Um die Mitte des 13. Jahrhunderts erhielten die Frauen der wachsenden jüdischen Gemeinde einen eigenen Betraum. Damit sich die Männer beim Gebet nicht ablenken ließen, blieb die Außenwand der Synagoge als Trennung zu der südlich daran angebauten "Frauenschul" bestehen. Durch sechs Hörschlitze in der Mauer konnten die weiblichen Gemeindemitglieder den Gottesdienst verfolgen. Während die Männersynagoge mit einem schlichten Sandsteinplattenboden ausgestattet war, zierten den Fußboden des Frauenbetraums Tonplatten mit Reliefverzierung. Quadratische Abdrücke im mittelalterlichen Mörtelbett zeigen, dass vermutlich der gesamte Raum mit Motivfliesen ausgelegt war. Als die Gebäude nach 1530 als städtisches Zeughaus dienten, fanden die meisten Fliesen anderweitig Verwendung. Einzelne Exemplare landeten jedoch im Bauschutt, wo sie Archäologen 2001 ausgruben. Ähnliche Muster (hier: stilisierte Lilie, Kreisornament, Löwe) finden sich nicht nur im Synagogenbereich, sondern auch in Kirchen, Klöstern, Burgen oder reich ausgestatteten Privathäusern aus dieser Zeit. Der Zweck des Gebäudes oder der Glaube der Auftraggeber spielte offensichtlich keine Rolle bei der Auswahl der Motive; allein der Zeitgeschmack war ausschlaggebend.