Ãœber die Sammlung
Aufbau und Erschließung der archivischen Spezialsammlung erfolgten im Wesentlichen Anfang der 1990er-Jahre. In ihrem Kern geht die Sammlung auf die Überlieferungen der Bergbauunternehmen zurück, aus deren Akten Plakate, Aushänge etc. aus konservatorischen Gründen und zugunsten einer adäquaten Erschließung entnommen und zusammengefasst worden sind. Mit Hilfe eines eigens entwickelten EDV-Programms wurden die Plakate verzeichnet und die Daten zu jedem Einzeldokument erfasst. Darüber hinaus wurden etwa 95 % der Plakate so restauriert, dass sie für die Benutzung zur Verfügung stehen.
Eingang in die Sammlung fanden nicht nur Plakate im engeren Sinn, sondern auch Flugblätter, Flugschriften, Aushänge, Handzettel und Extrablätter. Die Gründe hierfür liegen in erster Linie in deren inhaltlichen Charakterisierung: Sie versuchen, in Bild und Text für Produkte, Veranstaltungen, Aktionen oder auch Ideen zu werben. Ob öffentlich ausgehängt wie Plakate und Anschläge oder von Hand zu Hand weitergereicht wie Flug- und Extrablätter, alle Dokumente fungieren im weitesten Sinn als publizistisches Mittel der Meinungsbildung und Propaganda. Unterscheidungen ergeben sich dagegen vor allem im Hinblick auf die jeweilige Erscheinungsform, d. h. die Formate oder die zentralen Gestaltungselemente. Plakate und Flugblätter appellieren an Gefühle oder wollen zu Handlungen bewegen. Gerade aus diesem Grund sind sie besonders geeignet, Stimmungslagen und Wertvorstellungen der am Bergbau beteiligten Menschen innerhalb bestimmter historischer Zeitabschnitte nachvollziehbar abzubilden.
Innerhalb der umfangreichen Sammlung bergbauhistorischer Plakate zeichnen sich thematische Schwerpunkte ab. Das Spektrum reicht von der Beratung und Werbung für das Produkt Steinkohle über Unfallverhütung, Freizeitgestaltung, Streiks und Arbeitskämpfe bis hin zur Kriegspropaganda. Plakate und Aushänge zur Freizeitgestaltung der Bergleute sind Ausdruck einer berufsspezifischen Freizeitkultur, die sich oftmals aus der engen Verbindung der Bergleute mit ihrer Arbeitswelt und dem daraus erwachsenen spezifischen Gruppenbewusstsein entwickelt haben. Von der Entstehung der Bergarbeiterbewegung legen die zahlreichen Protest- und Streikaufrufe ein beredtes Zeugnis ab. Wenn es darum ging, Geschlossenheit herzustellen und bergmännische Solidarität im Kampf für politische Ziele einzufordern, spielten öffentliche Aushänge und Flugblätter eine zentrale Rolle.
Eine Auswahl von 241 Objekten aus der Sammlung wurde seit 1995 im Deutschen Bergbau-Museum präsentiert. Dabei wurde der Versuch unternommen, durch dieses spezielle Medium Themen zu illustrieren, die für die Auseinandersetzung mit dem Bergbau und seiner Geschichte bis auf den heutigen Tag wichtig sind. Die Ausstellung, die zum 25-jährigen Bestehen des Bergbau-Archivs konzipiert und bei der Jahrestagung der Vereinigung deutscher Wirtschaftsarchivare in Bochum eröffnet wurde, stand unter dem Titel "Wer zahlt die Zeche? Plakate und Flugblätter aus dem Bergbau-Archiv Bochum". Zur Ausstellung ist 1995 ein von Evelyn Kroker herausgegebener Katalog unter gleichem Titel erschienen.
Noch Mitte der 1990er-Jahre sind die zunächst der Plakatsammlung zugeordneten Werbebroschüren wieder entnommen und der neu gebildeten Spezialsammlung BBA W zugeordnet worden. In den Jahren 2022-2023 sind im Rahmen eines Projektes zur umfassenden Revision und Digitalisierung rund 500 Plakate neu aufgenommen worden. Dabei handelte es sich zum einen um zuvor unbearbeitete Nachträge aus dem montan.dok/Bergbau-Archiv Bochum zum anderen um ein umfangreicheres Konvolut Bestände aus den montan.dok/Museale Sammlungen, die nun in die Spezialsammlung BBA P integriert worden sind. Inhaltlich ist die Sammlung dabei insbesondere durch Ankündigungsplakate bergbauspezifischer Ausstellungen und Veranstaltungen sowie durch Ausstellungs- und andere Plakate des Deutschen Bergbau-Museums Bochum ergänzt worden. Im Zuge der Überarbeitung der Sammlung ist auch die vormalige Klassifikation nach Objektnamen durch eine inhaltlich-thematische Gliederung abgelöst worden. Zudem wurde die bestehende Verzeichnung redaktionell bearbeitet und mit Objektnamen und Normdaten angereichert. Etwa 95 Prozent der Sammlung wurden digitalisiert. Aus rechtlichen Gründen ist etwa ein Drittel der Sammlung noch nicht online recherchierbar.
Dr. Anna-Magdalena Heide/Dr. Stefan Przigoda, Bochum, Juni 2023