»Das, was ich ausdrücken möchte, soll nicht nur Augenfreude sein«, so Carlos Grethe, »ich möchte […] das Verhältnis der Menschen zur Natur, allerdings nur einem Teile derselben, dem Meer, darstellen. Der Gegensatz zwischen dem Elementarsten, dem grossen, rastlos tätigen Wasser und der Menschenarbeit, die ununterbrochen Kampf miteinander führen – dieser Gegensatz: das Ungetüm und der kleine Mensch« (zit. nach: Carlos Grethe, Gedächtnis-Ausstellung, Berlin 1914, o. Pag.). Bevorzugtes Thema des Malers Grethe waren also die Elemente und der Mensch, bevorzugtes Motiv das von Schiffen befahrene Meer sowie das Leben und die Arbeit der Fischer und Seemänner. Seit den späten 1890er Jahren, etwa der Zeit, in der er ausführlich mit Alfred Lichtwark, dem damaligen Direktor der Hamburger Kunsthalle, zu korrespondieren begann, ist darüber hinaus eine stilistische Auseinandersetzung mit dem französischen Impressionismus zu beobachten. Seine Bilder dieser Zeit, zu denen auch »Ewer auf der Elbe« zählt, legen in Thema, Technik und Kolorit Kenntnis des Werks von Claude Monet, aber auch Joseph Maillord William Turner nahe: Im Licht der untergehenden Sonne segeln zwei Einmann-Küstensegler, sogenannte Ewer, entlang der Fahrrinne des Hamburger Hafens. In flottem schwungvollen Pinselstrich hat Carlos Grethe die Szene und die rasch wechselnden Lichtverhältnisse festgehalten. Für Grethe, so ein anonymer Kunstkritiker 1909, »war die Poesie der Farbe der Ausdruck des Wasserlebens da, in dessen violette Gesänge der gelbe Dampfer, im Abendlicht orange, wie eine Trompetenfanfare tönt. So taucht alles Einzelne der Formen in Farbe unter« (Der Kunstwart, 23. Jg., 1909, H. 4, S. 296). | Regina Freyberger