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Christian Möllinger, Portaluhr, um 1790, Inv. Nr. KGH 33/69

Stiftung Stadtmuseum Berlin Uhrensammlung [KGH 33/69]
Christian Möllinger, Portaluhr, um 1790, Inv. Nr. KGH 33/69 (Stiftung Stadtmuseum Berlin CC BY)
Herkunft/Rechte: Stiftung Stadtmuseum Berlin / Oliver Ziebe, Berlin (2020) (CC BY)
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Beschreibung

Die an einen Tempel erinnernde Portaluhr wurde um 1790 in Berlin von Christian Möllinger geschaffen. Auf einer schmalen rechteckigen Plinthe ruhen links und rechts je vier Säulen auf einem vorn verzierten Quadrat. Zwischen den Säulen befinden sich vier leicht konvex geschwungene Treppenstufen, die zu einer zweiflügeligen Scheintür hinaufführen. Die Säulen tragen einen Architrav, der sich in der Mitte im Halbkreis aufwölbt und mit Tierkreiszeichen als Applikationen geschmückt ist. Darüber an den Ecken als Abschluss eine Balustrade, die je zwei Deckelvasen trägt. Auf der Wölbung des Gesimses ruht eine Sphinx. Die Uhr kann in ihrer Gestaltung der Modeerscheinung Ägyptomanie zugeordnet werden. Ausgelöst wurde diese durch die Ägyptische Expedition Napoleon Bonapartes in den Jahren 1789-1801. In ganz Europa fand diese Mode Anklang, von der Kleidung bis zur Architektur und Inneneinrichtungen.
In der Mitte unterhalb des Gesimses präsentiert sich das Uhrwerk mit fünf emaillierten Ziffernblättern. Es wird von einer vergoldeten Lünette mit originalem Glas geschützt. Unter dem Uhrwerk sind auf den Scheintüren vier gerahmte Kassetten, die oberen zeigen Gehänge mit allegorischen Attributen, in den unteren zwei nackte Jünglinge, die ein bewegtes schmales Tuch halten. Das gesamte Uhrgehäuse ist in einem dunkelbraunen Ton gefasst, wobei die Säulen marmoriert wurden. Alle Applikationen sind aus einer Imitationsmasse hergestellt, entweder aus Papiermaché oder einer Holzmasse. Diese wurde in Formen gepresst und anschließend gefasst. Die Sphinx ist aus Holz geschnitzt. Der Grundkörper des Gehäuses besteht ebenfalls aus Holz. Die Applikationen und so auch die Sphinx wurden mit einer Polimentvergoldung matt gefasst. Auf der Rückwand befindet sich oben ein Aufkleber von „R. Gowland / House painter / Decorator, Carver, Gilder“ in „York“. Dieser Aufkleber lässt vermuten, dass das Gehäuse im nordenglischen York hergestellt oder dort aufgearbeitet wurde. Konnte Möllinger diese Uhr nach England verkaufen, oder kaufte er dort das Gehäuse?
Die Uhr wurde 1969 vom Verein der Freunde und Förderer des Berlin Museums vom Kunsthaus Loewi-Robertson in Los Angeles angekauft. Adolph (Adolpho) Loewi (1888–1977) war ein deutsch-jüdischer Kunst- und Antiquitätenhändler. Er ist vor allem als Textilhändler bekannt. Er eröffnete 1911 eine Galerie in Venedig im Palazzo Nani-Mocenigo, 960, San Trovaso, und 1933–1934 eine Niederlassung in New York. Er verließ Italien 1939 und übergab die Firma an Alessandro Morandotti, der den Bestand nach Rom verlegte und die Firma Antiquaria im Palazzo Massimo gründete. Loewi ließ sich in Los Angeles nieder und eröffnete das Geschäft Adolph Loewi, Inc. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab Morandotti die Firma an Loewi zurück, der in Los Angeles blieb. Morandotti kaufte die Rom-Galerie 1950 von Loewi. Das Textilgeschäft wurde schließlich als Loewi-Robertson unter der Leitung von Loewis Tochter Kay Robertson und ihrem Ehemann in Los Angeles weitergeführt. Möglicherweise steht die Zollmarke im Innern des gewölbten, abnehmbaren Gesimses an der Uhr mit dem Aufdruck „DOGANA ITALIANA MERCI VISITATE“ im Zusammenhang mit der Firmenrückgabe Morandottis an Loewi. (Marina de Fümel)

Beschriftung/Aufschrift

auf dem Ring der Sekundenanzeige: Möllinger IN BERLIN

Material/Technik

Holz, Imitationsmasse, Email, Messing, Stahl; Vergoldung

Maße

Höhe 83,4 cm, Breite 57,4 cm, Tiefe 24,2 cm

Ausführliche Beschreibung

Die Gesamthöhe der Uhr von 83,4 cm zeigt, dass es sich um eine relativ große Tischuhr handelt. Womöglich war sie als Aufsatz für ein Möbelstück gedacht. Die Applikationen im Gesims, die Sternkreiszeichen Löwe, Stier und Zwillinge verweisen auf bestimmte Monate im Jahr. Doch die anderen Applikationen, so die Dame mit Lyra, Engel mit Schwert, tanzende Jünglinge lassen darauf schließen, dass kein eindeutiges Programm vorgesehen war. Die Form des Tempels und die Sphinx oben auf dem Gesims lassen den antiken Charakter hervortreten und sind ein schönes Beispiel des Frühklassizismus zur Zeit Friedrich Wilhelms II. in Preußen.
Dagegen ist das Uhrwerk mit den Zifferblättern für die Stunden, Sekunden, Datums-, Wochentags-und Monatsanzeige klar strukturiert und zeugt von hoher Präzision. Auf ein Schlagwerk wurde verzichtet. Möllinger verwendete auch hier ein rundes Messing-Vollplatinenwerk mit abgeflachter unterer Seite (Vorderplatine H und B: 13,4 cm; Werkpfeiler-H: 4,2 cm; Platinenstärke: 0,26 cm). Es besitzt eine Clementhemmung und eine Pendelfederaufhängung sowie fünf glatte Werkpfeiler, die mit Rillen versehen sind. Die Pendellinse wurde mit einer gepressten Applikation verziert. Die Zeiger aus gebläutem Stahl unterstreichen mit ihren aneinandergesetzten Kreisen, die in einer Spitze ihren Abschluss haben, die in den Zahlenring untergebrachten kleinen Emailringe (äußerer D: 5,3 cm, B: 0,9 cm), die wiederum diese Zeigerform aufweisen. Zu bemerken ist, dass der Ring für die Sekundenanzeige keine Sekundenstriche besitzt. Dort hat Möllinger seine Signatur „Möllinger IN BERLIN“ untergebracht. Da die Ziffernringe die Fläche des Zifferblattes nicht ganz bedecken, ist ein begrenzter Blick in den Schaltmechanismus möglich. Die kleinen Emailringe mit ihren Beschriftungen wurden mittels Steg und Stift auf die Schalträder montiert. Der große Zahlenring (äußerer D: 19,7 cm, B: 3 cm) besitzt arabische Zahlen für die Stunden, Striche für die Minuten (bei den 5-Minuten begleitet von zwei gebogenen Strichen) und die Viertelstunden wurden mit arabischen Zahlen hervorgehoben. Das Konteremail ist unsigniert. Die Qualität der Ziffernringe lässt vermuten, dass Louis Buzat sie gefertigt hat. Zwischen 7 und 8 befindet sich der Aufzugsvierkant aus Stahl. Die Laufzeit des Uhrwerkes beträgt 14 Tage.
Die Uhr wurde 2008 im Rahmen eines Studentenpraktikums in der Metallrestaurierung der Stiftung Stadtmuseum Berlin ganzheitlich restauriert und ist voll funktionstüchtig. (Marina de Fümel)

Literatur

  • Kiesant, Silke (2013): Prunkuhren am brandenburgisch-preußischen Hof im 18. Jahrhundert. Mit einem Katalog ausgewählter Uhren Friedrichs II. und Friedrich Wilhelms II. von Preußen. Petersberg, Kap. 6 (zu Möllinger: S. 111-113), Kap. 11 sowie Kat. 40, 42, 43 (dort weitere Literatur und Archivalien)

Links/Dokumente

Hergestellt Hergestellt
1790
Christian Möllinger
Berlin
Verkauft Verkauft
1969
Kunsthaus Loewi-Robertson
Los Angeles
Restauriert Restauriert
2008
Stiftung Stadtmuseum Berlin
Berlin
1789 2010
Stiftung Stadtmuseum Berlin

Objekt aus: Stiftung Stadtmuseum Berlin

Die Stiftung Stadtmuseum Berlin (Landesmuseum für Kultur und Geschichte Berlins) betreibt in Berlin mehrere landeskundliche und historische Museen....

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