André Kirchner siedelte 1981 aus München nach West-Berlin über und besuchte 1984/85 die renommierte Werkstatt für Fotografie in Berlin-Kreuzberg. Seine fotografischen Anfänge waren autodidaktisch, doch Kirchner fand schnell zu seinem bevorzugten Thema: Berlins charakteristische Eigenheiten in thematischen Foto-Serien festzuhalten, und auf diese Weise den steten Wandel der Stadt zu dokumentieren. Kirchners zurückhaltende, auf das Motiv konzentrierte Bildsprache vereint die präzise Darstellung von Einzelbauwerken aus der Architekturfotografie und den weicheren Blick eines Stadtfotografen, der die stadträumlichen Zusammenhänge als einen Prozess begreift und für die Nachwelt festhält.
Die Fotografie gehört zu Kirchners offenen Reihe über das „Neue Berlin“. Man blickt von der Budapester Straße auf den Neubau der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Das Ensemble auf dem Breitscheidplatz, bestehend aus der Turmruine und dem 1961 vom Architekten Egon Eiermann errichteten zweiteiligen Neubau aus freistehendem Turm und achteckigem Gotteshaus ist eines der bekanntesten Touristenspots in Berlin. Entgegen der gewohnten Dreier-Ansicht stellt Kirchner das Kirchenoktagon als Einzelobjekt heraus. Die Schwarz-Weiß-Aufnahme vereinfacht die mit blauem Glas durchbrochene Betonfassade, sodass das Kirchhaus wie ein profanes Funktionsgebäude anmutet.
