»Ein Kolossalbild«, nannte Karl Bone, Rezensent der Deutsch-Nationalen Kunstausstellung in Düsseldorf 1908, Saltzmanns Gemälde »Ich hatt’ einen Kameraden« (in: Die christliche Kunst, 4. Jg., 1908, Beilage zu H. 8, S. 52) – nicht nur wegen des gewaltigen Formates, sondern auch wegen der gesteigerten emotionalen Dramatik. Das Bild, das im Titel die erste Zeile aus Ludwig Uhlands Gedicht »Der gute Kamerad« (1825) zitiert, zählt zu den wenigen Arbeiten des Malers zum Thema Schiffbruch. Über zwanzig Jahre früher, 1884, hatte sich Saltzmann erstmals diesem Sujet zugewandt: Das von Kaiser Wilhelm II. angekaufte Bild »Gefunden!« war allerdings deutlich hoffnungsvoller als die spätere Arbeit »Ich hatt’ einen Kameraden« und zeigte die nahende Rettung eines Ertrinkenden auf hoher See (Verbleib unbekannt, Abb. im Katalog der Berliner Akademieausstellung 1884, Kat.-Nr. 589, S. 111). Hier nun scheint die Suche nach dem über Bord gegangenen Seemann erfolglos. Die monumentale Komposition aus vor allem trübem Abendhimmel und dunklem, schwungvoll erfaßtem Wellengang zeigt nur mehr ein Rettungsboot, dessen Mannschaft bei hereinbrechender Dämmerung und hochgehenden Wogen vergeblich nach ihrem Kameraden Ausschau hält. Die endlose Weite der See verdeutlicht die Aussichtslosigkeit ihres Unterfangens und gleichzeitig die Übermacht der Natur. – Für die Matrosen standen dem Maler sein Sohn Wilhelm und sein Schwager Ernst Modell. Eine vorbereitende Bleistiftzeichnung befindet sich in Privatbesitz (vgl. Carl Saltzmann, Ausst.-Kat., Potsdam 2000, S. 172, Abb. 43). | Regina Freyberger