Erbprinzenpaar von Mecklenburg-Schwerin
Am 9. Januar 1783 vermerkte Fürst Ludwig Günther II. von Schwarzburg-Rudolstadt (1708-1790) in seinem Tagebuch: "Es kahm den Nachmittag eine Estaffette [Nachricht], daß die Frau Schwester von der hiesigen Erbprintzeß, mit ihren Herrn den Erbprintz von Mecklenburg Schwerin, den 11. dieses alhier seyn wolten, wie sie es längst versprochen gehabt, sie haben vor den Jahr eine Reiße durch Holland nach Engeland, u. Franckreich gethan, u. kamen nun über Strasburg, Studcart [Stuttgart], Anspach [Ansbach] u. Coburg zurück, um wieder nach Schwerin zu gehen." Das Erbprinzenpaar traf jedoch wegen Hochwassers erst am 14. Januar für sechs Tage in Rudolstadt ein. Im Gepäck befanden sich die beiden von Houdon geschaffenen Porträtplastiken, die als Geschenk für die einzige Schwester der Schwerinerin, der Erbprinzessin Auguste Louise Friederike von Schwarzburg-Rudolstadt (1752-1805), bestimmt waren.
Houdon gilt als der bedeutendste französische Bildhauer des 18. Jahrhunderts. Obwohl noch den barocken Traditionen verhaftet, zeichnen sich seine Porträtplastiken schon durch einen Realismus aus, der nichts beschönigt. Neben den ausdruckslosen Gesichtszügen der beiden Dargestellten sei nur auf das verkrüppelte Ohr des Prinzen Friedrich Franz hingewiesen. Das Schweriner Paar ließ die Plastiken während ihres Aufenthaltes in Paris von Houdon anfertigen. Neben seinem Ruhm dürfte die Bekanntschaft der Prinzessin Louise mit dem Bildhauer dafür ausschlaggebend gewesen sein. Kannten sie sich doch von den 1771 und 1773 erfolgten Aufenthalten des Franzosen in Gotha, wo er über Aufträge verhandelte und Mitglieder des herzoglichen Hauses porträtierte. Abgesehen von der Ausführung ihrer eigenen Büsten (je ein Exemplar befindet sich noch in den Staatlichen Museen Schwerin) erwarb das Schweriner Erbprinzenpaar weitere Porträtplastiken bei Houdon für die eigene Sammlung.
Die hier abgebildete Büste der Louise von Mecklenburg-Schwerin, geb. Herzogin von Sachsen-Gotha und die Büste von Friedrich Franz II. von Mecklenburg Schwerin (Inv.-Nr. P 36) sind die einzigen von Houdon geschaffenen Plastiken im Sammlungsbestand des Museums. Lediglich Abgüsse von Werken Houdons, die der Gothaer Bildhauer Friedrich Wilhelm Döll (1750-1816) ausführte, lassen sich noch in der Sammlung nachweisen. [Doreen Winker]