Bei dem hier gezeigten Objekt aus Kerkow, Fdpl. 1, Gem. Angermünde, handelt es sich um ein Geweihgerät, dessen ursprünglich Bestimmung nicht mehr zweifelfrei festgestellt werden kann. Das Gerät wurde im Nacken auf dem „kurzen“ Weg in der Breite des Geweihs durchlocht. Die Arbeitskante ist verlorengegangen und die Spongiosa ist weitreichend verwittert. Durch das Fehlen der Front ist der Nutzungsbereich des Artefakts nicht eindeutig bestimmbar. Es könnte sich um die Schäftung eines Kernbeils gehandelt haben – eine Schneide, die das Gerät als Geweihhacke charakterisieren würde, ist jedoch auch nicht auszuschließen.
Da die taphonomischen Prozesse dem Objekt stark zugesetzt haben, ist auch eine eindeutige chronologische Ansprache nicht möglich. Aufgrund der Bohrung kann jedoch von einer mesolithischen Zeitstellung (Mittelsteinzeit) ausgegangen werden. Auch ändert sich im beginnenden Neolithikum (Jungsteinzeit) in Teilen die Technik der Durchlochung hin zu Bohrungen durch die Langseite des Geweihs, wodurch sich die Zeitstellung weiter eingrenzen lässt (frdl. mündl. Hinweis: S. Pratsch 25.08.23).
Das Objekt wurde im Zuge einer Notgrabung gefunden, die aufgrund von Erosion und Ackerbau notwendig wurde. Neben dem Geweihobjekt kamen auch verschiedene Funde aus Flint und Keramik zusammen. Als Befund wurde bei dieser Maßnahme zudem eine bronzezeitliche Grube angeschnitten (W. Weiß 1953).
In jedem Fall ist das gezeigte Objekt ein gutes Beispiel für organische Funde, die das Bild der prähistorischen Gesellschaften entscheidend über die omnipräsenten Steinobjekte hinaus erweitert. Zudem zeigen sich auch die umfangreichen Fähigkeiten der prähistorischen Jäger und Sammler in der Bearbeitung organischer Werkstoffe, die sich dem archäologischen Blick, aufgrund ihrer leichten Vergänglichkeit, häufig entziehen. In den meisten Fällen muss mit einem sehr reichhaltigen Inventar aus Holz-, Geweih-, Horn- und Knochenobjekten gerechnet werden, die den Alltag der letzten nicht sesshaften Bewohner der Uckermark begleiteten.
Literatur:
J. Hahn, Erkennen und Bestimmen von Stein- und Knochenartefakten. Einführung in die Artefaktmorphologie (Tübingen 1993).
W. Weiß, Kerkow. In: Neue Zeit, 25.10.1953.