Diese Lehrtafel für den anatomischen Unterricht an der Kunstakademie Düsseldorf stammt aus dem Nachlass von Josef Beuys. Hergestellt wurde sie 1890. Es handelt sich dabei um die detailgenaue Reproduktion einer gemalten Vorlage, die eigentlich für die medizinische Ausbildung gedacht war. Auf die anatomische Exaktheit und wissenschaftlichen Fachbegriffe der Vorlage wurde hier weitgehend verzichtet, zugunsten der für den Kunstunterricht vorteilhafteren Anschaulichkeit.
Die Zeichnung zeigt uns den Vergleich verschiedener Schädelformen. Oben steht die Frontalansicht des „Europäischen Langgesichts“ neben dem „Europäischen Kurzgesicht“. In der Mitte befindet sich der „halbskeletierte (sic) Kopf eines Negers“, über einer weiteren Gegenüberstellung des Europäischen Lang- und Kurzschädels, diesmal aus der Obersicht. Die Tafel ist monogrammiert mit „L.H.S“. Beuys Interesse an dieser Tafel ist wenig überraschend. Die Rückführung der wissenschaftlich exakten Vorlage ins „Handgemachte“ stellt allein schon einen künstlerischen Prozess dar.
Gleichzeitig offenbart sie eine prekäre Verbindung von Kunst und jener Wissenschaft, die Menschen anhand biologischer Merkmale sortierte. Kraniometrie und Phrenologie, sowenig diese Entwicklung von ihren Entdeckern beabsichtigt sein mochte, stellten das Ressentiment des bis dahin „nur" kulturell überlegenen Europäers auf eine wissenschaftliche biologische Grundlage. Diente diese Art der Klassifizierung im Kaiserreich noch zur Legitimation von Überlegenheit- und Herrschaftsansprüchen, lieferte sie später im Dritten Reich die Gebrauchsanweisung zu Selektion und Vernichtung.
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