Das Porträt der Gattin des promovierten Physikers Hugo Henneberg, der besonders als Fotograf und Vorstandsmitglied des Wiener Camera-Clubs hervorgetreten war, schuf Klimt für die Eingangshalle der 1901 von Josef Hoffmann neu erbaute Villa Henneberg auf der Hohen Warte in Wien.
Der Vollendung eines Bildnisses ging in der Regel ein langwieriger Prozess voraus. Klimt fertigte zahlreiche Skizzen – zu diesem Gemälde existierten mindestens sieben Zeichnungen, zwei davon befinden sich heute in der Sammlung
des Museums –, ehe die Arbeit auf der Leinwand begann. Auch das eigentliche Malen konnte Monate in Anspruch
nehmen, sodass es nicht selten vorkam, dass Auftraggeber mehrmals die Übergabe anmahnen mussten oder auch
Bilder zunächst im unfertigen Zustand ausgestellt wurden.
In den Jahren um 1900 setzte sich der Maler mit pointilistischen Gestaltungsmitteln auseinander, weniger den Intentionen der französischen Neoimpressionisten folgend als vielmehr zur Verfeinerung seiner eigenen malerischen Mittel.
Innerhalb eines nicht näher verifizierbaren Raumes ist die Dargestellte in dem nur andeutungsweise erkennbaren
Sessel wiedergegeben, sodass nichts die Aufmerksamkeit des Betrachters von ihr ablenken kann. Geradezu gefühlvoll wurden die Umrisse der Leinwand eingeschrieben. Dabei ist der Duktus sehr differenziert und absolut souverän. Die Sitzende trägt das sogenannte Ball-Entrée mit einem langen Shawl.
Klimt hat beim Porträtieren immer sehr viel Sorgfalt auf die Auswahl der Kleidung gelegt, da diese die gewollte Aura
seiner Modelle verstärken sollte. Die delikate, zurückhaltende Farbigkeit findet ihr Furioso im Veilchenbukett, das
den Blick unweigerlich weiter zum Gesicht führt. Hoheitsvoll-unnahbar, von oben herab gewissermaßen – das Bild
ist für den Standort über einem Kamin in leichter Untersicht gemalt – erwidert Marie Henneberg den Blick des
Betrachters.