Karaffe aus farblosem Glas, kugelrunder Korpus, hochgestochen, mit hohem, zylindrischem Hals mit kräftiger Wandung und floralem Schnittdekor, angeschmolzener Henkel; die Wandung mit acht Vertikalrippen aus gekniffenen Glaswulsten, am Boden übereinander gelegt, am Halsansatz mit einem gerieften Glasfaden verschmolzen, der Henkel auf einer Rippe aufliegend, die gegenüberliegende Halsseite mit einem Ausbruch von 2,9 cm Höhe und 1,2 cm Breite lässt auf einen zweiten, verlorenen Henkel schließen. Mündungsrand mit umgelegtem, gerieftem Faden. Die Wandung zwischen den Rippen ist mit einem geätzten Dekor aus Weintrauben, Fruchtkörben und der Darstellung eines Kranichs oder Reihers verziert, alle feinen Linien geschnitten; der Mündungsrand ist scharfkantig abgetrennt, nicht verwärmt.
Die Henkelflasche dürfte aus dem 19. Jahrhundert stammen und zur Aufbewahrung von Wein Verwendung gefunden haben. Im Historismus waren derartig aufwendig gearbeitete Glasobjekte nach dem Vorbild niederländischer Gläser in venezianischer Manier des 17. Jahrhunderts überaus beliebt (vgl. Harksen, Schönes Glas, 1961, Kat. 17). Einige Vergleichsstücke mit beiden Henkeln sind überliefert und belegen eine serielle Produktion, etwa als Souvenir. Sie werden nach Holland oder den Niederrhein verortet, aber abweichend in die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert und ins 3. Drittel des 18. Jahrhundert datiert (vgl. Dexel, Gebrauchsglas, 1977, Kat. 264, S. 225; Klesse. Glas, 1963, Kat. 423, S. 180). Der geätzte Dekor spricht für letztere Annahme, das Glas dürfte zu den späten Beispielen dieses Henkelflaschentyps zählen. Es trägt eine Inventarnummer aus dem Jahr 1953, möglicherweise befand es sich damals schon länger im Bestand. [Verena Wasmuth]