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Fahne des Evangelischen Arbeiter und Bürgervereins, Gladbeck-Brauck mit Martin Luther-Portrait

Museum der Stadt Gladbeck Stadtgeschichte, Kulturgeschichte, Volkskunde [o.Inv.]
Fahne des Evangelischen Arbeiter und Bürgervereins, Gladbeck-Brauck mit Martin Luther-Portrait (Museum der Stadt Gladbeck CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Museum der Stadt Gladbeck / Udo Bleidick (CC BY-NC-SA)
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Beschreibung

Die kostbare Vereinsfahne zeigt auf der ausgestellten Vorderseite auf dunkelrotem Samt ein Bildnis des Reformators Martin Luther, rechts und links von Eichenlaub und unten durch ein an den Seiten geschweiftes Schriftband begrenzt. Die Inschrift „Eine feste Burg ist unser Gott“ bezieht sich auf ein Kirchenlied, das für die Protestanten große Symbolkraft besaß. Den Text schrieb Martin Luther vermutlich vor 1529. Vereinsname, Gründungsort und -datum rahmen das Bildnis. Unter dem Ortsnamen befindet sich eine Kartusche mit einer Darstellung der Pauluskirche in Brauck. In den anderen drei Ecken sind runde Medaillons mit gestickten Pflanzenmotiven angebracht. Ein zartes Rankenmuster umfasst die Medaillons, füllt die Ecken und läuft in zwei feinen Linien aus, die den äußeren Rahmen der Fahne bilden.

Auf der weniger aufwendig gestalteten Rückseite ist auf beigefarbener Seide in der Mitte ein ovales petrolfarbenes Medaillon mit einem Kreuz angebracht, das von zwei Händen gehalten wird. Darunter befinden sich Lorbeerzweige. Eingefasst wird das Medaillon von einer zweigeteilten Inschrift mit einem Vers des Apostels Paulus aus dem ersten Brief an die Korinther: „Wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark! 1. Kor. 16.13.“ Typisch für den Apostel ist in diesem Vers die männliche Sprache. Gleichwohl waren ihm in seinem Kirchen- und Menschenbild die Frauen wichtig.

Hergestellt wurde die Fahne in der Bonner Fahnenfabrik, die im 20. Jahrhundert zu den größten Fahnenherstellern in Deutschland zählte. Der Fabrikname ist unten links auf der Fahne aufgestickt.
Mit dem Aufkommen des Bergbaus gegen Ende des 19. Jahrhunderts zogen auch Menschen evangelischen Glaubens aus der Grafschaft Mark und aus Holland nach Brauck. Anfang des 20. Jahrhunderts kamen evangelische Arbeitskräfte aus dem preußischen Osten, insbesondere aus Schlesien, Ostpreußen und Masuren, dazu. Viele von ihnen sprachen polnisch bzw. einen polnischen Dialekt. Evangelische Gottesdienste fanden zunächst im Betsaal im Zentrum von Gladbeck statt, wo heute das Neue Rathaus steht. Andachten für die polnischsprachigen Gemeindemitglieder wurden im Gemeindesaal abgehalten. Für die Masuren gab es einen eigenen Gemeindehelfer. Ab 1903 erhielten die evangelischen Kinder in der neu errichteten Antoniusschule an der Ecke Roßheidestraße/Heringstraße in Brauck gesonderten Unterricht, und ab 1904 wurde alle zwei Wochen ein evangelischer Notgottesdienst angeboten. Im Jahr 1907 wurde die evangelische Schillerschule in der Nähe der Kokerei der Zeche Matthias Stinnes fertiggestellt. 1908 kam es zur Gründung des evangelischen Frauenvereins „Frauenhilfe“, der 1912 180 Mitglieder zählte. So wurde bei Gründung des Evangelischen Arbeiter- und Bürgervereins in Brauck im Jahr 1912 das Gemeindeleben in der evangelischen Pauluskirche noch auf- und ausgebaut. Drei Jahre zuvor war die Pauluskirche als Filialkirche an der Roßheidestraße eingeweiht worden. Aufgrund der stetig steigenden Zahl der evangelischen Christen in Brauck erhielt die Gemeinde 1912 eine volle Pfarrstelle.

Der Evangelische Arbeiter- und Bürgerverein wurde mit dem Ziel gegründet, die Bildung und Sittlichkeit seiner Mitglieder zu fördern und diese in Notsituationen zu unterstützen. Es ist wahrscheinlich, dass dem Verein vor allem Bergleute angehörten, die auf der Zeche Graf Moltke sowie auf den Schächten der Zeche Matthias Stinnes arbeiteten. Der Vereinsvorsitzende Julius Salewski war selbst Bergmann.

Die Entstehung der evangelischen Arbeitervereine ist eng mit dem Ruhrgebiet verbunden. 1882 wurde in Gelsenkirchen der erste Arbeiterverein gegründet. Die Vereine verbreiteten sich zuerst im Ruhrgebiet, später in Westfalen sowie im Rheinland und dann im ganzen Reichsgebiet. Ihr Zusammenschluss zu einem Dachverband erfolgte 1890. Die Ausrichtung der Vereine war antikatholisch und antisozialdemokratisch, einerseits nationalsozial orientiert, während eine zweite Gruppe die Mitarbeit der Vereinsmitglieder in den christlichen Gewerkschaften befürwortete. Vermutlich verfolgte der Verein in Brauck ebenso wie der evangelische Arbeiterverein in Gladbeck-Mitte politische Ziele. Letzterer wurde bereits 1903 als Gegenposition zur Sozialdemokratie und dem freigewerkschaftlichen „Alten Verband“ gegründet und setzte sich für ein harmonisches Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ein. Karl Glauert, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde in Gladbeck-Mitte, der 1912 für den Reichstag kandidierte, unterstützte diese Ausrichtung, was eine Gruppierung ins Leben rief, die sich für seine Absetzung stark machte. Dies geht aus dem Überwachungsprotokoll der Polizei aus dem Jahre 1911 zu einer Versammlung in der Gaststätte Ratay in der Nähe der Bergarbeiterkolonie der Zeche Matthias Stinnes hervor. Zu den Glauert-Gegnern gehörte auch Julius Salewski, der sich gleichzeitig als Vorsitzender des „Christlichen Bergarbeiterverbandes“ in Gladbeck-Mitte engagierte.

Die Pauluskirche wurde 2007 geschlossen, 2011 verkauft und 2014 abgerissen. Die Fahne des Evangelischen Arbeiter- und Bürgervereins Gladbeck-Brauck repräsentiert deshalb nicht nur beispielhaft das vielfältige Vereinsleben in Gladbeck, sondern ist darüber hinaus auch wichtiges Zeugnis aus den Anfängen der Pauluskirchengemeinde in Brauck.

Material/Technik

Seide, Samt, Stickerei, Metallfäden

Maße

LxB: 102 x 97 cm

Literatur

  • Schönebeck, Christine (2015): Damals in Brauck. Gladbeck
Hergestellt Hergestellt
1912
Bonner Fahnenfabrik
Bonn
Wurde genutzt Wurde genutzt
1912
Gladbeck
1911 2009
Museum der Stadt Gladbeck

Objekt aus: Museum der Stadt Gladbeck

Das Museum der Stadt Gladbeck ist untergebracht im historischen Herrenhaus und Torhaus des Wasserschlosses Wittringen (Freizeitstätte Wittringen),...

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