Vergleichsobjekte
Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Inv. Nr. V 119, Figurenuhr „Friedrich Schiller“, Paris um 1830
Stiftung Stadtmuseum Berlin, Inv. Nr. II 64/560 j, Johann Conrad Felsing, Kleine Reiseuhr, um 1850 (Uhrwerk um 1900)
Maße
Höhe 53 cm, Breite 54 cm, Tiefe 21 cm, Durchmesser 8,2 cm
Das runde Vollplatinenwerk kaufte Felsing von den Pariser Uhrwerke-Hersteller Japy Frères (Stempel auf der Rückplatine). Es besitzt ein Schlossscheibenschlagwerk mit Halbstundenschlag auf einer Glocke (an der Rückplatine befestigt), Pendelfeder, Clementhemmung, Feinregulierung auf XII Uhr im Lünettenrahmen, zwei Aufzugslöcher auf IIII und VIII Uhr. Das Zifferblatt besteht aus Alabaster mit ausgesägten, aufgelegten römischen Messingziffern und sehr feinen Zeigern mit Spitzen in Birnenform. Die Signatur auf dem Zifferblatt ist mit goldener Schrift ausgeführt. Auf der Rückplatine befinden sich außer dem runden Stempel „JAPY FRÈRES & CIE / G. MED. D’HONNEUR“ (darüber die Nummer 69) und einem ovalem Stempel: „(…) & CIE PARIS“, darunter die Nummer 319, mehrere eingekratzte Reparaturzeichen. Auf der Rückseite des vergoldeten Gehäusesockels ist der Stempel „4 PH. MOUREY 66“ zu erkennen. Ein Aufziehschlüssel mit gerändeltem Rand, auf einer Seite die Nummer „7“ und ein gravierter Vogel, hat sich erhalten.
Die Firma Japy Frères geht zurück auf den französischen Uhrmacher Frédéric Japy (1749-1812), der schon Ende der 1770er Jahre maschinell Rohwerke herstellen ließ. 1807 übernahmen seine Söhne den Betrieb und gründeten in Frankreich neue Fabriken für die Massenproduktion.
Der Berliner Uhrmacher Albert Felsing (1827-1901), der häufig Japy-Rohwerke bezog und mit ausländischen Uhren handelte, gab dieser eigentlich französischen Uhr den Namen seiner Firma. Möglicherweise hat er das Rohwerk von Japy noch weiter verarbeitet, bevor er es in das Gehäuse einsetzte.
Albert führte die Firma seines Vaters Johann Conrad Felsing ab 1851 unter dessen Namen weiter. Er war wie sein Vater Hofuhrmacher und stiftete die Turmuhr für die Kaiser Wilhelm-Gedächtniskirche. Albert Felsing erhielt den Kronenorden IV. Klasse, war Kommissionsrat und Konzessionär bei der Firma A. Lange & Söhne. Seine Uhrwerke bezog er außer von Japy u.a. auch aus der Schweiz von namhaften Firmen wie „Vacheron Constantin" oder „Patek Philippe". Die Genfer Manufaktur „Alex Hüning" kaufte dagegen häufig Uhrwerke bei Felsing ein, nachdem sie dort verfeinert wurden. Umgekehrt lieferte „Alex Hüning" Gehäuse nach Berlin – gemarkt mit "F&H" (Fiebiger & Hüning).
Das bekannte Geschäft Felsing in der Straße Unter den Linden 19-21 bestand unter diesem Namen bis 1938. Im Kunsthandel oder in Privatsammlungen tauchen noch oft Produkte der Firma auf, auch mit der Signatur „Felsing in Berlin“, darunter eine Tischuhr in äußerlich aufwendig wirkenden Gehäusen mit viel Rokoko-Zierrat, jedoch von minderer Qualität und mit einem Uhrwerk von Japy Frères in Paris, oder eine kleine Pendule im Boulle-Stil. Die Stiftung Stadtmuseum Berlin bewahrt ein weiteres Werk von Felsing, eine kleine Reiseuhr. Seltener zu finden sind dagegen solche Objekte wie der Schritt-Taktgeber bezeichnet mit „Conrad Felsing Berlin“, ein Metronom zur Bestimmung der Marschgeschwindigkeit beim Militär, in Taschenuhrform (Privatbesitz). (Marina de Fümel, Franka Görike, Silke Kiesant)