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Brustporträt einer sitzenden Frau (Fotografie einer Radierung oder Zeichnung)

Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft Fotografische Sammlung des ehemaligen Instituts für Sexualwissenschaft [FSIFS-094_c]
Brustporträt einer sitzenden Frau (Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft Public Domain Mark)
Herkunft/Rechte: Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft (Public Domain Mark)
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Beschreibung

Schwarz-Weiß-Fotografie einer leicht seitlich porträtierten Frau, die vom Kopf bis zur Hüfte sichtbar ist. Sie trägt ein Kleid, das die Schultern frei lässt, an den Ärmeln hat es Schleifen, am Bauch wird es mit einem Gürtel oder einer Schärpe zusammengehalten. Am Hals der Abgebildeten hängt eine lange Kette. Die Person ist vor einem neutralen Hintergrund abgebildet, die Hände ruhen vermutlich auf den Oberschenkeln. Den Kopf hat sie leicht gedreht, sodass sie die die Betrachtenden direkt ansieht.

Kontext:
Von der abgebildeten Person heißt es, dass sie sich 1876 infolge „Nahrungssorgen“ das Leben nahm (vgl. Hirschfeld: Geschlechtsübergänge, Text vor Tafel XIV). Der Gynäkologe Franz Ludwig Neugebauer fügte hinzu, dass sie öffentlich zur Schau gestellt wurde (vgl. Neugebauer: Hermaphroditismus beim Menschen, S. 653).

Das Porträt wurde in der zeitgenössischen Literatur zumeist im Kontext sog. „Bartfrauen“ bzw. „Bartdamen“ oder „feminae barbatae“ abgebildet. Auch Magnus Hirschfeld, Sexualwissenschaftler und Sexualreformer nutzte Abbildungen von „bärtigen Frauen“ in seiner Publikation „Geschlechtsübergänge“ im Kapitel „Androtrichie. Feminae barbatae.“ Dort schreibt er: „Zu den häufigsten und augenfälligsten Geschlechtsübergängen gehören die der Behaarung, einem […] besonders wichtigen sekundären Geschlechtscharakter.
Um sich von der Häufigkeit des „Frauenbartes" eine Vorstellung zu machen, ist es nur nötig, die Annoncenteile der Zeitungen zu durchsehen. Ich sammelte einige Wochen die Inserate, in denen die Entfernung weiblicher Barte mittelst Elektrolyse, Enthaarungswassern, Depilatorien und anderen Methoden angepriesen wird und fand, daß sich in Berlin Dutzende von Personen diesem anscheinend recht einträglichen Erwerbszweig widmen.“ (vgl. Hirschfeld: Geschlechtsübergänge, Text vor Tafel XIV)

Bilder von „Frauen mit Bärten“ waren Teil der Bilderwand „Sexuelle Zwischenstufen“, die vermutlich zum ersten Mal 1922 auf der „Hundertjahrfeier deutscher Naturforscher und Ärzte“ in Leipzig gezeigt wurde. Der Gründer des Instituts Magnus Hirschfeld wollte mit der Bilderwand seine um 1910 vorgelegte „Zwischenstufentheorie“ veranschaulichen und untermauern.

Sehr verkürzt gesagt, beschreibt das Konzept der Zwischenstufen die Tatsache, dass jedes Individuum sowohl „männlich“ als auch „weiblich“ ausgeprägte Eigenschaften vereint, die einen oder mehrere der vier Bereiche betreffen können: 1. die Geschlechtsorgane, 2. sonstigen körperlichen Eigenschaften, 3. den Geschlechtstrieb und/oder 4. sonstigen seelischen Eigenschaften.
Mit diesem Konzept verlagerte Hirschfeld bereits 1907 das biologisch-genitale Geschlecht hin zu einem, das u. a. auch auf der erlebten Identität beruhte. Damit ebnete die „Zwischenstufentheorie”, die „während der Institutszeit die wissenschaftliche Leitidee für die meisten Mitarbeiter“ blieb, den Weg für das Verständnis von sexueller Vielfalt und Variabilität. (vgl. Herrn, R. (2022): Der Liebe und dem Leid, Suhrkamp, S. 31). Einher ging damit auch eine Entpathologisierung und Entkriminalisierung des vermeintlich Abweichenden, von Menschen also, die außerhalb der gesellschaftlichen Norm standen.

Beschriftung/Aufschrift

Bildunterschrift in Hirschfeld: Geschlechtsübergänge: Androtrichie (feminae barbatae).

Bildunterschrift in Levy-Lenz: Hexenkessel der Liebe: Eine bebartete Schweizerin, die sich 1876 zu Freiburg wegen Nahrungssorgen das Leben nahm

Bildunterschrift bei Neugebauer: Hermaphroditismus beim Menschen: Abb. 332. Eine bärtige Frau öffentlich zur Schau gestellt,
endete durch Selbstmord 1876 zu Freiburg i. d. Schweiz. Beschrieben von Ecker

Danksagung

Förderprogramm zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes des Landes Berlin

Literatur

  • Hirschfeld, Magnus (1913): Geschlechtsübergänge. Mischungen männlicher und weiblicher Geschlechtscharaktere (Sexuelle Zwischenstufen). Leipzig, Text vor Tafel XIV
  • Levy-Lenz, Ludwig (1931): Hexenkessel der Liebe. Ein Querschnitt durch Erscheinungsformen menschlichen Geschlechtslebens. Leipzig, Seite 241
  • Neugebauer, Franz Ludwig von (1908): Hermaphroditismus beim Menschen. Leipzig, Seite 653
Veröffentlicht Veröffentlicht
1908
Franz Ludwig Neugebauer
Leipzig
Veröffentlicht Veröffentlicht
1913
Magnus Hirschfeld
Leipzig
Veröffentlicht Veröffentlicht
1931
Ludwig Levy-Lenz
Leipzig
Besessen Besessen
1919
Institut für Sexualwissenschaft
Berlin-Tiergarten
Verschollen Verschollen
1933
Berlin
1907 1935
Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft

Objekt aus: Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft

Die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e. V. (MHG) ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein mit Sitz in Berlin, der sich 1982 mit dem Ziel gegründet...

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