Dargestellt ist ein Ensemble von zweigeschossigen Fachwerkhäusern an einer Straße in Wernigerode. Der malerische Winkel öffnet sich vorn zu einem Platz, auf dem ein großer Laubbaum steht. Die Situation ließ sich nicht eindeutig bestimmen, doch kann der Turm des Westertores hinter den Dächern Orientierung bieten ebenso wie die Ortsbezeichnung "Hinter d. Gymnasium". Das städtische Gymnasium erhielt 1869-1871 einen Neubau in der Westerntorstraße 29, dieses muss sich also im Rücken des Zeichners befinden. Auch auf der Rückseite wurde eine Zeichnung begonnen, doch ging die nicht über einen viereckigen Körper hinaus.
Das Blatt ist vorn u.re. signiert "Richard Schmidt" und darunter mit sorgfältiger Schrift datiert "21.6.15." Ebenso sorgfältig ist die Ortsbezeichnung "Hinter d. Gymnasium" und verrät damit den geschulten Architekten. So kann die Zeichnung dem Architekten und Kunstgewerbler Richard Schmidt zugeordnet werden, der die Architektur sorgfältig, alles Natürliche dagegen grob und summarisch erfasst. Viele seiner Blätter sind sorgfältig beschriftet und datiert auf 1914 und den Juni 1915. Wahrscheinlich war er hier im Urlaub. Als junger Künstler, aus Gießen stammend, geriet er unter den Einfluss des Darmstädter Jugendstils, ab 1907 war er Lehrer an der Hansischen Kunstschule Hamburg (seit 1929 Landeskunstschule), die er 1930/31 auch leitete.
2019 gelangte ein 13 Blatt umfassendes Konvolut des Künstlers von Wernigerode-Motiven mit der Schenkung der Sammlung Bürger an die Schloß Wernigerode GmbH. Die Blätter stammen bis auf eines aus einem aufgelösten Skizzenbuch, worauf eine Abrisskante am Blattrand deutet.
