Typisch für die Kykladenkultur in der Zeit um 5000 v. Chr. bis 1600 v. Chr. sind die weiblichen Marmorfiguren mit den vor der Brust verschränkten Armen und den gestreckten Beinen. Über die Bedeutung dieser Statuetten ist in der archäologischen Forschung ausführlich diskutiert worden. So geht man heute davon aus, dass die Figuren den Menschen zu seinen Lebzeiten 'begleitet' haben und eine wichtige Rolle bei kultischen Handlungen spielten. Da die meisten Idole in Gräbern gefunden wurden, ist davon auszugehen, dass Begräbnisfeierlichkeiten für Verstorbene zu den mit dem Kult verbundenen Ritualen gehörten.
Dieses dem Chalandriani-Typus (2300-2200 v. Chr.) zuzurechnende Idol steht am Anfang dieser Typ-Gruppe. Sie zeichnet sich durch eine annähernd dreieckige Körperform aus, die von den Schultern zu den Füßen sich immer mehr verjüngt. Ausschlaggebend ist Reduktion in der Plastizität, die die Figur flach und brettartig erscheinen lässt.
Eine nochmalige Reduktion der Plastizität lässt die Gestalt noch flacher und brettartiger erscheinen. Die nun kürzeren Beine sind nicht mehr kubisch gerundet, sondern flach und geradlinig und durch leichte Ritzungen getrennt. Eine Zuspitzung auf stereometrische Einzelformen macht sich bemerkbar: das Gesicht ist dreieckig, der Oberkörper besitzt fast quadratische Kontur. (AVS)
Ehem. Sammlung Friedrich Wilhelm von Bissing