Prof. Dr. v. Hippel Halle a. d. S. d. 10 t. Januar 1896
Geh. Medicinalrath. Martinsberg 6.
Lieber Freund! Als ich gestern hustend und
mißvergnügt über mehrtägige Einsperrung
über meiner Vossischen Zeitung saß, las ich plötz-
lich den Bericht eines Berliner Juden in der medi-
zinischen Gesellschaft über die "merkwürdige Ent-
deckung des Prof. Röntgen in Würzburg", die es künf-
tig erlauben würde Bauchgeschwülste, über deren
Lage man im Unklaren wäre, einfach mit Fortfall
der Bauchdecken und alles sonst im Wege befindlichen
zu photographieren u so sicher zu diagnostizieren.
Unter der Rubrik "Wien" traf ich dann auf eine
vernünftige Besprechung Ihres hochinteressanten
Fundes und freute mich von ganzem Herzen mit
Ihnen über Ihre epochemachende Entdeckung. Mir
schriftlich über dieselbe etwas Eingehendes mitzu-
theilen, werden Sie natürlich keine Zeit haben;
vielleicht können wir in den Osterferien ein
Paar Tage zu Ihnen kommen, um darüber zu
reden, wenn Sie dann nicht wieder in Italien
sitzen - Abgesehen von vielem anderen wird das
Resultat Ihrer Arbeit für Sie persönlich eine sehr
günstige Folge haben: Sie werden von Ihren neu-
rasthenischen Anwandlungen ein für alle male
kurirt sein, da Sie jetzt an wichtigere Dinge zu
denken haben - und das freut mich in Ihrem
und Ihrer lieben Frau Interesse ganz besonders.
Möge 1896 weiter für Sie so erfreulich u. glücklich
verlaufen, wie es begonnen hat! Stets Ihr
A Hippel