Nachdem Camille Corot zunächst eine kraftvolle, realistische Freilichtmalerei pflegte, entwickelte er nach 1850 einen lyrisch-poetischen Landschaftsstil. Fein nuancierte Farbtöne in der Skala zwischen silbrigem Grau und schwarzdunklem Grün brachte der Künstler nun mit zarter Pinselführung auf die Leinwand. Dunstige Luft und helle Lichtgespinste wurden die Stimmungsträger seiner Landschaften. Zu den bevorzugten Motiven von Corots Spätwerk gehören Blicke durch Baumgruppen auf ruhige Gewässer mit locker eingefügten Figuren, die unspektakulären Tätigkeiten nachgehen. In der um 1855 entstandenen Ansicht der Seine bei Chatou drückte Corot die Atmosphäre eines regenfeuchten Sommertages aus. Die Fischer in ihrem Boot und zwei Kräuter sammelnde Bauersfrauen auf der Wiese im Vordergrund gehen ihrem Tagwerk nach. Vom Dorf Chatou, nördlich vom elterlichen Landhaus in Ville-d’Avray gelegen, sind in dieser vom Licht umflossenen Landschaft nur wenige Häuser sichtbar. | Birgit Verwiebe