Ein Leitmotiv im Schaffen Illies’ sind die Wurzeln und Stämme, besonders fasziniert zeigt er sich indessen vom Geäst. Der Forstmann spricht von Astwerk, der Landschaftsmaler von Baumschlag, die Freunde Illies’ sprachen von ‚Illiaden’. Stets kostet Illies den hohen ornamentalen Wert des Geästs aus. Seine bevorzugte Baumart ist der Obstbaum, dessen Baumschlag Bilder von einmaliger Seltsamkeit abgibt. Überdies klingt bei dem ‚Wirte wundermild’, wie ihn das Volks lied besingt, die Konnotation des Labens an; der Obstbaum kann als Sinnbild der nährenden Natur stehen.
Mit seinen Obstbäumen und Obstgärten hat Illies einen ganz eigentümlichen Bildtypus geschaffen. Einen 1906 während eines Aufenthalts bei seinem einstigen Lehrer Georg Burmester in Möltenort gemalten "Holsteiner Obstgarten" (heute in Familienbesitz) bezeichnete der Maler selbst stets als sein Meisterwerk. Ein Nebenstück hat dieser in dem vorliegenden "Obstbaum", der wenig später entstand. Mit einer gewissen Einschränkung gilt auch für dieses Bild, was Illies über die Entstehung seines Meisterwerks schrieb: "Ich sah die vielen Einzelheiten und war verliebt in jedes Johannisbeerblatt! ... Das Vielgestaltige, Vielverschlungene wurde mein Element und ich mühte mich, Ordnung hineinzubringen." (Brief an Rudolf Siegmund, 18.4.1936, Gleimhaus, Nl Illies)