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Landesmuseum Württemberg Württembergisches Landesgewerbemuseum in Stuttgart

Württembergisches Landesgewerbemuseum in Stuttgart

Vor 125 Jahren erhielt das Württembergische Landesgewerbemuseum in Stuttgart ein prachtvolles Gebäude, das heute das Haus der Wirtschaft Baden-Württemberg beherbergt. Dort wurde eine überregional ausgerichtete Sammlung zusammengetragen, bewahrt und ausgestellt, die als Vorbild für Industrie und Kunsthandwerk in Württemberg diente.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Sammlungsbestände des Landesgewerbemuseums nicht erneut der Öffentlichkeit in einer eigenen Institution präsentiert, sondern in den 1960er Jahren an die Staatlichen Museen Baden-Württembergs verteilt. Das Landesmuseum Württemberg, übernahm rund 40.000 Objekte des ehemaligen Landesgewerbemuseums, darunter die viel beachtete „Sammlung der Geschmacksverirrungen“.

Vom 1. Mai bis zum 31. Dezember 2021 fördert die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien (BKM) unter dem Titel „Zielgerichtete Digitalisierungsförderung bei Kultureinrichtungen aus dem Netzwerk der Deutschen Digitalen Bibliothek“ das Projekt „LGM online“, das sich der Erschließung und digitalen Präsentation von 4.000 Objekten aus dem ehemaligen Württembergischen Landesgewerbemuseum in Stuttgart widmet. Innerhalb des Projekts „LGM online“ werden ausgewählte Konvolute der ehemaligen Sammlung, insgesamt circa 4.000 Objekte, digital erfasst und veröffentlicht.

[ 131 Objekte ]

Sockeluhr

Ungewöhnlich ist an dieser Uhr nicht nur ihre Größe sondern auch die Gestaltung ihrer drei Seitenwände. Diese sind in Eisenätztechnik mit biblischen Themen verziert. Dargestellt sind links die Opferung Isaaks sowie der Sündenfall Adams und rechts der Kampf Davids mit Goliath sowie die Auferstehung Christi. Rückseitig verweist die Verspottung einer tagblinden Eule durch weitere Vögel auf die Verspottung Christi. Da die Technik der Eisenätzung besonders in Nürnberg gepflegt wurde, könnte die Uhr dort entstanden sein. Die Uhr trägt an der linken Seite die Signatur 1569 HW. Auf der vergoldeten Vorderseite zeigen fünf Zifferblätter die Stunden, Minuten, den Tagesregent sowie den Stand der Sonne im Tierkreis an.

Wandbehang "Fünf Schwäne"

Der "Schwanenteppich" ist der berühmteste der Wandbehänge, die zwischen 1896 und 1903 in der Kunstwebschule Scherrebek nach modernen Künstlerentwürfen entstanden. Er fand in etwa 100 Ausführungen Verbreitung und zählt heute zu den Hauptwerken des deutschen Jugendstils. Das Exemplar des Landesmuseums wurde 1899 auf der deutschen Kunstausstellung in Dresden für die Sammlungen des ehemaligen Landesgewerbemuseums Stuttgart erworben. Die in einem schmalen Hochrechteck angeordnete Komposition zeigt fünf Schwäne auf einem geschlängelten, von Bäumen umstandenen Bach. Format, Aufbau und auch die stilisierte Naturwiedergabe lassen den Einfluss japanischer Farbholzschnitte erkennen. Der Wandbehang wird im Depot des Landesmuseums aufbewahrt. [Rainer Y]

Deckelterrine in Gestalt eines Truthahns

Der balzende Truthahn wirkt wie eine Tierplastik. Erst auf den zweiten Blick erkennt man seine Funktion als Terrine, deren oberen Teil man als Deckel abnehmen kann. Das eindrucksvolle Fayencegefäß samt Untersetzplatte stammt aus der kurmainzischen Manufaktur Höchst. Dort wurde es von einem in Meißen geschulten Künstler modelliert und nach dem Brand von Johannes Zeschinger mit Muffelfarben naturalistisch bemalt. Die Fayencekunst stand um die Mitte des 18. Jahrhunderts in ihrer Blüte und konnte mit dem noch sehr teuren Porzellan durchaus konkurrieren. Getreu nach der Natur gebildete Gefäße wie diese Truthahnterrine behaupteten sich auf der luxuriösen Tafel neben höchst artifiziellen und verspielten Rokokogeschirren. Die Terrine ist im Keramikmuseum im Schloss Ludwigsburg ausgestellt.

Anhänger mit dem Doppelbildnis von Herzog Carl Eugen und Elisabeth Friederike...

Noch keine zwölf Jahre alt wurde Elisabeth Friederike, die Tochter des Markgrafen von Brandenburg-Bayreuth, zum Gegenstand der großen Politik: Ihr Onkel, Friedrich der Große, verlobte sie mit dem 16-jährigen Herzog Carl Eugen von Württemberg (reg. 1748-1793). Vier Jahre später wurde geheiratet. Das einzige Kind des Paares starb im Säuglingsalter. Als Carl Eugen an der Fortsetzung der unglücklichen Ehe kein machtpolitisches Interesse mehr hatte, durfte die Herzogin 1756 nach Bayreuth zurückkehren. Der Anhänger mit dem Doppelbildnis Carl Eugens und Elisabeth Friederikes könnte anlässlich der Hochzeit des Paares für die Hochzeitsgäste gefertigt worden sein. Er ist in der Schausammlung "LegendäreMeisterWerke" im Alten Schloss ausgestellt.

Königspokal mit dem Porträt Wilhelms II. von Württemberg

Mit Porträtschnitten begründete der Glaskünstler Wilhelm von Eiff seinen Ruf als Glas- und Steinschneider, eine Kunst, die nur wenige beherrschten. Eiff arbeitete ab 1913 an der Stuttgarter Kunstgewerbeschule auf dem Weißenhof. Aus Ermangelung eines eigenen Lehrganges stellte er die Gravurwerkzeuge in der Metallklasse von Paul Haustein (1880-1944) her. Ab 1921 wurde unter seiner Leitung eine eigene Fachabteilung für Glas- und Edelsteinbearbeitung eingerichtet. 1916 bekam er vom Direktor des Kunstgewerbemuseums Gustav Pazaurek (1865-1935) den Auftrag für zwei "Königspokale". Um den Auftrag auszuführen erhielt Eiff im Sommer 1916 extra Kriegsurlaub. Ein Pokal wurde dem König zum 25-jährigen Regierungsjubiläum vom "Verein der Freunde des Königlichen Kunstgewerbemuseums" geschenkt, der zweite war für die Sammlung des Königlichen Landesgewerbemuseums bestimmt. Der Pokal mit dem Porträt Wilhelms II. von Württemberg ist in der Schausammlung "LegendäreMeisterWerke" im Alten Schloss ausgestellt.

Cembalo aus Italien

Zu Lebzeiten Girolamo Frescobaldis (1583-1643) entstand in Italien dieses sehr gut erhaltene Cembalo. Der Tonumfang des einmanualigen Instruments umfasst etwas über vier Oktaven, wobei die Bassoktave zeitüblich als sogenannte kurze Oktave nicht vollständig mit Halbtönen versehen ist. Im 18. Jahrhundert erhielt das Instrument ein neues Gehäuse mit modischen Chinoiserien. Entweder war das Gehäuse beschädigt oder das äußere Erscheinungsbild entsprach nicht mehr dem aktuellen Zeitgeschmack und wurde deshalb erneuert. Der grün lackierte Kasten wurde mit Relieflackmalerei versehen, die in Gold, Rot und Braun und chinesische Flusslandschaften mit Gebäuden und Figuren zeigt. Das Cembalo ist im Haus der Musik im Fruchtkasten ausgestellt.

Giraffenflügel

Aufrechte Flügel unterschiedlicher Form entstanden seit etwa 1798 in steigender Zahl. Sie bezeugen den (vergeblichen) Versuch, die klanglichen Qualitäten eines Hammerflügels mit der Platzersparnis eines Tafelklaviers zu verbinden. Zugleich war das Pianoforte, das wichtigste Instrument bürgerlicher Musikausübung, als repräsentatives Möbelstück für den Salon zu gestalten. Namensgebend für den Giraffenflügel war die asymmetrische Form des aufgerichteten Resonanzkörpers. Das klar gegliederte Möbel weist eine reiche dekorative Ausstattung auf, darunter feuervergoldete Bronzeapplikationen von dem österreichischen Medailleur Franz Detler. Sechs mit Pedalen zu betätigende Züge, darunter Fagott- und Janitscharenzug, statten das Instrument mit zusätzlichen musikalischen Möglichkeiten aus. Der Giraffenflügel ist im Haus der Musik im Fruchtkasten ausgestellt.

Viola d’amore von Johann Stephan Thumhard

Die Viola d’amore wurde um die Mitte des 17. Jahrhunderts in England erfunden. Sie hat die Größe einer Bratsche und kann fünf bis sieben Darmsaiten besitzen, die mit einem Bogen gestrichen werden. Charakteristisch sind die sog. Aliquotsaiten aus Metall, die unter dem Griffbrett verlaufen. Sie geraten durch Resonanz beim Spiel in Schwingungen und verleihen dem Instrument seinen typischen Klang. Unverwechselbar ist auch die Bauform des Korpus mit flachem Boden, geschwungener Umrisslinie und den geflammten Schallöchern. Bach verwendet das Instrument in der Johannes-Passion, um Textpassagen, in denen von (Gottes-) Liebe, Zärtlichkeit und Sehnsucht (nach dem Himmel) die Rede ist, musikalisch auszudeuten. [Heike Schröder] Der gute Erhaltungszustand, die stark geschweifte Form und seine Ausstattung mit sieben Spiel- und 9 Resonanzsaiten machen dieses Instrument zu einem Prachtexemplar seiner Gattung. Gefertigt 1783 von Johann Stephan Thumhard (1786–1845) in Straubing, wird das handwerkliche Können des Erbauers in Details wie der zweilinigen Ebenholz-Randader oder der fein geschnitzte, scharf profilierten Schnecke offenbar. Auch elaborierte Schnitzarbeiten am Schallloch am Ende des Griffbretts oder auf der Rückseite des Wirbelkastens zeigen die große Sorgfalt, die auf dieses Instrument verwendet wurde. [Till Stehr] Diese Viola d’amore ist im Haus der Musik im Fruchtkasten ausgestellt.

Prunkkassette

Die kunstvoll mit Metall- und Holzintarsien versehene Arbeit im Stil des 17. Jahrhunderts besteht aus einer prunkvollen Kassette und einem hohen Konsoltisch. Dieses Meisterwerk wurde erstmals um 1889 für den Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen gefertigt und für die große Landesausstellung in Stuttgart 1896 nachgebaut. Bei dieser Nachbildung wurden die balusterförmig gedrehten Beine durch kantige Streben im Renaissancestil ersetzt und statt des Groteskenkopfs in der Mitte erscheint nunmehr das württembergische Staatswappen. Der Entwurf stammt aus der Firma von Paul Stotz, der 1876 eine kunstgewerbliche Werkstätte gegründet hatte, die schon bald öffentliche Anerkennung fand.

Kassette

Das kleine Möbel entspricht in seinem Aufbau - Sockelzone mit Schubladen, Hauptgeschoss mit Pilastern und verkröpftem Gebälk - typologisch dem Kastenschrank, wie er in ganz Süddeutschland ab der Mitte des 17. Jahrhunderts hergestellt wurde. Für eine Lokalisierung des Stücks an den Mittelrhein oder nach Mainfranken sprechen die starke Schweifung des Korpus und die übereck gestellten, auf Voluten stehenden Pilaster. Die Ornamente legen eine Datierung um 1710/20 nahe. Kleine Möbel wie dieses waren keine Modelle, die beim Herstellungsprozess von Möbeln angefertigt wurden. Seine zahlreichen "Geheim"fächer im Inneren lassen vielmehr darauf schließen, dass es zur Aufbewahrung von Nähzeug oder kleinen Gebrauchsgegenständen diente. Das Möbel wurde entweder in Mainz oder in Würzburg gefertigt. Es wird im Depot aufbewahrt.

Ranftbecher mit Ansicht des Schlosses Schönbrunn bei Wien

Bechergläser entsprachen dem Zeitgeist und Lebensgefühl des frühen 19. Jahrhunderts, wie der Deckelpokal dem gehobenen Anspruch der vorangegangenen Epoche. Die sog. "Biedermeiergläser", entstanden zwischen 1815 und 1848, lassen im Dekor deutliche Vorlieben für Orts- und Landschaftsdarstellungen, religiöse Themen und Allegorien erkennen. Die Transparentmalerei erlebte eine neue Blüte, denn ihre lichte und dabei intensive Farbigkeit traf exakt den Geschmack der Zeit. Der Ranftbecher mit Ansicht des Schlosses Schönbrunn bei Wien ist eine typische Arbeit Anton Kothgassers, der eine florierende Glasmalerwerkstatt in Wien unterhielt. Namengebend für die hauptsächlich in Wien gebräuchliche Becherform ist der kräftig vorstehende, dicke Boden mit betontem Profil. Der Ranftbecher ist in der Schausammlung "Glas aus vier Jahrtausenden" im Alten Schloss ausgestellt.

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