Die in Heliografie -Technik ausgeführte Druckgrafik basiert auf Gabriel von Max Gemälde "Die Auferweckung der Tochter des Jairus" aus dem Jahr 1878. Es war im 19. Jahrhundert durchaus üblich, Gemälde mit populären Motiven, teilweise mit veränderten Titeln, als kleinformatige religiöse Erbauungsbilder auf den Markt zu bringen. Hier wurde das Bild allgemeinverständlich gleich in "Christus als Arzt" umbenannt, mit dem Hinweis auf die entsprechende Bibelstelle "Ev. S. Marci V, 41". Die Auferweckung der Tochter des Jairus ist ein ergreifender, aber auch irritierender Text. Schließlich ist das junge Mädchen beim Eintreffen bereits verstorben. Während die Krankenheilung das gestörte Verhältnis zwischen Seele und Körper wieder herstellt, wirft die Wiedererweckung durchaus Fragen auf. Dient es Gottes Plan, wenn man die existenzielle Tatsache des Todes reversibel macht?
Diese Ambivalenz könnte der Erlöser gesehen haben, schließlich wies er bei seinem Abschied die Umstehenden an, das Wunder nicht an die große Glocke zu hängen. Die Vorstellung, dass Christus aus Mitgefühl gewissermaßen seine Kompetenzen vielleicht ein wenig überschritten hat, trägt gewiss zur Faszination der Geschichte bei. In von Max' Gemälde ist die Figur des Erlösers stark zurückgenommen. Er sitzt als dunkle Silhouette auf dem Bettrand, das Gesicht im verlorenen Profil. Das Interesse des Künstlers, ebenso wie das im Bild vorhandene Licht, konzentriert sich auf das Mädchen. Seine Figur schwebt geradezu auf einer Wolke differenziertester Weißtöne und entwickelt eine fast überirdische Schönheit. Umso verstörender wirken die sparsam dagegen gesetzten realistischen Elemente: die überzeugende Leichenblässe und die feiste Fliege, die sich bereits auf ihrem Unterarm niedergelassen hat. Diese Arbeit verbindet auf subtile Weise Symbolismus und Realismus und reflektiert die Vorliebe des Künstlers sowohl für Hypnose, Spiritismus und Somnambulismus als auch für Wissenschaft und Naturgeschichte.