In dem Haarbild umrahmt ein Haarkranz aus blonden bis hellbraunen Haaren zwei mit chromolithografierten Oblaten beklebte und bemalte Grabkreuze aus Holz unter einer hölzernen Trauerweide. Darunter ist zu lesen: »Die Heimat der Seelen ist droben im Licht« sowie die Namen der Verstorbenen: »Joh. Georg Frank« und »Ursula Frank«. Namen und Gedenkspruch in Fraktur und zahllose kleine Sterne sind in Laubsägetechnik gearbeitet und zum Teil goldfarben bemalt. Zwei Oblatenengel, ein lithografierter Putto sowie zwei kleinere Oblaten mit Blumenmotiv füllen die Lücken, die Haar- und Laubsägearbeiten gelassen haben. Alle diese Elemente befinden sich auf einem schwarzen, samtenen Untergrund, der durch eine laubgesägte Bordüre vom blau bemalten Hintergrund aus Papier abgesetzt ist. Auf dem blauen und an den Rändern mit weißen Linien verzierten Untergrund ist zu lesen:
Denkmal der Liebe und Trauer für meine geliebte vorangegangene [sic] Eltern: Joh. Georg Frank, geb. den 15. März 1823, gest. den 13. Sept. 1905. Leichentext: Ev. Joh. 11,9. Sind nicht des Tages 12 Stunden. Und 1 Joh. 2,18. Kinder, es ist die letzte Stunde. Ursula Frank, geb. den 8. Okt 1824, gest. den 31. Okt. 1908. Leichentext: 1 Mos. 25,9. Und nahm ab, und starb in einem ruhigen Alter, da er alt und lebenssatt war. Gewidmet von der tr. Tochter: Christine Frank. Schlafet sanften Todes Schlummer, Engel stehen um euch her, Es berührt der Erde Kummer, Euch, o Eltern nun nicht mehr, Euer Geist ist heimgegangen, Hat des Himmels Kranz empfangen, Schwang zu jenem selgen Chor, Fessellos sich nun empor.
Die Rückseite des Kastenbildes ist bedeckt mit einer Zeitungsseite voller Anzeigen von 1909.
Hergestellt wurde dieses Gedenkbild von Walburga Enderle in Feldstetten auf der Schwäbischen Alb. Die enthaltene Haararbeit stammt von einer weiteren Feldstetterin mit dem Spitznamen »Garten-Barbara«. Die Kastenbilder von Walburga Enderle sind sich stilistisch recht ähnlich und gleichzeitig unverwechselbar: Der schwarze Samt auf blauem Hintergrund, die feinen Laubsägearbeiten, die Verwendung von chromolithografierten Oblaten sowie Motive wie die Trauerweide, Engel, Blumen und Kreuze wiederholen sich. Walburga Enderle, die mit den Kastenbildern das Familieneinkommen aufbesserte, war äußerst produktiv: Allein das MEK besitzt drei Kastenbilder Enderles, wobei das dritte (D (55 I 65) 154/1990) keine Haararbeit enthält. Etliche weitere befinden sich in anderen Museen wie dem Museum der Alltagskultur in Waldenbuch oder dem Museum für Sepulkralkultur Kassel. Neben Totengedenkbildern fertigte Walburga Enderle auch Konfirmations- und Hochzeitsandenken.
Literatur: Jana Wittenzellner (2020): Haarbilder. Erinnerungen unter Glas. Husum: Verlag der Kunst.