Seit den 1840er Jahren beschäftigte sich Gallait mit dem Mutter-Kind-Thema unter den verschiedensten Aspekten. Dabei spielten sowohl soziale Hintergründe eine Rolle (vgl. »Das Lied des Gefangenen«, 1852, Musées royaux des Beaux-Arts de Belgique, Brüssel) als auch private (vgl. »Frau Gallait mit ihrer Tochter Amélie im Atelier«, 1848, ebd.). Die Reihe der Mutterfiguren reicht von Zigeunerinnen und Italienerinnen bis zur klassischen Madonnenfigur. Gallait hat diesen Bildtypus auch als symbolische Darstellung von Glück und Frieden in der Gegenüberstellung zu Unglück und Krieg verwandt.
Das Berliner Bild nähert sich von allen erfaßbaren Bildern dieses Themas am stärksten der klassischen Mariendarstellung mit Christus und dem Johannesknaben. Gegenüber der zugrundeliegenden Ölstudie »Der Abend«, (1849, auch »Das Abendgebet«, Stedelijk Museum, Amsterdam) wurden dem Bild eine üppige Weindekoration sowie ein seitlicher Pfeiler hinzugefügt. In Übereinstimmung mit allen verwandten Bildern Gallaits basiert es auf einer strengen Dreieckskomposition. | Helga Weißgärber