Als ein Schauspieler seiner selbst erscheint Feuerbach in den meisten seiner Selbstdarstellungen. Schon daß den fast dreißig Gemälden nur vereinzelte Zeichnungen gegenüberstehen, verrät, daß die Selbsterforschung der Selbstinszenierung den Vorrang einräumt: romantisch balladesk in den Jugendarbeiten als italienischer Fischerknabe verkleidet oder, wie in einer kleinen Fassung in der Nationalgalerie (1846, Inv.-Nr. A III 881), als Jäger; später als eleganter Kavalier und pariserisch gefärbter Kaffeehausbesucher. Diese Selbstbildnisse – häufig mit der Zigarette als bevorzugtem Attribut, mit einem Hochmut, der an Whistler erinnert – sind sein ausdrücklichster Tribut an die moderne Kultur, deren Gegebenheiten er sich, seinen Vergangenheitsvisionen zum Trotz, als Produzent anzupassen wußte.
Doch das Berliner Selbstporträt bildet eine Ausnahme. Es vereint Selbstbewußtsein mit Sachlichkeit. Die Kleidung – augenscheinlich ein einfacher Malerkittel – ist einer der seltenen Hinweise auf seinen Künstlerberuf als ein Handwerk. Zu ihm bekennt er sich stolz, mit einer Kopfwendung, die eines Feldherrn würdig wäre. Die Farbe aber ist ganz auf edles Grau und Schwarz gestimmt, als gelte es trotzig auf den kühlen Tönen zu bestehen, die so viele Kritiker befremdeten. Als das Bild entstand, schickte sich Feuerbach an, eine Professur in Wien anzutreten, und hier erwartete ihn die Konkurrenz des jungen Farbenvirtuosen Hans Makart. Er selbst war dabei, die »Amazonenschlacht« (Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg) und das »Das Gastmahl« (Nationalgalerie, Inv.-Nr. A I 279) zu vollenden, die beide, schon Anfang 1874 im Künstlerhaus ausgestellt, einen schweren Stand haben sollten. | Claude Keisch