Als nach der Niederlage Napoleons die Alliierten in Paris einzogen, wurden sie zu einem beliebten Thema für Karikaturisten. Bei Martinet erschien eine ganze Serie unter dem Titel "Armee der Alliierten". Sie bilden Klischees und Stereotype ab oder geben die Verwunderung der Franzosen über gewisse Eigenarten der Besatzer wieder. Die vorliegende Karikatur (Blatt 5 der Folge) stellt die "Disziplin des Militärs des Nordens" dar: Ein Preußischer Soldat wird geohrfeigt, ein russischer Soldat mit dem Stock geschlagen. Die Karikatur spielt jedoch nicht unbedingt auf eine generelle, sehr strenge militärische Disziplin (und entsprechend harte Bestrafungen) bei den Preußen und Russen an. Tatsächlich berichten Zeitungsartikel aus dem Jahr 1814, dass die Pariser Bevölkerung tagtäglich Zeugen von öffentlich durchgeführten Bestrafungen von Soldaten der Alliierten wurden. Besonders fiel die Brutalität und eine mit der Bestrafung bewusst verbundene Demütigung beim russischen Militär auf. Es wird beschrieben, wie junge Offiziere, alte, erfahrene Soldaten mit Stöcken und Knuten schlugen, was als besonders ehrverletzend betrachtet wurde. In gewisser Weise bewundert wurde andererseits die strenge Unterwerfung und Loyalität der Untergebenen unter ihre Vorgesetzten und mit welch stoischer Disziplin und ungerührter Miene die Soldaten ihre Bestrafungen ertrugen. Auch das vorliegende Blatt lässt einen Altersunterschied zwischen den jungen Vorgesetzten und den Soldaten erkennen, die bestraft werden. Erstere sind hier jedoch zudem wesentlich kleiner dargestellt und der preußische Offizier muss sogar auf einen Hocker steigen, um dem älteren Soldaten eine Ohrfeige zu geben. Es fragt sich also, wer hier tatsächlich gedemütigt wird. [Johanna Kätzel]