Blumenbilder durchziehen das Werk von Ury, wenngleich seine Stadtansichten bekannter wurden und ihm die Darstellung biblischer Gestalten vielleicht wichtiger war. Schon bei den ersten Blumenmotiven der 1880er-Jahre (vgl. „Blumen auf dem Kamin“, 1882, A II 401) erprobte der Künstler an ihnen das Zusammenspiel von Farbe und Struktur. Fast immer leuchten die Blüten aus einem Dunkel hervor. Das Schwarz der Frühzeit wandelte sich in den 1890er-Jahren zum charakteristischen Ury-Blau. In seinen Nachtansichten Berliner Straßen wie in vielen Stillleben betonte der Maler den starken Gegensatz von Hell und Dunkel und steigerte so den Eindruck ins Magische. Aus dem blau-grünen Hintergrund des vorliegenden Bildes blitzen die weißen Blüten der kleinen Herbstchrysanthemen hervor wie bei den Stadtansichten vielfach die Straßenlaternen aus dem nächtlichen Dunkel (vgl. „Berliner Straße bei Nacht“, 1889, NG 10/12). Ury liebte wohl wegen dieses Gegensatzes weiße Blumen, so gibt es die Bildgruppen „Weiße Nelken“, „Weiße Chrysanthemen“ und, ebenfalls in Weiß, „Fliederstrauß“ (A II 403). Und häufig ergänzt eine blaue Vase, manchmal sogar eine blaue Decke, den blautonigen, reich variierten Hintergrund. Zugleich hat Ury hier die Tradition historischer Stillleben mit ihrer Vergänglichkeitssymbolik zitiert: Rechts hängt ein Stängel herab, ein anderer ist aus der Vase gefallen und dessen Blüte damit dem raschen Verwelken geweiht. In der Inventarliste des Nachlasses von Ury, der 1932 kurzzeitig in der Nationalgalerie deponiert war, wird ein kleineres Bild desselben Titels genannt (SMB-ZA, NG 858). | Angelika Wesenberg
