Der Figurenmaler Beckmann hat immer wieder Stillleben geschaffen, die sich als visuell reiche Gemälde ganz der Sensation zu verschreiben scheinen, ohne die Welt auslegen zu wollen. Sein „Herbststillleben“ zeigt im engen Bildausschnitt, der den flachen, mit einem gelben Tuch bedeckten Tisch im Zentrum am oberen Bildrand abschneidet, Trauben, Zitronen, Weinflasche und ein Brot (französisches Baguette), auf dem Zweige mit braun gefärbten (Eichen-)Blättern liegen. Das Arrangement ist scharf gekippt und besitzt doch festen Halt, nicht zuletzt durch die pfotenartigen (Tisch-)Beine, die links und rechts, aber auch vorn zu erkennen sind. Der unbestimmte dunkle Hintergrund wird links von einem türkisblauen Vorhang begrenzt, der einen farbigen Kontrast zum Gelb im Zentrum bildet und sich in der birnenförmigen Weinflasche wiederholt. Auf dem Boden oder Teppich liegen vor allem links braune Blätter, die nach rechts spärlicher werden und so kein Muster, sondern eine ungleichmäßige Verteilung bilden. Das Gemälde stellt eine prekäre Stabilität und eine gefährdete Harmonie dar, wenn der Maler die gelbe Fläche so stürzt, dass alles rutschen müsste. Die weiße mondsichelartige Fläche links, von der das gelbe Tischtuch fortgezogen scheint, unterstützt diesen Eindruck, der durch die leichte Kreisbewegung der Gegenstände weiter gesteigert wird. Letztere kontrastiert mit dem streng bildrandparallelen Aufbau des Raumgefüges. Im Jahr des Kriegsbeginns gemalt – am 1. September 1939 überfiel die deutsche Wehrmacht Polen – ist eine zeitgeschichtliche Metaphorik nicht ausgeschlossen. | Olaf Peters