Bei dem Gemälde „Hermine in blauer Malschürze“ handelt es sich im Grunde eher um ein Landschaftsgemälde als um ein Porträt. Zwar steht die Figur der Künstlerin im Mittelpunkt der Komposition und wird durch das leuchtende Blau ihres Kleides auch farblich hervorgehoben. Indem aber weder ihre Gesichtszüge noch das Bild auf ihrer Staffelei erkennbar werden, verschiebt sich der Fokus weg von ihrer Arbeit, hin zur sie umgebenden Natur. Eingerahmt von den Bäumen rechts und links, wird sie zu einem Teil der Landschaft. Trotz unterschiedlicher Farbigkeit gleichen ihr Kleid und die Baumstämme einander in der Art der vertikalen Pinselführung. In ähnlicher Weise sind auch ihr Gesicht und das Blattwerk der benachbarten Büsche malerisch miteinander verwandt.
Unter dem impressionistisch-flirrenden Schattenspiel des Sonnenlichts, das durch die Baumkronen auf den Gartenweg und die Malerin fällt, werden Mensch und Natur zu gleichwertigen Akteuren innerhalb eines größeren Ganzen. Hier geht es nicht darum, die Künstlerin als autonome Schöpferin darzustellen, die der Natur kritisch-betrachtend gegenübersteht, sondern vielmehr darum, die Stimmung eines Augenblicks einzufangen, von dem die Malerin schon allein durch ihre körperliche Anwesenheit ein Teil geworden ist.