Original: Deutsch
N. No
Merkblatt für Eheschließende
Gesundheitliche Ratschläge
Wer willens ist sich zu verehelichen, möge nach-
stehendes beachten und beherzigen:
Gesundheit von Mann und Frau ist ein Grund-
pfeiler für das Glück in der Ehe. Im gesunden Men-
schen wohnen gesunder Sinn, Kraft und Schaffens-
freude, kurz, alle diejenigen Körper- und Geistes-
kräfte, die Zufriedenheit im ehelichen Leben und
eine gesunde Nachkommenschaft verbürgen.
Krankheit des einen wirkt schädigend auf den
anderen, macht ihm vermehrte Arbeit, nimmt die
Lebensfreude, bringt Kummer und Sorge ins Haus.
Krankheiten können bei dem Zusammenleben in
der Ehe auf den anderen Gatten übertragen werden.
Ganz besonders hart aber werden die Kinder von
gewissen Krankheiten der Eltern betroffen. Schon
wenn Krankheit von Vater und Mutter nur ungün-
stige wirtschaftliche Verhältnisse in der Ehe zur
Folge hat, leiden darunter Gedeihen und Erziehung
der Kinder. Noch schlimmer aber ist, daß gewisse
Krankheiten oder die Veranlagung hierfür auf die
Kinder übergehen und ihre körperliche und geistige
Entwicklung schwer schädigen. Auch zeugen kranke
Eltern meist schwächliche, leicht zur Erkrankung
neigende Kinder. Bleibt die Ehe kinderlos, SO ist
nicht selten elterliche Krankheit daran schuld.
Besonders unheilvoll sind für Eltern wie für Kinder
die Tuberkulose (Schwindsucht) sowie die G e -
schlechts- und Geisteskrankheiten;
nicht minder verderblich wirken Trunksucht,
Morphium- oder Kokainmißbrauch.
Deshalb ist es für jeden, der heiraten will, heilige
Pflicht gegen sich selbst, gegenüber seinem künf-
tigen Ehegatten und den erhofften Kindern, daß er
sich vorher vergewissert, o b der wichtige
Schritt zur Verehelichung mit sei-
nem Gesundheitszustand sich vereinbaren läßt.
Die Brautleute müssen ernstlich prüfen, ob nicht
nur die gegenseitige Liebe und die wirtschaftlichen
Verhältnisse, sondern auch die beiderseitige
Gesundheit Gewähr für ein glückliches und be-
friedigendes Eheleben bieten. Dafür, daß die Prüfung
geschieht, tragen die Verantwortung auch die Eltern
der Brautleute sowie die Vormünder und son-
stige Elternvertreter, die rechtlich und sitt-
lich jederzeit für das Wohl ihrer Pflegebefohlenen
zu sorgen verpflichtet sind.
Nur der Arzt kann sagen, ob eine
Krankheit vorliegt, welche zur Zeit
die Heirat nicht ratsam erscheinen
läßt. Gar mancher ist krank, ohne es überhaupt
zu wissen.
Verlobter und Verlobte, jeder von beiden, sollen
zu einem Arzt, der ihr Vertrauen genießt, gehen und
ihn um sein sachverständiges Urteil bitten. Frei und
offen soll ihm die volle Wahrheit gesagt werden. Zu
Besorgnis liegt kein Grund vor, denn der Arzt muß
volle Verschwiegenheit wahren, setzt sich sogar straf-
rechtlicher Verfolgung aus, wenn er diese Pflicht ver-
letzt. Rät der Arzt angesichts des augenblicklichen
Gesundheitszustandes von der Ehe ab, so sollen die
Verlobten auf Vernunft und Gewissen hören und
von der Eheschließung bis auf weiteres Abstand
nehmen. Viel größer ist der Schmerz und ungleich
bitterer ist die Enttäuschung, wenn sie diesem Rat
nicht folgen, mit seligen Erwartungen in die Ehe ein-
treten, hinterher aber mit ihren Hoffnungen Schiff-
bruch leiden. In der Regel wird übrigens die ärzt-
liche Untersuchung nur die Bestätigung der Heirats-
fähigkeit bringen. Schon oft ist die bange Sorge,
untauglich für die Ehe zu sein, durch die ärztliche
Untersuchung behoben, in vielen Fällen dem Unter-
suchten daneben wertvoller ärztlicher Rat zur Be-
hebung seines der Verehelichung nicht weiter hin-
derlichen Leidens zuteil geworden.
Aber auch wer tatsächlich in einem zur Verhei-
ratung nicht geeigneten Gesundheitszustand befun-
den werden sollte, wird oft genug vom Arzte zugleich
erfahren, daß er mit ärztlicher Hilfe seine Gesund-
heit wiederzuerlangen vermag. Er kann dann einige
Zeit später mit gutem Gewissen und mit Aussicht
auf wahres Familienglück die Ehe schließen.
Von dem Ergebnis der ärztlichen
Befragung sollten sich die Braut-
leute gegenseitig, bevor sie den end-
gültigen Entschluß zur Verehe-
lichung fassen, unterrichten oder
sich durch Vermittlung ihrer Eltern,
Vormünder oder sonstigen Eltern-
vertreter Kenntnis geben Wer dies
unterläßt, begeht schweres Unrecht,
das sich bitter rächen kann.
Wer aber weder rein menschlichen Gefühlen noch
dem Rufe des Gewissens Gehör gibt, der sei auf
folgendes hingewiesen: Nach dem Gesetz zur Be-
kämpfung der Geschlechtskrankheiten
wird mit Gefängnis bestraft, wer weiß, oder
den Umständen nach annehmen muß, daß er an
einer mit Ansteckungsgefahr ver-
bundenen Geschlechtskrankheit lei-
det und trotzdem eine Ehe eingeht, ohne
dem anderen Ehegatten vor der Eingehung der Ehe
über seine Krankheit Mitteilung gemacht zu haben.
Diese Vorschriften gelten auch für Ver-
heiratete.
Mögen vorstehende Darlegungen bei allen, die es
angeht, Beachtung und Befolgung finden. Sie stützen
sich, auf reiche Erfahrungen des Lebens und sollen
in wohlmeinender Absicht nur unglückliche Ehen
verhüten.
Dieses Merkblatt soll der Standesbeamte gemäß § 430 der Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden den Verlobten und denjenigen, deren Einwilligung zu der Verehelichung nach dem Gesetz erforderlich ist, vor der Anordnung des Aufgebots aushändigen!
B 148 Merkblatt für Eheschließende, Nachdruck verboten!
Verlag für Behördenbedarf, Baden-Baden
Vertriebsstelle des Verlags für Standesamtswesen,
B 148