Ganzkörperliche Schwarz-Weiß-Fotografie einer Person vor einem dunklen Vorhang. Die Person trägt einen langen dunklen Rock, eine weiße Bluse unter einer dunklen Jacke und einen hellen Hut mit Hutband auf dem Kopf. Der rechte Arm hängt am Körper herab, die Hand des linken hat sie unter ihrer Jacke verborgen. Sie wurde frontal fotografiert und blickt direkt in die Kamera.
Kontext:
Das Bild gehört zu einer Serie von mindestens vier Fotos.
Der Sexualwissenschaftler und Sexualreformer Magnus Hirschfeld beschreibt in seiner Publikation „Sexualpathologie, Teil 2“ den „Fall A. B.“ recht ausführlich. A. B. kann aus heutiger Sicht als trans* Person gelesen werden. A. B. bekam damals das Recht, Männerkleidung zu tragen und auch dem Antrag einer Änderung des Vornamens wurde stattgegeben. Es ist davon auszugehen, dass Hirschfeld in seiner Beschreibung ein Pseudonym verwendete (vgl. Hirschfeld: Sexualpathologie, Teil 2, S. 21ff.).
Ein Bild dieser Fotoserie von A. B. war Teil der Bilderwand „Sexuelle Zwischenstufen“, die vermutlich zum ersten Mal 1922 auf der „Hundertjahrfeier deutscher Naturforscher und Ärzte“ in Leipzig gezeigt wurde. Der Gründer des Instituts Magnus Hirschfeld wollte mit der Bilderwand seine um 1910 vorgelegte „Zwischenstufentheorie“ veranschaulichen und untermauern.
Sehr verkürzt gesagt, beschreibt das Konzept der Zwischenstufen die Tatsache, dass jedes Individuum sowohl „männlich“ als auch „weiblich“ ausgeprägte Eigenschaften vereint, die einen oder mehrere der vier Bereiche betreffen können: 1. die Geschlechtsorgane, 2. sonstigen körperlichen Eigenschaften, 3. den Geschlechtstrieb und/oder 4. sonstigen seelischen Eigenschaften.
Mit diesem Konzept verlagerte Hirschfeld bereits 1907 das biologisch-genitale Geschlecht hin zu einem, das u. a. auch auf der erlebten Identität beruhte. Damit ebnete die „Zwischenstufentheorie”, die „während der Institutszeit die wissenschaftliche Leitidee für die meisten Mitarbeiter“ blieb, den Weg für das Verständnis von sexueller Vielfalt und Variabilität. (vgl. Herrn, R. (2022): Der Liebe und dem Leid, Suhrkamp, S. 31). Einher ging damit auch eine Entpathologisierung und Entkriminalisierung des vermeintlich Abweichenden, von Menschen also, die außerhalb der gesellschaftlichen Norm standen.
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