Der schlichte, rechteckige Hocker zeichnet sich durch eine kompakte, geschlossene Form aus. Auf einen Steg aufgesetzte, breite, senkrechte Streben tragen die Sitzfläche, die seitlich von schräg gestellten Wangen flankiert wird. Bei dem Lehnhocker resp. niedrigen Sessel wird die Seitenwange senkrecht abknickend höher geführt und mündet in einer waagerecht angesetzten Armlehne. Die Rückenlehne endet in einem sanften Schwung. Der gepolsterte Sitz ist mit einem sandfarbenen Bezug aus Cordstoff bespannt. Die auf der Vorderseite der äußeren Streben eingelassene Intarsie aus dunklem Holz ist der einzige Schmuck. Das Motiv des über drei parallelen Streifen schwebenden Dreiecks erinnert an die Architektur antiker Tempel mit einem von Säulen getragenen Giebel.
Der Entwerfer des Hockers ist nicht bekannt. Mündlicher Überlieferung nach stammt das Möbelensemble aus einem der Häuser am „Stirnband“ in Hagen-Eppenhausen. Sie wurden von Johannes Ludovicus Mathieu Lauweriks (*1864, †1932) erbaut. Der holländische Architekt wurde auf Einladung von Karl Ernst Osthaus 1909 als Leiter des neu gegründeten Hagener Handfertigkeitsseminars nach Hagen berufen. Für die Künstlerkolonie „Hohenhagen“ realisierte Lauweriks 1910 bis 1914 neun Häuser. Ihrer Gestaltung legte der Architekt eine von ihm neu entwickelte architektonische Systemlehre nach arithmetisch-geometrischen Formeln mit festen Maßeinheiten zugrunde.
Die strenge Kastenform der Sitzmöbel sowie ihre Gestaltung mit einer von Streben gestützten Sitzfläche lässt sich in Verbindung bringen mit Möbeln, die im Hagener Handfertigkeitsseminar unter der Ägide von Lauweriks entworfen und gebaut wurden. Aus seiner Proportionslehre, basierend auf einem quadratischen Grundmodul, resultierten Möbel von streng geometrischer Formgebung.
Birgit Schulte
Quelle: Inventarbuch Stadtmuseum, Inv. Nr. H 1784 a-g.