Als Sammlerstück gefertigt, gehörte das Kartenspiel zur Ausstattung einer Kunst- und Wunderkammer. Es diente wie andere Pretiosen dem Zeitvertreib und konnte durch seine ikonographischen Spitzfindigkeiten zur Belustigung beitragen. Zum Spielen war es nicht geeignet, da die Rückblätter uneinheitlich gestaltet sind und die Karten keine besonders hohe Stabilität aufweisen. Das aus 48 Karten bestehende Spiel besitzt die Farbzeichen Herz, Eichel, Laub und Schelle (jeweils zwölf). Auf den Bildkarten sind König, Ober und Unter dargestellt, und die Zählkarten mit szenischen Genremotiven reichen von Zehn bis Daus. Die Blumenmotive der Rückseiten sind im Gegensatz zu den kolorierten Kupferstichen der Vorderseiten frei Hand gemalt worden. Über den Kupferstecher des Spiels können bisher nur Vermutungen angestellt werden, eindeutig sind aber stilistische Bezüge zu anderen bekannten Spielen. Zu nennen wäre in diesem Zusammenhang das Holzschnittbrett des Kartenmachers Hauck oder das des Verlegers Johannes Brinckmann. Ebenso lassen sich malerische und graphische Werke jener Zeit als Anregungen und Vorlagen nachweisen - Arbeiten von Jost Amman, Hendrik Goltzius, Matthäus Merian, Paul Göttlich oder Wolfgang Kilian. Für die auf die Kartenrückseiten gemalten Veilchen-, Iris- und Lilienarten konnte der Künstler auf Werke wie den "Hortus Eystettensis", das "Florilegium" oder flämische Blumenstilleben zurückgreifen. Neben einer kleinen Geschichte des Kostüms vermitteln die Karten heute noch dem Betrachter einen Teil der Kultur- und Sittengeschichte jener Zeit. Kavaliersszenen (Herz), Jagd (Laub), Komödie (Schelle) und Festkultur (Eichel) zeigen das Leben am Hofe. Antike Gottheiten, wie Ceres und Venus, nehmen Bezug auf die in der Renaissance geführte Auseinandersetzung mit der antiken Mythologie, die ebenso in der Graphik und Malerei, aber auch in dem Kunsthandwerk jener Epoche wiederzufinden ist. Gleichzeitig verraten die Blumenmotive die Begeisterung für "exotische" Pflanzen und die Bedeutung der Gärten, in denen diese Raritäten anzutreffen waren. [Doreen Winker]