Holzschnitt von Nil Ausländer aus dem Zyklus "Deutsche Geschichte", 1979
Nil Ausländer (geb. 1944) war u.a. als Maler, Graphiker und Galerist in Berlin und Kummerow tätig. Bekannt geworden ist er u.a. in den siebziger und achtziger Jahren in West-Berlin durch legale und illegale politische Wandbilder mit der Künstlergruppe Ratgeb. Auch der hier gezeigte Holzschnitt gehört in diese Zeit politisch-gesellschaftskritischer, antibürgerlicher Arbeit als Künstler.
Gezeigt wird der durch seine luxuriöse Hofhaltung bekannte brandenburgische Kurfürst der Renaissancezeit bei einem opulenten Mahl, begleitet von einer Bier einschenkenden Dienerin in einem Renaissance-Säulen-Rahmen. Mehrere deutlich formulierte In- und Aufschriften sowie die drastische "Völlerei"-Darstellung schildern den Dargestellten als negative historische Gestalt, obgleich die bildliche Gesamt-Aufmachung mit dem schmuckvollen Rahmen im ersten Moment noch nicht an eine kritische Inszenierung denken lässt, umso mehr wohl auch eher ironisch gemeint ist.
Die Inschriften (alle in Versalien) lauten:
Oben im Kopf des Rahmens, mittig: "Die Bauern auskaufen / fressen + saufen / meine Lust".
In der rechten oberen Ecke des Rahmens beginennd und dann darunter am rechten Rand bis über die Mitte fortgesetzt: "Sein Lasterleben brachte / immer neue Schul- / den, die / er aus / Kirchen- / gutraub / und / Ab / tre / tung / von / Rech / ten der / Bauern an / den Adel / zu decken / wusste. / Nach sei / nem Tod / war die / Finanz / verwue / stung voll / kommen, / die Bauern / zu Leibeigenen / der Junker gemacht".
Rechts unten auf dem Tisch, groß: "1505–1571 / Joachim II. / Kurfuerst von Brandenburg".
Im Sockel: "Der aergste Wuestling und Verschwender seiner Zeit".
Provenienz: Erworben 2021 im Berliner Kunsthandel (Graphische-kunst-berlin, Nachlassabwicklung Paul Dufrasne, Raphael Meunier).