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Museum Berlin-Karlshorst Dauerausstellung Kapitel 8: Der Krieg im Osten und die deutsche Gesellschaft

Dauerausstellung Kapitel 8: Der Krieg im Osten und die deutsche Gesellschaft

Die deutsche Führung rechnete im Juni 1941 mit einem schnellen Sieg über die Sowjetunion. Sie rechtfertigte den Überfall als angebliche Notwehr und betrieb eine Hasspropaganda. Der Sieg blieb jedoch aus. Ab 1942 mussten Wirtschaft und Gesellschaft auf einen langandauernden Krieg umgestellt werden. Der Einsatz von Zwangsarbeitern wurde enorm ausgeweitet. In der deutschen Bevölkerung verbreiteten sich Informationen und Gerüchte über die deutschen Verbrechen. Nach der Niederlage von Stalingrad proklamierte die deutsche Führung den »Totalen Krieg« und schürte die Angst vor der Rache der Roten Armee. Die westlichen Alliierten verstärkten ihre Bombenangriffe auf deutsche Städte. Dennoch gelang es dem nationalsozialistischen Regime, den Durchhaltewillen der Bevölkerung bis zum Ende aufrechtzuerhalten.

[ 24 Objekte ]

Jacke eines sowjetischen Zwangsarbeiters mit »Ost«-Abzeichen, Deutsches reich,...

Arbeitskräfte aus der Sowjetunion wurden deutlich schlechter behandelt als Arbeiter aus anderen europäischen Ländern. Mit dem Aufnäher »Ost« gekennzeichnet, wurden sie in Arbeitskolonnen eingesetzt. Sie erhielten nur einen geringen Lohn. Für sie galten keine Arbeitsschutzbestimmungen. Ihr Alltag war von einem rigorosen Strafsystem, der Unterbringung in Lagern, mangelhafter medizinischer Versorgung und Hunger bestimmt.

Hetzschrift "Der Untermensch", Berlin, 1942

Die von Reichsführer SS, Heinrich Himmler, herausgegebene Broschüre zeigt rassistisch und antisemitisch kommentierte Fotos vom vermeintlichen "jüdisch-bolschewistischen Untermenschen".

Broschüre mit Goebbels‘ Rede im Sportpalast, Berlin, 1943

Die Rede des Reichspropagandaministers Dr. Goebbels im Berliner Sportpalast am 18. Februar 1943, "Nun, Volk, steh auf und Sturm brich los!“ wurde zur weiteren Verbreitung publiziert. Mit den titelgebenden Worten hatte er seine Rede im Sportpalast beendet. Der Satz war ein leicht verändertes Zitat aus dem 1813 veröffentlichten patriotischen Gedicht "Männer und Buben" von Theodor Körner, das sich auf die Befreiungskriege gegen Napoleon bezog.

Vorgefertigter Karton zur Aufbewahrung von Feldpostbriefen, 1940er Jahre

Während des Zweiten Weltkrieges wurden etwa zehn Milliarden Feldpostbriefe von der Front und aus den besetzten Gebieten an Angehörige oder Freunde nach Hause geschickt. Über Briefe aus der Sowjetunion, vor allem aber über Berichte von Heimaturlaubern, verbreiteten sich in der deutschen Gesellschaft auch Informationen und Gerüchte über die deutschen Verbrechen im Osten.

Propagandaplakat „Sieg oder Bolschewismus", Deutsches Reich, 1943

Das Plakat illustriert die weit verbreitete Durchhalteparole "Sieg oder Bolschewismus". 1943 schwenkte die deutsche Propaganda um. Lange Zeit hatte sie Erfolgs- und Siegesparolen verbreitet. Ab 1943 setzte eine Ängste schürende Kampagne ein. Sie drohte mit dem Untergang Deutschlands und Europas, sollte der Krieg nicht siegreich beendet werden.

Plakat mit einem Zitat von Joseph Goebbels, 1945

Ein Plakat mit einem Zitat des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda Goebbels "Alles kann in diesem Kriege möglich sein, nur nicht, dass wir jemals kapitulieren" aus dem Jahr 1945.

Plakat mit dem Aufruf zur Abgabe von Fellen für die Frontsoldaten, Deutsches...

Ein Plakat mit dem Text "Der Frontsoldat soll nicht frieren! Felle aller Art abliefern". In Erwartung eines schnellen Sieges hatte die Wehrmachtsführung den größten Teil ihrer Soldaten nicht mit Winterkleidung ausgerüstet. Im Winter 1941/42 wurden deshalb improvisierte Sammelaktionen gestartet. Unten rechts auf den Plakat gibt es ein Feld, wo der Aussteller den nächsten Annahmestelle von Schaf-, Ziegen-, Wild-, Hasen- und Kaninchenfellen eintragen kann.

Ausstellungsbroschüre „Das Sowjet-Paradies“, Berlin, 1942

Eine Propagandabroschüre zur Ausstellung der Reichspropagandaleitung der NSDAP. Die Ausstellung wurde am 9. Mai 1942 im Berliner Lustgarten eröffnet. Sie verleumdete das sowjetische Gesellschaftssystem und sollte den deutschen Anspruch auf Siedlungsraum rechtfertigen. In der Ausstellung waren auf neuntausend Quadratmetern Pavillons mit Fotos, Grafiken, Gemälden, erbeuteten Gegenständen und Waffen aufgebaut. Der Höhepunkt war die angeblich originalgetreue, in Wahrheit jedoch verfälschende Nachbau eines Stadtteils der heutigen weißrussischen Hauptstadt Minsk und eines Sowjetdorfes, in dem die Menschen in Erdlöchern hausten. Einige Fotos wurden mit Gefangenen aus dem KZ Sachsenhausen gestellt. Nach offiziellen Angaben besuchten 1,3 Millionen Menschen die Ausstellung. Die jüdisch-kommunistische Untergrundgruppe um Marianne und Herbert Baum unternahm am 18. Mai 1942 einen Brandanschlag auf diese Ausstellung. Obwohl bei dieser Aktion nur ein geringer Sachschaden entstanden war, wurden mindestens 33 Untergrundkämpfer hingerichtet. Am Tag zuvor hatte eine Gruppe um Harro Schulze-Boysen und Fritz Thiel etwa tausend Zettel mit der ironischen Aufschrift „Ständige Ausstellung / Das NAZI-PARADIES / Krieg Hunger Lüge Gestapo / Wie lange noch?“ in ganz Berlin verklebt. Mehrere Angehörige dieser Gruppe wurden wegen dieser Aktion umgebracht. Als Reaktion auf den Brandanschlag wurden am 27. Mai noch 500 Berliner Juden verhaftet und ins KZ Sachsenhausen gebracht. An den folgenden Tagen ließ Himmler dort als Rache für den Anschlag noch 250 jüdische Häftlinge ermorden.

Selbstgefertigtes Geschenk eines sowjetischen Zwangsarbeiters, Leibschl /...

Zwangsarbeiter wurden oft gedemütigt oder misshandelt. Selten erfuhren sie auch gute Behandlung, vor allem in Privathaushalten und auf Bauernhöfen. Mit der Schatulle bedankte sich ein sowjetischer Zwangsarbeiter bei Olga Buchholz und ihrer Tochter Christa, auf deren Hof er zur Ernte eingesetzt war. Die Familie bewahrte die Gaben sorgfältig auf und schenkte sie 2011 dem Museum.

Armbinde "Deutscher Volkssturm Wehrmacht", 1944/45

Da die Wehrmacht unzureichend Uniformen zur Verfügung stellen konnte, trugen viele Volkssturmangehörige provisorische Uniformen, wie die Uniformen der Reichsbahn, umgefärbte Partei- oder Hitlerjugend- Uniformen, alte Uniformen des Deutschen Heeres oder gewöhnliche zivile Anzüge. Nur die Armbinde mit der Aufschrift „Deutscher Volkssturm Wehrmacht“ machte seine Angehörigen als Kombattanten kenntlich, auch wenn sie in der Uniform der Hitlerjugend oder in Zivilkleidung kämpften.

Hinweisschild »Öffentlicher Luftschutzraum«, Deutsches Reich, 1940er Jahre

1943 weiteten die britischen und amerikanischen Luftstreitkräfte ihre Angriffe auf deutsche Städte massiv aus. Die Gesamtzahl der Opfer unter der deutschen Zivilbevölkerung wird auf bis zu 570.000 Menschen geschätzt. Eine große Zahl von osteuropäischen Zwangsarbeitern starb ebenfalls. Die deutsche Luftschutzraum-Ordnung vom 18. September 1942 untersagte sowjetischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern den Zugang zu den Luftschutzbunkern.

Trostbuch für Angehörige von Gefallenen, Deutsches Reich, 1941

„... und fielen vor dem Feinde und werden leben. Ein Trostbuch für alle, die um Gefallene trauern". Trostbücher sollten den Angehörigen bei ihrer Trauer helfen. Seit dem Überfall auf die Sowjetunion stiegen die deutschen Verlustzahlen rapide an. Bis Jahresende 1941 starben über 200 000, bis Mai 1945 3,6 Millionen Angehörige der Wehrmacht an der Ostfront.

Totenzettel für Walter Kraus, Deutsches Reich, 1942

Totenzettel mit den wichtigsten Lebensdaten eines Verstorbenen wurden in der katholischen Kirche im Rahmen der Totenmesse verteilt. Seit dem Überfall auf die Sowjetunion stiegen die deutschen Verlustzahlen rapide an. Bis Jahresende 1941 starben über 200.000, bis Mai 1945 3,6 Millionen Angehörige der Wehrmacht an der Ostfront.

Sonderausgabe des Reichsarbeitsblattes zu Einsatzbedingungen der Ostarbeiter,...

Arbeitskräfte aus der Sowjetunion wurden deutlich schlechter behandelt als Arbeiter aus anderen europäischen Ländern. Mit dem Aufnäher »Ost« gekennzeichnet, wurden sie in Arbeitskolonnen eingesetzt. Sie erhielten nur einen geringen Lohn. Für sie galten keine Arbeitsschutzbestimmungen. Ihr Alltag war von einem rigorosen Strafsystem, der Unterbringung in Lagern, mangelhafter medizinischer Versorgung und Hunger bestimmt.

Illustrierter Beobachter zum „Fanal von Stalingrad“, Berlin, 11. Februar 1943

Die Zeitschrift berichtet über die Schlacht bei Stalingrad, verschleiert aber die Niederlage der Wehrmacht. Auf der Titelseite werden drei Befehlshaber der Wehrmacht abgebildet: Generalfeldmarschall Paulus, Generaloberst Heitz und General der Infanterie Strecker.

Deutsch-Russisches Wörterbuch für metallverarbeitende Industriebetriebe,...

Für die Arbeit war eine sprachliche Verständigung unerlässlich. Seit 1943 erschienen deshalb Wörterbücher zu den verschiedenen Einsatzbereichen der sowjetischen Zwangsarbeiter*innen wie Bergbau, Landwirtschaft, chemische Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Verkehr, Handel und Hauswirtschaft. Persönliche Beziehungen außerhalb des Arbeitsverhältnisses waren streng verboten.

Hamburger Illustrierte, Hamburg, 2. November 1944

Unter der Schlagzeile "Das Volk steht auf" berichtet die Zeitschrift über den im September 1944 gebildeten "Volkssturm". Dieser sollte alle bisher nicht zum Militärdienst eingezogenen waffenfähigen Männer zwischen 16 und 60 Jahren für die Verteidigung mobilisieren. Der Volkssturm war vor allem für Bau- und Schanzarbeiten, Sicherungsaufgaben sowie zur Verteidigung von Ortschaften vorgesehen.

Ausweisdokument für ausländische Arbeiter, Deutsches Reich, 1943

Das "Arbeitsbuch für Ausländer" wurde vom Arbeitsamt für sogenannte Fremdarbeiter ausgestellt. Ab Ende 1941 gehörten zu diesen zunehmend auch sowjetische Zivilisten. Unternehmer, Behörden, Handwerker, Kaufleute, Bauern und Privathaushalte konnten bei den Arbeitsämtern ihren Arbeitskräftebedarf anmelden. Berufliche Fähigkeiten spielten bei der Zuteilung kaum eine Rolle. Dieses Arbeitsbuch gehörte Matrjona Parchomenko. Die aus dem Gebiet Charkow in der Ukraine stammende Frau musste seit Juli 1942 für den Berliner Scherl Verlag in der Buchbinderei arbeiten. Sie war im Zwangsarbeiterlager Lindenstraße in Berlin-Kreuzberg untergebracht. Im Dokument findet sich der Bleistiftvermerk "Selbstmord".

Personenkartei „Ausländische Arbeiter“, München, 1940-45

Die in der Kartei ausgeführten Zwangsarbeiter waren beim Reichsbahnausbesserungswerk München-Freimann eingesetzt. Die Mappe beinhält Passfotos von Zwangsarbeiter*innen verschiedener Nationalitäten und ethnischer Zugehörigkeit. Die Mehrheit stammte aus den besetzten sowjetischen Gebieten, hauptsächlich aus der Ukraine und Belarus, und aus Frankreich. Das Ausbesserungswerk (AW) Freimann der Deutschen Reichsbahn, der Deutschen Bundesbahn bzw. der Deutschen Bahn AG an der Lilienthalallee im Münchner Stadtteil Freimann bestand von 1925 bis 1995. Zuletzt wurden dort Elektrolokomotiven und die S-Bahn-Züge der Baureihe 420 instand gehalten. Obwohl die meisten Namen und Vornamen in der Mappe ukrainisch sind und obwohl da auch armenische, polnische u.a. andere Namen und Vornamen vorkommen, werden sie alle in der Mappe als "Zivil Russen" bezeichnet. Dies führte später in der deutschen Erinnerungskultur und im aktuellen Diskurs im Bezug auf die NS-Verbrechen in Deutschland dazu, dass man immer noch die gesamte Sowjetunion als "Russland" bezeichnet und daher über eine "historische Verantwortung" Deutschlands gegenüber den Russen spricht, obwohl die meisten Zwangsarbeiter*innen und NS-Opfer in Deutschland aus den besetzen Republiken der UdSSR - Ukraine und Belarus - stammten.

Selbstbefertigtes Geschenk eines sowjetischen Zwangsarbeiters, Leibschl,...

Zwangsarbeiter wurden oft gedemütigt oder misshandelt. Selten erfuhren sie auch gute Behandlung, vor allem in Privathaushalten und auf Bauernhöfen. Mit der Schatulle bedankte sich ein sowjetischer Zwangsarbeiter bei Olga Buchholz und ihrer Tochter Christa, auf deren Hof er zur Ernte eingesetzt war. Die Familie bewahrte die Gaben sorgfältig auf und schenkte sie 2011 dem Museum.

Volksempfänger, Deutsches Reich, nach 1933

Der Radioapparat war im Auftrag von Propagandaminister Goebbels entwickelt worden. Das erste Modell wurde im August 1933 in Berlin vorgestellt. Der Rundfunk war ein wichtiges Propagandamedium. Im Jahr 1943 gab es rund 16 Millionen gebührenpflichtige Rundfunkhörer.

12 Uhr Blatt der Berliner Zeitung, Berlin, 27. Oktober 1944

Die Zeitung titelt mit den Ereignissen von 21. Oktober 1944 im ostpreußischen Nemmersdorf (heute Majakowskoje, Kaliningrader Gebiet). Der Ort war als einer der ersten auf deutschen Boden von der Roten Armee eingenommen worden. Als die Wehrmacht ihn wenige Stunden später zurückeroberte, fand sie mindestens 23 erschossene Zivilisten vor, in der Mehrzahl Frauen und Kinder. Die Propaganda instrumentalisierte das "Massaker von Nemmersdorf" um den Durchhaltewillen der Bevölkerung zu stärken. Die Schlagzeile: "Bestialische Sowjet-Befehle: Genickschüsse in Ostpreußen. Flammender Haß den Mördern! Satans-Verbrechen an Arbeitern und Bauern. Männer, Frauen und Kinder im ostpreußischen Ort Nemmersdorf abgeschlachtet."

Ausweisdokument für ausländische Arbeiter, Deutsches Reich, 1943

Das "Arbeitsbuch für Ausländer" wurde vom Arbeitsamt für sogenannte Fremdarbeiter ausgestellt. Ab Ende 1941 gehörten zu diesen zunehmend auch sowjetische Zivilisten. Unternehmer, Behörden, Handwerker, Kaufleute, Bauern und Privathaushalte konnten bei den Arbeitsämtern ihren Arbeitskräftebedarf anmelden. Berufliche Fähigkeiten spielten bei der Zuteilung kaum eine Rolle.

Gasschutz für Kleinkinder, Deutsches Reich, 1939-1945

Ein "Gasjäckchen" mit Filtereinsatz, Blasebalg (mit Tragegurt) und Verbindungsschlauch. Luftschutzmaßnahmen waren bereits lange vor 1939 Teil der Kriegsvorbereitung. Aufgrund der Erfahrungen im Ersten Weltkrieg bereitete man sich auch auf den Einsatz von Giftgas vor. Dazu kam es nach 1939 allerdings nicht. Der Schutzanzug für Kleinkinder diente aber auch zur Abwehr von Staub und Hitze.

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