museum-digitaldeutschland
STRG + Y
de
Objekte gefunden: 21
OrtRathausstraße (Lippstadt)x
Suche verfeinernGezielte Suche Sortiert nach: ID

Kaminplatte von 1582 "Simson und Delila"

Stadtmuseum Lippstadt Museumsgebäude Palais Rose Ofen- & Herdzubehör [ohne Inv. Nr.]
Kaminplatte von 1582 (Stadtmuseum Lippstadt CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Stadtmuseum Lippstadt / Stadtmuseum Lippstadt (CC BY-NC-SA)
1 / 1 Vorheriges<- Nächstes->
Kontakt Zitieren Datenblatt (PDF) Originalversion (Datensatz) Entfernung berechnen Zum Vergleich vormerken Graphenansicht

Beschreibung

Kaminplatte von 1582

Im Jahr 1958 hat man bei Ausschachtungsarbeiten im Haus Rathausstraße 13, da, wo heute das Stadtmuseum ist, in mehr aus einem Meter Tiefe eine Schicht mit Brandresten gefunden. Diese Schicht stammt aus der Zeit vor dem Bau des Hauses und ist wohl dem zweiten großen Stadtbrand von 1656 zuzuordnen.
Die enge Bebauung mit straßenseitigen Wohnhäusern und ihren nach hinten gelegenen Nebengebäuden wie Scheunen und Ställen, dazu häufig in Fachwerkbauweise, möglicherweise sogar mit strohgedecktem Dach, das Hantieren der Bewohner mit feuergefährlichen Materialien wie Stroh, das Füttern der Tiere im Dunkeln bei brandgefährlichen Lichtquellen wie Kienspänen, Talg- oder Öllichtern, das Kochen auf wenig geschützten Kochstellen, Handwerksbetriebe inmitten der Stadt, die mit Feuer arbeiteten, - das alles war für das Leben in einer Stadt des 17. Jahrhunderts ein hohes alltäglich durch angemessene Verhaltensregeln zu tolerierendes Risiko. Dennoch kam es immer wieder zu Stadtbränden, nach denen, gleich einem Modernisierungsschub, die Bebauung noch einmal neu überdacht, aufgelockerter und brandsicherer gestaltet wurde. (Z.B. Verbot von Strohdächern, z.B. Verlegen von Scheunen oder auch Schmieden vor die Tore der STadt) Der zweite von den drei Stadtbränden 1644, 1656 und 1676 in Lippstadt war der folgenschwerste. Am 15. August 1656 hatte spätabends ein Gewitter die Bewohner überrascht. Eine voll bepackte Scheune wird vom Blitz getroffen, alles Löschen hilft nur wenig, ganze Straßenzüge der Rathausstraße, der Poststraße, der Fleischauerstraße und in den Hallen sind dem Brand zum Opfer gefallen. Insgesamt sind mehr als 300 Häuser verbrannt, das entspricht mehr als der Hälfte des damaligen Hausbestandes. Auch das Haus Rathausstraße 13 musste neu auf den Brandresten des alten errichtet werden.
Wie stark dieses Feuer gewesen sein muss, belegt die auf das Jahr 1582 datierte gußeiserne Kaminplatte, die zusammen mit einer gespaltenen gußeisernen Ofenplatte 1958 in der Brandschicht gefunden wurde. Sie ist geradezu verbogen und Teile sind weggeschmolzen, woraus die große Fehlstelle unten in der Mitte resultiert.
Nun sind es ja Kaminplatten gewesen, die helfen sollten, das der Wärme oder dem Kochen dienende Feuer des Kamins so im Zaum zu halten, dass es nicht auf die Wand übergehen konnte.
In den Häusern war das Feuer aus der Mitte des Raums an die Wand gerückt. Aufgemauerte Steine sollten die Wand schützen. In der Oberschicht werden im 16. Jahrhundert gegossene Kaminplatten modern, die noch sehr kostspielig sind und als Repräsentationsobjekte im Rahmen eines gehobenen Wohnstils zur Schau gestellt werden. Als separat der Wärme dienende Einrichtungen kommen nun auch gußeiserne Öfen auf, die aus mehreren Ofenplatten zusammengesetzt sind und beispielsweise in Ratssälen gesetzt werden.
Im zweiten Viertel des 16. Jahrhundert werden in der Grafschaft Waldeck und im angrenzenden Raum Brilon-Marsberg erste Hochöfen betrieben. Der Eisenguss erfolgt in Saisonarbeit, wandernde Hüttenarbeiter verbreiten Technik, Motive und Modelle, Händler steigen in den Vertrieb ein, aus einem Luxusgegenstand wird in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts bereits ein gehobenes Ausstattungselement des Bürgerhauses.
Dabei sind Technik und Motivik der Kaminplatten oder Ofenplatten eng am frühen, bebilderten Buchdruck orientiert. Es gibt sogar frühe Ofenplatten, die wie eine Seite aus der Bibel gestaltet sind, also eigentlich nur Schrift zeigen und damit für die Präsenz des Wortes Gottes gerade in Rats- oder Gerichtssälen standen.
Die Schrift selbst ist häufig schlecht lesbar, denn die Fertigung der Platten erfolgte in eine Gussverfahren, bei dem mit positiven Holzformen gearbeitet wurde, die in Formsand gedrückt wurden. In diese negative Sandform wurde dann das Eisen gegossen. Bei unserer Kaminplatte aus der Rathausstraße sind mehrere Formen kombiniert worden.
Oben, im mittleren Feld der Kaminplatte wurde eine Form genutzt, die auf der Vorlage einer Illustration aus der Frankfurter Bibelausgabe mit Illustrationen von Jost Amman von 1565 („Biblia. Das ist die gantze heylige Schrifft Teutsch....Frankfurt am Mayn 1565) basiert. Es geht um einen Bibelholzschnitt zur Geschichte von „Simson und Delia“ aus dem alten Testament (Richter 16,4-22). Simson liegt schlafend im Schoß von Delia. Delia schneidet ihm die Haare ab. Damit ist ihm seine unbezwingbare Kraft genommen.
Im Bogen über diesem Feld schließt nun eine durchaus den Deutungshorizont und die Rollenbilder der Zeit spiegelnde Frage an: „ICH WOLDE GERN WISSEN WI DER HEISSE DER SICH (VON) FRAVWEN NIT BEDRIGEN LISSE “ Die zugrunde liegende Form wird dem Formschneider Philipp Soldan aus Frankenberg zugeschrieben, der diese Form Mitte des 16. Jahrhunderts westlich der Weser geschaffen hat. Es ist aber davon auszugehen, dass nicht nur beim Entstehungsprozess einer Form das sogenannte „Abkupfern“ von bestehenden Holz- oder KUpferstichen eine Rolle spielte, auch das dann entstandene Produkt der Form wurde wiederum nachgeschnitten. Ein Urheberrecht im heutigen Sinne entsprach dem Rechtsempfinden der Zeit nicht.
Im Feld unter dem zentralen biblischen Bildmotiv ist das Christusmonogramm in einem Strahlenkranz zu sehen, in den Zwickeln dieses Feldes erscheinen die Ziffern, aus denen sich die Datierung ergibt.
Für die Felder rechts und links wurden Modelle von Hannibal und Scipio verwendet, die auch in Kombination mit anderen Hauptmotiven bekannt sind. Der dreibogige obere Abschluss der Kaminplatte verweist auf den optischen Eindruck, der hiermit an der Kaminseite eines Saales erzielt werden konnte.
Nach dem 2. Stadtbrand sind in Lippstadt übrigens keine offenen Kamine mehr in die repräsentativen Säle der ersten Obergeschosse eingebaut worden. Seitdem sind nur noch Öfen nachweisbar. C.S.

Material/Technik

Eisen / gegossen

Hergestellt Hergestellt
1582
Vorlagenerstellung Vorlagenerstellung
1565
Jost Amman
Vorlagenerstellung Vorlagenerstellung
1565
Philipp Soldan
Wurde genutzt Wurde genutzt
1582
Rathausstraße 13 (Lippstadt)
1564 1658
Stadtmuseum Lippstadt

Objekt aus: Stadtmuseum Lippstadt

Das Stadtmuseum Lippstadt ist in einem ehemaligen Patrizierhaus im Zentrum der Altstadt untergebracht. Sein jetziges Aussehen erhielt das Haus im 18....

Das Museum kontaktieren

[Stand der Information: ]

Hinweise zur Nutzung und zum Zitieren

Die Text-Informationen dieser Seite sind für die nicht-kommerzielle Nutzung bei Angabe der Quelle frei verfügbar (Creative Commons Lizenz 3.0, by-nc-sa) Als Quellenangabe nennen Sie bitte neben der Internet-Adresse unbedingt auch den Namen des Museums und den Namen der Textautorin bzw. des Textautors, soweit diese ausdrücklich angegeben sind. Die Rechte für die Abbildungen des Objektes werden unterhalb der großen Ansichten (die über ein Anklicken der kleineren Ansichten erreichbar werden) angezeigt. Sofern dort nichts anderes angegeben ist, gilt für die Nutzung das gerade Gesagte. Auch bei der Verwendung der Bild-Informationen sind unbedingt der Name des Museums und der Name des Fotografen bzw. der Fotografin zu nennen.
Jede Form der kommerziellen Nutzung von Text- oder Bildinformationen bedarf der Rücksprache mit dem Museum.