Insgesamt vier dieser prunkvollen Renn- oder Schellenschlitten haben sich im Bestand der Waffensammlung erhalten, ebenso wie ein Teil der dazugehörigen Lanzen und der figural reich geschnitzten Kumte. Die ausschließlich für das Vergnügen gefertigten Schlitten stammen vermutlich aus der Regierungszeit des Fürsten Johann Friedrich von Schwarzburg-Rudolstadt (1721-1767), ohne dass exakte Nachweise über die Anschaffungszeit und die Hersteller bisher möglich waren. Stilistisch einheitlich, dürften alle Schlitten gemeinsam zu einem bedeutenden Anlaß angeschafft worden sein, der möglicherweise im Jahre 1744 liegen könnte, als Johann Friedrich die Regierung antrat und noch im gleichen Jahr Bernhardine Christine Sophie aus Sachsen-Weimar heiratete (einer der Schlitten trägt das Monogramm der Fürstin). Ursprünglich müssen es mindestens 17 Schlitten gewesen sein, da ein überliefertes Aktenstück zu einer winterlichen Ausfahrt am 15. Januar 1748 diese Anzahl vermerkt und exakt mitteilt, wie diese paarweise von je einer Dame und einem Herrn des Hofstaates besetzt waren. Auf einem Kufengestell ruht der von einem Putto angeführte muschelförmige Schlittenkasten, der aus massivem Holz gefertigt wurde. Als Kufenbekrönung dient ein antikisierender Helm mit Federbusch. Der reich mit Rocaillen und Knorpelwerk verzierte Schlittenkasten ist offensichtlich sinnbildhaft der Musik verpflichtet, da er auf der einen Seite ein Tambourin und eine Trompete zeigt, auf der anderen Seite eine Trommel und eine Panflöte. Noch 1799 ist nachweisbar, dass die Ausfahrten ("Schlittaden") mit bis zu 28 Schlitten durch Musiker mit Pauken und Trompeten auf eigenen Schlitten angeführt bzw. beendet wurden. Der Schlitten ist ein aussagekräftiger Beleg für die erstaunlich aufwendige Festkultur am kleinen Rudolstädter Fürstenhof. Das "Caroussel" mit seinen Anklängen an spätmittelalterliche Ritterturniere gehörte dabei zu den winterlichen Vergnügungen, bei dem die kostümierten Damen des Hofes mit angelegter Lanze einen Kranz oder Ring zu treffen hatten, der an einem Seil zwischen zwei Stangen angebracht war. Die Dame saß dabei im Schlittenkasten, während hinter ihr der Kavalier von der Sitzpritsche aus das Pferd lenkte. Austragungsorte dieser aufwendig inszenierten Vergnügungen waren der Schloßhof oder die Reitbahn des Schlosses Heidecksburg. [Jens Henkel]