen genäht.

Hallore Leichenträger, Halle an der Saale

Zu den Privilegien der Salzarbeiter in Halle zählt seit Jahrhunderten das Grabgeleit. Neben dem schwarzen Kittel (Mantel) und der schwarzen samtenen Kniebundhose trägt der Leichenträger eine Weste mit 18 Silberknöpfen. Zwar zählt die Weste der Puppe nur 10 Knöpfe, doch diese haben die typische Gravur und Kugelform mit dem Salzkristall-Dorn. Die Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Halle existiert heute als Brauchtumsverein. Ihre Mitglieder heißen Halloren.

Mönchguter Tracht von der Insel Rügen

Die Mönchguter Tracht gehörte zum Kanon der Trachtensammlungen um 1900. Am Mieder trägt die Puppe ein Medaillon mit Kreuz, Herz und Anker, das christliche Symbol der Seefahrt „Liebe, Glaube, Hoffnung“. Die schwarze Haube mit langen Bändern und geklöppelter Spitze ist typisch für die Insel. Vergleiche Kretschmer, Deutsche Volkstrachten, Tafel 8.

Modellpuppe in Mönchguter Tracht

Eine dicke, schwarze Wolljacke mit zwei Reihen Knöpfen, weite, flatternde Drillichhosen, unter welchen der Mönchguter noch eine enge trägt, und die gestreifte Wollweste mit silbernen Knöpfen sind typisch für die Tracht auf der Insel Rügen. Dazu wurden hellbraune Wollstrümpfe getragen, ein weißes, gefältetes Hemd mit weißem Halstuch, das von einem buntblumigen Kattunhalstuch bedeckt wird, und sonntags ein Filzzylinder. Zu der Puppe ist auch eine Fischermütze erhalten. Zusammen mit der Trachtenpuppe Pu 12 bildet sie ein Paar. Die Mönchsguter Tracht gehörte zum Kanon in Trachtensammlungen des 19. Jahrhunderts.

Mecklenburger Tracht, Fürstentum Ratzeburg

Auffällig ist das reich mit Silberfäden, Seidengarn und Pailletten bestickte und mit Spitze gesäumte Mieder. Die Textur wiederholt sich am Rocksaum. Der schwarze Wollrock reicht bis an die Knöchel. In die schwarze, am Saum grün eingefasste Seidenschürze sind Atlasstreifen eingewebt. Charakteristisch sind auch die langen Blusenärmel.

Tracht aus der Probstei, Schleswig-Holstein

Markante Details sind der rote Schoß des Rockes, der vorne durch die schwarze Schürze verdeckt wird, und das mit Perlen bestickte Band unter der Brust. Zur Tracht gehören zudem die weiten, weißen Leinenärmel und der geflochtene Haarkranz. Die auf dem Foto noch stark brüchige Seide konnte von einer Textilrestauratorin gesichert werden.

Frau eines Fischers von der Küste in Friesland, Schleswig-Holstein

Kleidung auf dem Land unterlag Anstand und Sitte, vorgegeben durch die Kirche. Weder die Taille wurde betont noch Dekolleté gezeigt. Daraus folgte, dass Frauentrachten mit Stoff überladen waren. Häufig bedeckten Tücher Hals und Brust.

Westfriesische Tracht der niederländischen Provinz Friesland

Der in Spiralen gelegte Metallschmuck an den Schläfen, die „Oorijzer“ (Ohreisen oder Ohrbügel) ist das Kennzeichen der friesischen Trachten. Ursprünglich ein einfacher Metallreif zum Befestigen von Hauben, entwickelte sich das Oorijzer zu einem Kopfschmuck der auch aus Gold oder Silber gearbeitet wurde. Vermutlich ging bei dieser Puppe eine Spitzenschürze verloren. Das verblichene Seidenkleid war ehemals rosafarben.

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