Unter Erzbischof Ruthard von Mainz wurde 1108 auf dem Disibodenberg in der nördlichen Pfalz der Grundstein zu einer großen Abteikirche der Benediktiner gelegt. Die berühmte Hildegard von Bingen verbrachte fast vierzig Jahre (1112-1148) in der Frauenklause des Klosters. Aus jener Glanzzeit des Klosters stammt diese als „Keltertrog“ überlieferte Spolie. Das Historische Museum der Pfalz erwarb das Exponat Anfang des 20. Jahrhunderts vom Weingut Grossarth in Odernheim am Glan, dort war es bis zuletzt als Keltertrog in Gebrauch. Die Herkunft aus dem ehemaligen Benediktinerkloster Disibodenberg, dessen Ruinen Ende des 18. Jahrhunderts zum Abbruch freigegeben wurden, gilt als gesichert. Auch wenn das Exponat in Letztverwendung als Keltertrog überliefert ist, darf eine ebensolche Erstverwendung als wenig wahrscheinlich angenommen werden. Es ist aber nach wie vor nicht völlig auszuschließen, dass der Disibodenberger Keltertrog zu einer großen Baumkelter gehörte. Die aufwändige bildhauerische Bearbeitung mag man mit der besonderen christlich-mittelalterlichen Wertschätzung des Weines erklären, die z. B. auch in der mystischen Gleichsetzung Christi mit der Kelter zum Ausdruck kommt. Allerdings fehlen entsprechend skulptierte Vergleichsstücke, die sonst überlieferten Keltertröge sind allesamt schmucklos. Wahrscheinlicher ist, dass es sich beim Keltertrog ursprünglich um ein Architekturteil in der Art eines Kämpfers handelte. Die Spolie besitzt drei Schauseiten, die Rückseite ist geglättet. Über die drei Schauseiten zieht sich ein mittelalterliches Bestiarium von Tier- und Fabelgestalten, die allesamt dem damals geläufigen "Physiologus" entstammen dürften: Ein Adler schlägt einen Hasen, geflügelte Greife halten zwei Drachenwesen fest. Auf der rechten Schmalseite schließlich ist ein Weinrankenrelief mit einer großen Weintraube zu sehen. Die bildhauerische Arbeit legt einen Zusammenhang mit der u.a. am Mainzer Dom zeitgleich tätigen Gruppe norditalienischer Steinmetze nahe.