Die 1881 geborene Steger begann ihre Ausbildung bei den Stuckateuren und Steinmetzen der Kunstgewerbeschule in Elberfeld. Der Weg an die Kunsthochschule blieb ihr, wie anderen Frauen ihrer Generation, verwehrt. Bei Karl Janssen, dem damaligen Leiter der Bildhauerklasse an der Düsseldorfer Kunstakademie, nahm sie von 1901 bis 1905 Privatunterricht. Nach einem kurzen Intermezzo in Berlin zog sie auf Einladung von Karl Ernst Osthaus 1910 nach Hagen, wo sie 1914 zur Stadtbildhauerin ernannt wurde. Stegers Figuren sind von einem klaren, architektonischen Aufbau geprägt. Ihre früheren Arbeiten zeichnen sich durch eine kraftvolle Expressivität mit fließenden, dynamischen Formen aus, oftmals stellte sie Tänzerinnen und Tänzer dar. Dagegen wurden ihre Figuren Ende der 1920er-Jahre statuarischer und in gewisser Weise naturalistischer. Vereinzelt bezog sie sich auf mythologische oder, wie in diesem Fall, auf christliche Figuren. Ihr fast lebensgroßer „Junger Johannes“ aus Muschelkalk ist unbekleidet und wird vorn nur durch ein breites Tuch bedeckt, das er mit seinen vor der Brust übereinanderlegten Armen schützend an sich drückt. In ihrer Ausgestaltung entspricht die Figur in keiner Weise den tradierten Darstellungen des jüngsten Jüngers Jesu und Evangelisten. | Maike Steinkamp
