Während eines Besuchs Hempels in Halberstadt im Jahr 1750 entstanden gleich zwei Porträts seines Freundes Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719-1803), der hier seit 1747 als Sekretär des Domkapitels wirkte, darunter das vorliegende Bildnis mit einer Flöte in der Hand. Im Vergleich mit dem anderen, durch einen Stich Friedrich Kaukes überlieferten Porträt Gleims wirkt dieses Bildnis überaus formell. Gleim ist recht anspruchsvoll in Halbfigur und zudem mit Requisiten in Szene gesetzt. Die Flöte belegt eine wohl kurzzeitige Ambition Gleims, dem Flötisten auf Preußens Thron nachzueifern. Der Polsterstuhl weist auf einen gewissen Lebensstandart hin. Die Rückenlehne wirkt kompositorisch als Barrikade und unterstreicht damit die reservierte Miene. Gleim selbst fand den Ausdruck dieses Porträts nicht ganz gelungen, wie er seinem Intimus Ewald Christian von Kleist über das noch unvollendete Werk schrieb: "Ob [Hempel] mich schon schmachtend nach Küßen gemahlt hat, das glaube ich nicht und sie werden mich auch nicht so finden. Ich habe Zeit seines Hierseyns die Amtsmine [...] nicht eine Stunde ablegen können. Er hat folglich auch nicht Schuld drann, wenn sie finden, daß er die freye Mine, die mein Mädch. die schwarze Lerche lobte, dem Gesicht nicht gegeben hat." Aus einem späteren Schreiben Gleims an Kleist wird deutlich, dass das Porträt mit der Flöte weniger als Medium der Freundschaft konzipiert war, denn vielmehr als Animationsstück: es sollte "den Halberstädtern Lust mache[n], sich auch mahlen zu laßen, weil [Hempel] versprochen hat, künftiges Frühjahr eine zeitlang sich hier aufzuhalten." Diesen Zwecken war freilich das Schaustück bürgerlicher Respektabilität eher gemäß als das Freundesbild in Anakreontikermanier.