Das Ingolstädter Bernstein-Collier ist das international bekannte, archäologische Prunkstück des Stadtmuseums. In der Mitte des 2. Jahrtausends vor Christus hätte es selbst Pharaoninnen geziert. Es übertrifft sogar den Bernstein-Schmuck aus den Schachtgräbern von Mykene. Bernstein war begehrtes Fernhandelsgut. Der Fundort Ingolstadt erklärt sich aus der großen Bedeutung der nahen Donau als europäischem Verkehrsweg. Ihr wird auch die Entstehung der Keltenstadt bei Manching mehr als ein Jahrtausend später sowie Ingolstadts als Königsgut im 8. und Herzogsresidenz im 13. Jahrhundert verdankt.
Im Frühjahr 1996 machte die Erneuerung eines Stellplatzes auf dem Gelände der AUDI AG im Norden Ingolstadt großflächige Erdarbeiten notwendig. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege unter der örtlichen Leitung von Karl Heinz Rieder und die AUDI AG ermöglichten die flächendeckende archäologische Begleitung der Baumaßnahmen auf etwa 2,5 Hektar. Der sensationelle Bernsteinfund, niedergelegt in einem unscheinbaren Gefäß, wären ohne dieses umsichtige Vorgehen zweifellos verloren gegangen.
Im Stadtmuseum wird ein Vorschlag präsentiert, wie die Perlen zu Schmuckstücken kombiniert gewesen sein könnten. Marc Bankus hat ihn auf der Grundlage sorgfältiger Analysen erarbeitet. So kann den Besucherinnen und Besuchern des Museums eine Vorstellung von der einmaligen Pracht vermittelt werden.
Die großen Perlen bildeten wohl eine Kette aus 87 Perlen. Die 2123 kleinen Bernsteinperlen, dazu Fragmente von weiteren ca. 590 Perlen, dürften symmetrisch beiderseits des größten Bernsteinschiebers angeordnet gewesen sein. Er und die übrigen acht Bernsteinschieber lassen sich am ehesten in die jüngere Mittelbronzezeit einordnen. Detlev Bach hat Kette und Collier konserviert und nach den Vorgaben von Mark Bankus rekonstruiert. Denkbar sind vor allem zwei Varianten, eine längere mit wenigen und eine kürzere, besser tragbare mit vielen Perlensträngen. Das Original-Collier wurde nach der ersten, eine Replik nach der zweiten Variante rekonstruiert.
Bis auf sehr wenige Ausnahmen sind alle Bernstein-Colliers der Mittelbronzezeit in Gräbern niedergelegt worden und besitzen deutlich weniger Perlen. Die Deponierung von Ingolstadt ist daher außergewöhnlich und entsprechend schwer zu erklären. Die Bernsteinschmuckstücke waren sicher keine Handelsware. Sie wurden zudem selten oder nie getragen. Somit erscheint eine Deutung in kultischem Zusammenhang am naheliegendsten, etwa als Opfergabe.