Das scheinbar schlichte Genrebild unter dem Triumphbogen ist keine exakte Wirklichkeitsabbildung, sondern gefüllt mit Marienmetaphorik (Bezüge: Altes Testament, Hohelied; Bank: Thron Salomos, Sitz der Weisheit; Buch: Marias Weisheit und Schriftkenntnis, Attribut der Ecclesia; Vase: fons hortorum - die Gott empfangende Quelle des Heils; Lilie: lilium inter spinas - Lilie unter Dornen, Maria selbst ist durch die "unbefleckte Empfängnis" ohne Erbsünde; das Weiß ihrer Gewänder: Jungfräulichkeit; Katze: Löwe am Thron Salomos als Symbol triebhafter Weiblichkeit, unter der Bank: Empfängnis ohne sündige Lustgefühle; Leuchter: Heiliger Geist; Schlafgemach: Brautmystik, Maria/Ecclesia/neue Eva als Braut Christi; Landschaftsausblick: Bild vom Guten Hirten; Rundbogenarchitektur: der durch die Opferung Christi erneuerte Alte Bund; gekreuzte Hände: Kreuzigung; Demut). Ein Spruchband verkündet die Worte Gabriels an Maria: "Ave Maria, gratia plena, Dominus tecum": Sei gegrüßt, Maria, Gnadenvolle, der Herr ist mit dir. Marias Spruchband zitiert die letzten Worte der Unterredung: "Ecce ancilla Domini, fiat mi(c)hi secundum verbum tuum": Siehe die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort. Das ist die Inkarnation Christi, der Beginn des Heilsgeschehens. Nächstenliebe gelangt durch Christus unter die Menschen: "Ego sum mater misericordiae": Ich bin die Mutter der Barmherzigkeit (Nimbusinschrift). Der "Englische Gruß" (Fest: 25.März), Hauptbild der Wandelaltäre in der Fastenzeit, ist Quelle des abendlichen Ave Maria-Gebets (zum "Angelusgeläut"), das die Prämonstratensernonne, die Stifterin im Bild, bereits spricht.
I. K.