Blick in ein prachtvolles Schlossinterieur, in dessen wandfester Dekoration und mobiler Einrichtung Gold- und Rottöne dominieren. Der Kronleuchter in der Mitte und die Lichter auf den Wandarmen am Kamin versetzen den Raum in eine abendliche Atmosphäre, die die Farben besonders warm und intensiv erscheinen lässt. Das im Aquarell wiedergegebene Erscheinungsbild dieses Zimmers war das Ergebnis einer kompletten Neugestaltung im Wilhelminischen Neobarock nach Plänen des Schlossbaumeisters Albert Geyer in den Jahren 1892/1893.
Eine von drei Innenraumansichten aus preußischen Hohenzollern-Schlössern in kräftigem Kolorit, die als Folge erkennbar auf gleichgroße farbige Kartons mit breiten Goldschnittkanten kaschiert sind. Es handelt sich um Vorstudien oder verkleinerte Wiederholungen von Wandbildern, die Grete Waldau für den prachtvoll ausgestatteten Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II.“ des Norddeutschen Lloyd schuf. Der Kaiser, der als Namensgeber 1902 dem Stapellauf in Stettin beiwohnte, war ein großer Bewunderer der Malerei Grete Waldaus. Er hatte die Künstlerin für diesen Auftrag empfohlen und die Motive für vier Wandgemälde im Großen Salon des Passagierdampfers selbst bestimmt. Bekannt sind davon jedoch nur die drei als Aquarelle überlieferten Ansichten vom Weißen Saal und der Polnischen Kammer im Berliner Schloss sowie vom Konzertzimmer Friedrichs II. im Neuen Palais von Sanssouci (SPSG, GK II [5] 3485, 3486, 3487). Das vierte Motiv stellte den Marmorsaal im Potsdamer Stadtschloss dar.
Die künstlerische Entwicklung der Architekturmalerin Grete Waldau begann in ihrer Heimatstadt Breslau, wo sie 1868 geboren wurde und bis 1891 nachzuweisen ist. Zu ihren Lehrern gehörten u. a. Karl Wilhelm Streckfuß in Berlin sowie die Brüder Lorenz und Paul Ritter in Nürnberg. 1902 siedelte sie nach Berlin über. Grete Waldau galt in weiten Kreisen als gefragte und geschätzte Künstlerin. Sie wurde vor allem für ihre Monumentalgemälde gefeiert, die sie in ganz Deutschland in öffentlichen Bauten ausführte. Auf den Weltausstellungen in Paris 1900 und St. Louis 1904 erhielten ihre Werke goldene und silberne Medaillen. Anders urteilte der Senatsausschuss der Berliner Akademie der Künste, der im Dezember 1908 ein Unterstützungsgesuch der Malerin ablehnte, weil sie „[…] nach den bisherigen Leistungen zu urteilen, nicht im stande sei ein Werk von künstlerischer Bedeutung zu schaffen.“ (PrAdK, I/0339, Bl. 27f.) Grete Waldau starb 1951 in Berlin.
Evelyn Zimmermann
Aus der Aquarellsammlung, K 44.
Signiert u. l.: Grete Waldau