Als Mitglieder des Historischen Vereins Ingolstadt 1994 auf dem Grundstück Franziskanerstraße 9 drei Latrinen mit Fundmaterial des Späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit ausgruben, fiel schon bei der Bergung ein vollständiges Keramikgefäß auf, das von Anfang an als Trinkbecher interpretiert wurde. Werner Endres gab solchen konischen Bechern mit „ausladender, eher rund geformter Lippe“ und übereinstimmenden Gefäßhöhen von ca. 13,5cm bei Mündungsdurchmessern von ca. 13cm aus Landshut die Bezeichnung „Landshuter Becher“.
Ingolstadt gehörte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zum Herzogtum Bayern-Landshut. Daher wurden die Ingolstädter Funde im Frühjahr 2016 im LANDSHUTmuseum sowie im zugehörigen Museumsmagazin mit den dortigen Funden verglichen. Dabei stellte sich heraus, dass das Stück aus Ingolstadt in seiner Machart dem Augenschein nach den formgleichen Bechern aus Landshut anzuschließen ist.
Im Ingolstädter Fundgut existiert eine weitgehende formgleiche und ziemlich vollständig erhaltene Parallele aus einer Latrine in der Ludwigstraße 12. Ihre Magerung ist jedoch gröber und die Oberflächen sind rauer. Ob der „Landshuter Becher“ von Ingolstadt und seine mögliche lokale Nachahmung ein archäologisches Zeugnis der gemeinsamen Geschichte der beiden Städte oder lediglich einen Niederschlag der damals allgemein üblichen Handelskontakte darstellen, muss vorerst offen bleiben.