Die Lanzette wurde als Replik 1970-80 in Solingen für das damalige Hildener Heimat angefertigt. Der dünne Griff ist floralen Ornamenten im Stil des Spätbarock verziert. Die schmale, spitze Klinge ist typisch für Messer, die bei der Applikation eines Haarseils verwendet wurden.
Ein Haarseil (auch Eiterband oder lateinisch Setaceum genannt) wurde als Therapiemethode gegen Augenerkrankungen, Epilepsie und geistige Störungen angewendet. Dem Patienten wurde mit einer speziellen Zange ein Stück der Nackenhaut angehoben. Mithilfe einer Lanzette wurde die Nackenfalte durchstoßen und mit einer stumpfen Nadel eine Schnur aus Seide, Rosshaar oder Leinwand durchgezogen.
Dieses sogenannte Haarseil blieb so lange unter der Haut, bis sich Eiter bildete. Die Eiterung sollte die Ableitung und Ausscheidung krankmachender Säfte befördern, entsprechend der damals gängigen Humoralpathologie. Die Anwendung wird in Wilhelm Fabrys Observationen ausführlich beschrieben (40. Observatio, 1. Centuria).